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#Ist auf Amerika noch Verlass?

Ist auf Amerika noch Verlass?

Zwei Ereignisse dieses Jahres, in denen Amerika die (tragische) Hauptrolle spielte, werden gewiss in Erinnerung bleiben: der Sturm auf das Kapitol am 6. Januar und der überhastete Abzug der verbliebenen amerikanischen Truppen – und damit auch der NATO-Partner – aus Afghanistan. Der Putschversuch fanatischer Anhänger Donald Trumps war der erschütternde Tiefpunkt der Verleumdungs- und Diskreditierungskampagne des abgewählten Präsidenten.

Eine ungläubige Welt fragt sich seither, ob die amerikanische Republik den parteipolitischen Extremismus und die politisch-kulturelle Polarisierung wird bän­digen können. Die Botschaft des „Gipfels der Demokratien“, den Präsident Joe Biden kürzlich veranstaltete, richtete sich auch nach innen.

Der Abzug aus Afghanistan kam an sich nicht überraschend, die strategische Umorientierung war bekannt. Doch der Vollzug und der Umstand, dass Verbündete nicht ins Bild gesetzt waren, erschütterten Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit Amerikas. Wie erleichtert waren die Partner nach Bidens Wahlsieg noch gewesen, wie erfreut, als er verkündete „America is back“ – es bleiben Zweifel, was dieses Versprechen wirklich wert ist.

„America first“ als Leitmotiv der Außenpolitik

Denn so wie der Trumpismus nicht erledigt ist, so ist auch die außenpolitische Selbstinspektion nicht beendet. Viele Amerikaner wollen, dass sich ihre Regierung um die Probleme vor Ort kümmert und nicht um die in fernen Weltgegenden. Es sind vor allem Republikaner, die so denken und in „America first“ das Leitmotiv auch für die Außen- und Sicherheitspolitik sehen, vom Welthandel ganz abgesehen. Nicht wenige demokratische Wähler freilich denken auch so.

Sind die Sorgen um Amerikas demokratische Widerstandsfähigkeit und die Zweifel an seiner Verlässlichkeit übertrieben? Zumindest sind sie weit verbreitet. Trotz Bidens Einzug in das Weiße Haus ist die Vermutung nicht gegenstandslos geworden, man könne nicht mehr voll auf die Vereinigten Staaten zählen, allen allianzpolitischen Treueschwüren zum Trotz. Zweifel nagen nicht zuletzt an jenen, deren Sicherheit von amerikanischen Garantien abhängt.

Dabei ist die geo- und sicherheitspolitische Großwetterlage so, dass ein Amerika, das mit sich selbst vollauf beschäftigt ist und mal dieses und mal jenes Signal sendet, das Letzte ist, was der Westen braucht; ja, was alle brauchen, die in russischer Aggression und in chinesischem Expansionismus keine glückliche Fügung sehen.

Russland droht der Ukraine offen militärisch, China droht Taiwan und lässt die Maschinerie des Nationalismus und der Repression auf Hochtouren laufen. Amerikaner und Europäer bilden Gegenkoalitionen, suchen nach glaubwürdigen, abschreckenden Antworten. Die Rivalität der Großmächte hat ein gefährliches Maß erreicht.

Russische Spaltungsversuche und Demütigungen

In der Auseinandersetzung zwischen Amerika und China will Europa nicht zerrieben werden. Doch wenn es hart auf hart kommt, kann es sich nicht auf die Seite der kommunistischen Diktatur schlagen. Europa sucht natürlich auch nicht die militärische Konfrontation mit Putins Russland. Aber wie wird es reagieren, wenn der von postsowjetischen Phantasien bewegte Kremlherrscher seine Drohungen gegen die Ukraine wahr macht? Dass osteuropäische Mitglieder von NATO und EU sich auf die Solidarität ihrer westeuropäischen und nordamerikanischen Partner verlassen können, sollte selbstverständlich sein.

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Europas Leid ist der Mangel an Handlungsfähigkeit. Die EU will das ändern. Im Verhältnis zu China will sie nicht mehr naiv sein, sondern strategisch handeln. Gut so. Nur muss sie sich dafür entsprechend aufstellen und darf sich nicht auseinanderdividieren. Russische Spaltungsversuche und Demütigungen sollte ein starker und selbstbewusster Akteur, der viel auf seine normative Ausstattung gibt, nicht hinnehmen.

Man muss nicht mit gleicher Münze heimzahlen, aber viel resoluter reagieren, wenn Russland europäischen Werten und Interessen zuwiderhandelt und die europäische Ordnung über den Haufen wirft. In ihrer unruhigen Nachbarschaft ist die EU die Ordnungsmacht. Es ist ihre Aufgabe, diese zu stabilisieren; andernfalls schlagen die Instabilitäten über ihr zusammen.

Ein starkes Europa – das Mantra hat man oft gehört. Es ist richtig: In einer Welt großer Mächte, wabernder Unberechenbarkeit und ordnungspolitischer Rezession geht es nicht anders. Deswegen muss gerade Deutschland, Ankerland in der Mitte, eine Europapolitik betreiben, die den Kontinent stärkt – ein Europa, das ernst genommen wird, handlungsfähig ist und sich in Krisen bewährt. Und das nicht sofort nach Amerika schielt, wenn dunkle Wolken aufziehen. Denn der Blick könnte in der Zukunft des Öfteren nicht erwidert werden.

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