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#Bolsonaros Versagen war Lula da Silvas Sieg

„Bolsonaros Versagen war Lula da Silvas Sieg“

Als Jair Bolsonaro 2018 zum Präsidenten gewählt wurde, wähnten sehr viele Brasilianer sich befreit. Befreit von Luiz Inácio Lula da Silva und dessen Arbeiterpartei PT, die Brasilien über 13 Jahre lang regiert hatte. Lula da Silva hatte Brasilien zunächst durch eine goldene Zeit geführt: Die Wirtschaft brummte, das Land zähle zu den Großen der Welt und Millionen Arme wurden Konsumenten.

Umso enttäuschter waren die Brasilianer, als diese Zeit vorbei war, als der Aufschwung der Stagnation wich – und ein gigantischer Korruptionsskandal ans Licht kam. Alle waren daran beteiligt, viele kamen ins Gefängnis. Doch viele Brasilianer machten vor allem einen Politiker für den Skandal verantwortlich: Lula da Silva. Ihm wurde der Prozess gemacht, er kam ins Gefängnis und schien politisch tot. Der Hass, der sich gegen Lula da Silva und seine PT aufgebaut hatte, war der Nährboden für Bolsonaro.

Vier Jahre später ist Lula da Silva nun zurück. Der Oberste Gerichtshof hatte die Prozesse gegen ihn in einem umstrittenen Urteil wegen Verfahrensfehlern und der Befangenheit des Richters (der später Bolsonaros Justizminister wurde) annulliert und ihm den Weg für eine abermalige Kandidatur geebnet. Am Sonntag hat Lula sich gegen Bolsonaro in der Stichwahl denkbar knapp mit weniger als 51 Prozent der gültigen Stimmen durchgesetzt.

Wie ist es möglich, dass dieser Mann zurück an die Macht kommt? Die Antwort ist vor allem bei Bolsonaro zu suchen, nicht bei Lula. Über Jahrzehnte war Bolsonaro ein Hinterbänkler im Abgeordnetenhaus gewesen. Seine Markenzeichen waren die Konfrontation und Aggression gegen alle Andersdenkenden.

Bolsonaro wollte nie für alle Brasilianer da sein

Diesen Wesenszug konnte der Hauptmann der Reserve und Verherrlicher der Diktatur nie ablegen, auch als Präsident nicht. Als die Pandemie ausbrach, spottete er über die Wissenschaft, die Impfungen und selbst über die Toten. Vom Klimawandel und der Bedeutung des Regenwaldes wollte Bolsonaro nichts wissen. Als Europa seine Sorge über die Zerstörung des Regenwaldes zeigte, wandte er sich von den langjährigen Partnern ab. Mindestens so erschreckend waren Bolsonaros Angriffe gegen die demokratischen Institutionen, insbesondere den Obersten Gerichtshof. Von dem fühlte er sich bevormundet, also drohte er offen dagegen.

Bolsonaro ist in den vier Jahren seiner Präsidentschaft nicht zum Staatsmann herangereift, sondern immer der angriffslustige Provokateur geblieben. Bolsonaro hat nie die Fähigkeit oder auch nur den Wunsch erkennen lassen, ein Präsident für ganz Brasilien zu sein. Ihm genügte es, seine glühenden Anhänger bei Laune zu halten.

Wäre Bolsonaros Wahl 2018 ohne Lula da Silva nicht möglich gewesen, so gilt heute das Umgekehrte: Die Brasilianer waren mit knapper Mehrheit bereit, Lula da Silva zurück ins Amt zu wählen, um Bolsonaro loszuwerden. Es sei nicht sein Sieg, sagte Lula, sondern der eines großen demokratischen Projektes. In der Tat ist es Lula da Silva gelungen, politische Kräfte und Persönlichkeiten bis weit in die Mitte um sich zu vereinen. Trotzdem ist es ein Armutszeugnis für die brasilianische Politik, dass die Brasilianer keine andere Wahl als die beiden weithin verhassten Politiker hatten.

Lula ist nicht mehr derselbe

Lula da Silva hat nicht seine Fähigkeit verloren, Hoffnungen zu wecken. Er will noch einmal den Hunger und die Armut besiegen, das Rad der Wirtschaft wieder in Gang setzen, das Land zurück auf die Weltbühne bringen und die Zerstörung des Regenwaldes stoppen. Und mehr noch: Er will das tief gespaltene Land wieder vereinen und ein Präsident für alle sein.

Tausende Anhänger feierten den Sieg Lula da Silvas, hier in den Straßen von Rio de Janeiro.


Tausende Anhänger feierten den Sieg Lula da Silvas, hier in den Straßen von Rio de Janeiro.
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Bild: dpa

Ob ihm das gelingt, ist fraglich. Lula ist nicht mehr derselbe wie bei seinem ersten Wahlsieg vor zwanzig Jahren. Er hat zwar noch nicht sein Geschick als Verhandler und Staatsmann verloren, aber einen Großteil seiner Glaubwürdigkeit. Das bedeutet: Er hat weniger Macht. Lula da Silva wird im Amt gegen eine fast ebenso hohe Ablehnung wie Bolsonaro zu kämpfen haben. Sehr viele Brasilianer hassen ihn regelrecht und werden damit nicht über Nacht aufhören. Das Land ist zerrissen, die wirtschaftlichen Aussichten sind unsicher, und im Staatshaushalt wird Lula nicht die Mittel finden, um seine Versprechen in die Tat umzusetzen. Zudem wird ihm ein kühler Gegenwind aus dem Kongress entgegenwehen.

Als wäre das nicht genug, kommt eine bekannte Unbekannte hinzu: Bolsonaro. Er wird es seinem Erzfeind Lula da Silva nicht einfach machen. Als Präsident bleiben ihm noch zwei Monate Zeit bis zum Amtswechsel am 1. Januar. Beobachter befürchten, dass er in dieser Zeit noch zerstört, was zerstört werden kann. Seine treuesten Gefolgsleute werden ihm dabei helfen.

Vor der Wahl hatte Bolsonaro gar angedroht, das Wahlergebnis im Stile von Donald Trump nicht zu akzeptieren. Das muss zwar nicht so kommen. Doch Bolsonaro verschanzte sich am Sonntag im Präsidentenpalast und ging schlafen, ohne ein Wort zu sagen. Nicht einmal Ministern öffnete er die Tür. Einmal mehr verpasste Bolsonaro damit die Chance, das zu sein, was er in den vergangenen vier Jahren zu selten war: ein Staatsmann.

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