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#Afghanistan: Taliban haben überall in Kabul Posten bezogen

Afghanistan: Taliban haben überall in Kabul Posten bezogen



In weniger als zwei Wochen haben die Taliban Provinz für Provinz in Afghanistan erobert – nun sind die Islamisten auch in Kabul eingerückt. Am Flughafen spielen sich dramatische Szenen ab.

Die militant-islamistischen Taliban haben nach ihrer faktischen Machtübernahme in Afghanistan am Montag überall in der Hauptstadt Kabul Polizeistationen und andere Behördengebäude besetzt. Das sagten Bewohner der Stadt am Montag der Deutschen Presse-Agentur.

Auch fuhren bewaffnete Kämpfer in Militär- und Polizeiautos sowie anderen Regierungsfahrzeugen durch die Stadt. Gleichzeitig errichteten sie weitere, eigene Kontrollpunkte in manchen Straßen, wie Bewohner weiter berichteten.

Aus dem Gesundheitsministerium hieß es in einer Erklärung vom Montag, der amtierende Gesundheitsminister Wahid Madschroh habe sich mit der Gesundheitskommission der Taliban getroffen. Demnach bedankten sich beide Seiten für die Gesundheitsdienstleistungen in dem jeweils von der anderen Seite kontrolliertem Gebiet. Der von den Taliban vorgesehene Gesundheitsminister habe alle Mitarbeiter des Gesundheitsbereiches – Männer wie Frauen – dazu aufgerufen, ihre Aufgaben im gesamten Land wieder aufzunehmen.

Karsai-Sprecher: Führen Gespräche mit den Taliban

Derzeit sollen Gespräche zwischen Politikern und Vertretern der Islamisten laufen. Das teilte ein Sprecher des ehemaligen Präsidenten Hamid Karsai der Deutschen Presse-Agentur am Montag mit. In einem ersten Schritt habe man betont, dass das Leben und das Vermögen der Bevölkerung sowie die öffentliche Infrastruktur geschützt werden müssten, sagte der Sprecher weiter. Einen Kommentar von Taliban-Seite gab es dazu zunächst nicht.

Nach der Flucht des Präsidenten Aschraf Ghani am Sonntag ist nach Angaben Karsais ein Koordinierungsrat für eine friedliche Übergabe der Macht gebildet worden. Ihm gehören der Vorsitzende des Nationalen Versöhnungsrates, Abdullah Abdullah, der ehemalige Kriegsfürst Gulbuddin Hekmatjar und Karsai selbst an.

In New York befasst sich der UN-Sicherheitsrat mit der brisanten Lage in dem Krisenstaat. Auf Antrag Estlands und Norwegens kommt das Gremium heute in New York zu einer Sondersitzung zusammen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres äußerte sich tief besorgt und rief die islamistischen Aufständischen sowie alle anderen Konfliktparteien zu „äußerster Zurückhaltung“ auf. Die Vereinten Nationen seien weiter entschlossen, zu einer friedlichen Beilegung des Konflikts beizutragen sowie die Menschenrechte aller Afghanen, insbesondere die von Frauen und Mädchen, zu fördern. Überdies gelte es, lebensrettende humanitäre Hilfe und wichtige Unterstützung für Zivilisten in Not zu leisten, sagte er.

Gewaltige Gebietsgewinne

Seit Beginn des Abzugs der US- und Nato-Truppen aus Afghanistan im Mai haben die militant-islamistischen Taliban gewaltige Gebietsgewinne verzeichnet. Am Wochenende eroberten sie weitere Großstädte und rückten am Sonntagabend nach und nach auch in die Millionenmetropole Kabul ein, wo sie unter anderem den Präsidentenpalast besetzten.

Die USA wollen Medienberichten zufolge angesichts des rasanten Eroberungszugs der Taliban rund 1000 weitere Soldaten nach Afghanistan schicken. Damit würde die Zahl der US-Militärangehörigen, die in Kabul oder auf dem Weg dorthin sind, auf rund 6000 steigen. Ihre Hauptaufgabe sei die Sicherung des internationalen Flughafens, von dem etwa Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Botschaften ausgeflogen werden.

Die Aufständischen wollen ein „Islamisches Emirat Afghanistan“ errichten, so wie schon vor dem Einmarsch der US-Truppen im Jahr 2001. Damals setzten sie mit drakonischen Strafen ihre Vorstellung eines „Gottesstaats“ durch: Frauen und Mädchen wurden systematisch unterdrückt, Künstler und Medien zensiert, Menschenrechtsverletzungen waren an der Tagesordnung.

Evakuierung aus deutscher Botschaft

Die Bundesregierung begann angesichts der gefährlichen Lage unter Hochdruck mit der Evakuierung des Personals der deutschen Botschaft. Die Botschaft in Kabul wurde zunächst dichtgemacht, die Mitarbeiter wurden zum militärischen Teil des dortigen Flughafens gebracht. Auch die USA begannen mit der Räumung ihrer Botschaft.

Ghani schrieb zur Begründung seiner Flucht auf Facebook, andernfalls wären zahlreiche Landsleute getötet und die Stadt Kabul zerstört worden. „Ich entschied mich zu gehen, um dieses Blutvergießen zu verhindern.“ Die Taliban hätten ihre Macht mit Waffengewalt errungen und seien nun dafür zuständig, die Leben, das Vermögen und die Ehre der Bürger zu schützen.

Ghanis Abreise stößt auf Kritik

Der Vorsitzende des Nationalen Rats für Versöhnung, Abdullah Abdullah, äußerte sich empört. Er sagte in einer Videobotschaft, Gott möge Ghani zur Rechenschaft ziehen. Auch das Volk werde über ihn richten. Angaben dazu, wohin Ghani abreiste, machte Abdullah nicht. Lokale Medien berichteten, er sei nach Tadschikistan geflogen.

Chaotische Szenen in Kabul

Am Flughafen von Kabul spielten sich dramatische Szenen ab. Hunderte Menschen sind seit Sonntag dorthin gefahren und versuchen, auf Flüge zu kommen, wie in sozialen Medien geteilte Videos und Bilder zeigen. Menschen kletterten über Drehleitern, um in ein Flugzeug zu kommen. Auch Afghanen, die nicht einmal Reisepässe hätten, würden ihr Glück versuchen, sagten Bewohner von Kabul.

Es gab zudem am Sonntag erste noch unbestätigte Berichte, dass Menschen am Flughafen zu Tode gekommen seien. Davor hatte es Berichte gegeben, US-Soldaten, die den Flughafen absichern, würden Warnschüsse abgeben.

Am Montag verbreiteten sich in Kabul zudem Gerüchte, dass jeder, der es zum Flughafen schaffe, evakuiert werde, sagte ein Bewohner der Stadt. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise, dass diese Gerüchte zutreffen. Die deutsche Botschaft warnte auf Twitter sogar davor, zum Flughafen ohne Aufforderung zu fahren. Dies könne gefährlich sein.

Derweil dringen 25 EU-Länder sowie mehr als 40 weitere Staaten auf weiterhin offene Grenzen und Ausreisemöglichkeiten in Afghanistan. „Afghanen und internationale Bürger, die das Land verlassen wollen, müssen dies tun dürfen; Straßen, Flughäfen und Grenzübergänge müssen offen bleiben“, heißt es in einem am Montagmorgen vom EU-Außenvertreter Josep Borrell veröffentlichten Statement, das den Angaben zufolge auch mit Deutschland abgestimmt ist. Zudem heißt es, dass diejenigen, die in Afghanistan Macht- und Autoritätspositionen innehätten, die Verantwortung für den Schutz von Menschenleben trügen und rechenschaftspflichtig seien. Zudem müssten sie Sicherheit und eine zivile Ordnung sofort wiederherstellen.

© dpa-infocom, dpa:210816-99-854132/9 (dpa)

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