Zwei Jahre hatten wir jetzt dieses Corona. Anfangs nur als Bier mit Limette bekannt, hat es sich in unser Leben eingeschlichen und – sind wir mal ehrlich – ziemlich viel auf den Kopf gestellt. Doch jetzt wird gelockert, gelockert und gelockert (und dann bekommt Markus Söder höchstpersönlich Corona). Wie gehts mir, wie gehts uns jetzt allen eigentlich damit? Also nicht mit der Krankheit vom Markus, natürlich. Sondern mit dem normalen Leben, das jetzt (doch recht rasant) wieder zurückkommt. Corona ist vorbei. Und jetzt?
Corona, Lockdown, Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperre ab 21 Uhr, alle Läden dicht, Gastro dicht. Von Clubs fange ich erst gar nicht an. What a time to be alive. Es hat schon einiges mit mir gemacht, wie eigentlich mit jedem. Ich war 24, als der ganze Mist begann, jetzt werde ich dann 27. Irgendwie ja so ein bisschen die besten Jahre verschwendet. Irgendwann habe ich mir dann vorgenommen, nicht mehr deswegen rumzuheulen und diese Zeit einfach nach Corona gebührend nachzufeiern. Und jetzt? Jetzt könnte ich das tun, aber irgendwie gehe ich die ganze Sache noch etwas zögerlich an. Denn die Lockerungen haben mich dann doch irgendwie mehr überrumpelt, als ich zugeben möchte.

Gerade merke ich immer mehr, dass in meiner Brust zwei Herzen schlagen. Das junge Party-Girl, das es nicht abwarten kann, in den nächsten Club zu laufen. Auf der anderen Seite die Granny, die mittlerweile aus mir geworden ist, die mit ihrem Hund in den Wald will und danach auf die Couch. Ich dachte auch, dass ich am ersten möglichen Wochenende zwei Nächte durchmache. So habe ich es mir immer vorgestellt. Stattdessen war ich einfach Essen und bin dann früh ins Bett. Noch habe ich also etwas Schwierigkeiten, diese beiden Persönlichkeiten zusammenzuführen, jeden Freitag Abend kämpfen sie in mir. Nur auf eines können sie sich einigen, beide beäugen die schnellen Lockerungen noch sehr vorsichtig.

Letzte Woche war ich viel unterwegs. Restaurants, Bars, Veranstaltungen (die absolut schönsten Seiten an diesem Job, ganz klar). Doch habe ich mich dabei ertappt, vor dem Eingang jeweils kurz zu zögern, ob ich meine Maske jetzt trotzdem noch aufziehe oder nicht. Gehört ja jetzt irgendwie dazu. Und da wir Menschen uns ja sehr schnell an Dinge gewöhnen, fällt es mir jetzt wirklich schwer, wieder darauf zu verzichten. Nach zwei Gläsern Wein war diese Sorge aber wie weggeblasen und ich hatte nach zwei Jahren den wohl schönsten Gang auf die Toilette – ganz ohne Maske. Doch beim Einkaufen trage ich sie weiterhin. So schnell wie ich mich daran gewöhnt habe, werde ich mich wohl auch wieder von ihr trennen können. Es wird eben einfach noch ein bisschen dauern.

Wo ich in den letzten zwei Jahren aber jedes Wochenende heiß auf Party und Alkohol war, bin ich jetzt, wo ich ja eigentlich wieder könnte, so gar nicht ready. Ich habe nicht wirklich Lust, zu trinken (an einen Sonntag ohne Kater habe ich mich einfach so sehr gewöhnt), bin um 22 Uhr müde und die ganzen Menschen sind mir auch einfach ein bisschen zu viel. Trotzdem bin ich sofort in den Goldenen Reiter marschiert, als dieser wieder aufgemacht hat. Was soll ich sagen? Es war ein bisschen, als wäre ich mit einer gespaltenen Persönlichkeit feiern gegangen. Im einen Moment habe ich keine Kraft mehr, mich auf den Beinen zu halten und habe mich schon von allen verabschiedet, im nächsten packt mich das Lied so sehr, dass ich sofort wieder auf die Tanzfläche stürme. Ich erinnere mich, dass ich an diesem Abend achtmal nach Hause gehen wollte. Geschafft habe ich es nur einmal.
Noch bin ich nicht wieder die Alte – und wer weiß, ob ich jemals wieder sein werde. Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich mir aber auch nicht sicher, ob ich wieder 24 sein will. Ich sehe mich trotzdem auch noch nicht als Party-Granny, die sich um 2 Uhr aus dem Club verabschiedet (da fahren ja sogar manche U-Bahnen noch). Also werde ich mich weiter und weiter trainieren, jeden Freitag ein bisschen später ins Bett gehen, bis ich zumindest so lange wach bleiben kann, um mich selbst noch ernst nehmen zu können. Ich vergleiche es mit einer Krankengymnastik nach einem Unfall. Es dauert eben seine Zeit, bis man wieder auf dem Höhepunkt angelangt ist. Und wenn nicht – meine Couch wird mich immer mit offenen Armen empfangen.

Was Corona sonst noch so angestellt hat: