#Tauziehen um die „Lex Amazon“
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Der Name Amazon kommt in den Eckpunkten zur Reform des Postgesetzes gar nicht vor. Trotzdem ist klar, auf wen der Passus für eine schärfere Wettbewerbskontrolle gemünzt ist: auf den amerikanischen Onlineriesen, der mit seiner eigenen Versandlogistik immer stärker in den Paketmarkt drängt. Der Internethändler wandelt sich vom Großkunden der Lieferdienste – allen vorweg Deutsche Post DHL – zu einem Konkurrenten. Seine Transporter nehmen längst nicht nur Bestellungen eigener Kunden mit, sondern die Logistikpartnerunternehmen befördern auch Pakete von Onlinehändlern, die auf dem Amazon Marketplace anbieten.
Geht es nach dem Bundeswirtschaftsministerium, muss sich Amazon in Zukunft auf strengere Regeln für dieses Geschäft einstellen. Die geplante neue Norm zielt auf Unternehmen, die auf einem „benachbarten Markt“ – im Fall von Amazon der Onlinehandel – eine beherrschende Stellung einnehmen. Wenn die Gefahr besteht, dass ein solches Unternehmen „seine Marktmacht wettbewerbsverzerrend auf einen Postmarkt überträgt“, gebe es „Regulierungsbedarf“, heißt es in der Reformvorlage. In diesen Fällen soll die Bundesnetzagentur eingreifen können, um den Wettbewerb auf den Postmärkten vor einem „missbräuchlichen Verhalten“ zu schützen.
Wie hoch der Amazon-Anteil am Paketmarkt ist, bleibt unklar. Amazon veröffentlicht keine Zahlen, welche Mengen hierzulande über die eigene Logistik befördert werden. Irgendwo zwischen 5 und 15 Prozent hat die Bundesnetzagentur den Marktanteil verortet. In anderen EU-Ländern und in den Vereinigten Staaten sind es schon deutlich mehr. Und die Monopolkommission erwartet, dass das Amazon-Zustellnetz auch in Deutschland weiter wachsen wird.
„Amazon belebt den Wettberwerb“
Was die Konkurrenz wurmt, kommt bei den meisten Kunden gut an. Amazons Zustellung genießt einen glänzenden Ruf in puncto Geschwindigkeit und Zuverlässigkeit, das Räderwerk funktioniert weitgehend reibungslos. „Amazon belebt den Wettbewerb“, sagte der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Kühling, der F.A.Z. Mit seinen hohen Qualitätsanforderungen an die etablierten Zustelldienste trage es zu einem besseren Service bei, gleichzeitig befördere das eigene Zustellnetz den Preiswettbewerb. Grundsätzlich sieht aber auch Kühling die Möglichkeit, dass Amazon seine Marktmacht auf den Onlinehandelsplätzen im Paketgeschäft ausspielen könnte. „Das sollte genau beobachtet werden.“ Doch im Zweifel biete das allgemeine Wettbewerbsrecht bereits Möglichkeiten, in den Markt einzugreifen.
Amazon weist die angedachte neue Norm als unnötige und verbraucherschädliche Marktbarriere zurück. „Die vorgeschlagene Regelung gegen eine Marktmachtübertragung scheint den Fokus eher auf den Erhalt der bestehenden Strukturen auf den Postmärkten zu legen als auf eine weitere Belebung des Wettbewerbs“, heißt es in einer Stellungnahme an das Wirtschaftsministerium. Überraschender als diese Verteidigungslinie ist, dass das Bundeskartellamt, das Amazons Marktmacht und Geschäftsgebaren sehr kritisch beobachtet, dem Konzern beispringt.
Präsident Andreas Mundt warnte davor, die Konkurrenz unnötig einzuschränken. Er verwies nicht nur auf die starke Stellung von DHL auf dem Paketmarkt, sondern auch auf die dominante Position der Post im Briefgeschäft. Es wäre ein „falsches Signal“, nur den Paketversand von Amazon zu regulieren, „während man die im Paketbereich bereits führende DHL trotz der Marktbeherrschung der Deutschen Post auf angrenzenden Märkten schalten und walten ließe“, sagte Mundt der F.A.Z.
Für die Kontrolle der großen Digitalplattformen gebe es effiziente Instrumente im deutschen und europäischen Kartellrecht. „Ich sehe nicht, dass hier eine Sonderregel überhaupt notwendig ist. Jedenfalls darf eine Regulierung dann nicht nur Amazon treffen“, so der Kartellamtspräsident. Solche Überlegungen könnten auch die Deutsche Post umtreiben und erklären, warum sie die geplante Ausweitung der Regulierung ebenfalls infrage stellt. Schon mit dem allgemeinen Wettbewerbsrecht und den neuen Vorschriften zur Kontrolle marktmächtiger Digitalplattformen sei es möglich, den Markt vor „Preiskampfstrategien“ und anderem Missbrauch zu schützen, argumentiert sie gegenüber dem Wirtschaftsministerium.
Die Post plädiert deshalb für einen Schwenk in die entgegengesetzte Richtung, nämlich „den Paketmarkt für gewerbliche Versender explizit aus der Wettbewerbskontrolle des Postgesetzes herauszunehmen“. Dass neue Anbieter oder einer der Platzhirsche den Markt aufmischen, hält der Konzern zumindest für die nächsten Jahre für praktisch ausgeschlossen. Es fehle allen Paketdiensten schlicht an Personal, um ihre Kapazitäten so stark auszuweiten, dass Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten seien.
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