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#Paul Jaray und die „Vernunft der Stromlinie“ im Kunsthaus Dahlem

Paul Jaray, der große Pionier des Stromliniendesigns, wurde als Jude zum Opfer einer höchst erfolgreichen Damnatio memoriae. In den Dreißigerjahren bedienten sich deutsche Firmen seiner Erkenntnisse, um die Silberpfeil-Rennwagen, aber auch den Volkswagen zu bauen. Dass solche zentralen Projekte einer nationalsozialistischen Moderne ohne die Forschungen eines Juden nicht möglich gewesen wären, wollten die Nazis verheimlichen, und sie erreichten tatsächlich, dass Jarays Name nicht mehr genannt wurde. Nun gibt es in Berlin eine überaus sehenswerte Ausstellung, die sein Werk dem schmählichen Dunkel des Vergessens entreißt und in einen Zusammenhang mit der bildenden Kunst seiner Zeit stellt.

War die Kunst mit Jarays perfektem Propeller am Ende?

Jaray wurde 1889, im selben Jahr wie Ludwig Wittgenstein, in Wien geboren. Beide studierten Maschinenbau, und beide interessierten sich besonders für die Luftfahrt und für den Flugzeugpropeller. Dessen von Jaray berechnete und bis heute gültige Form verblüffte damals auch bildende Künstler.

Duchamp bemerkte 1912 nach dem Besuch einer Luftfahrtschau, die herkömmliche Kunst sei am Ende, weil niemand etwas so Vollendetes schaffen könne wie diesen Propeller. Dabei ist dessen Form gar kein Resultat künstlerischer Gestaltung. Sie beruht vielmehr auf mathematischen Berechnungen, die es erlauben, für jeden räumlichen Gegenstand das Ausmaß seiner Windschlüpfrigkeit zu bestimmen. Dabei stellte sich heraus, dass es eine Idealform gibt, die sich durch den geringstmöglichen Luftwiderstand eines allseits umströmten Volumens auszeichnet: die sogenannte „optimierte Spindel“. Während seiner Arbeit für die Zeppelinwerke konnte Jaray dies durch Experimente im Windkanal bestätigen, und aufgrund dessen nahm der Zeppelin dann die uns vertraute Form an, indem er vorne breit und stumpf abgerundet, hinten aber spitz auslaufend konstruiert wurde.

Rast stromlinienförmig in den Abgrund: Alfred Kubins „Mensch“ in Tusche, Aquarell und Spritztechnik auf Katasterpapier, ca. 1902


Rast stromlinienförmig in den Abgrund: Alfred Kubins „Mensch“ in Tusche, Aquarell und Spritztechnik auf Katasterpapier, ca. 1902
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Bild: Leopold Museum, Wien

Besonders folgenreich wirkten Jarays Forschungen beim Design von Automobilen. Bis 1930 sahen Autos noch mehr oder weniger aus wie Kutschen ohne Pferde. Die Konstruktion ging, so wie die Energie des Motors, von innen nach außen, über das Getriebe und die Kardanwelle bis zu den Rädern. Die Vorstellung einer Umhüllung des Ganzen drängte sich erst dann auf, als die Autos immer schneller wurden und dabei auf zunehmenden Luftwiderstand stießen. Um ihn zu verringern, bekam das Auto immer stärker abgerundete Karosserien. Das war nicht nur nützlich, sondern auch visuell ansprechend, denn damit zeigte sich das Automobil zum ersten Mal als eine ganzheitliche und in sich geschlossene Einheit.

Das Zweckmäßige harmonierte zunächst also noch ganz zwanglos mit dem Ästhetischen, und an dieser Harmonie hat Jaray auch dann noch unbeirrt festgehalten, als er feststellen musste, dass die Mehrheit seiner Zeitgenossen das nicht so sahen wie er. So lautet der letzte Satz des Manuskripts seiner Autobiographie: „Die Masse der Leute wollte – und will anscheinend noch heute – nicht begreifen, dass vollendete Zweckmäßigkeit identisch ist mit Schönheit.“

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