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Ohne Aussage, mit Licht

Wie so viele westdeutsche Malerstars kam auch der 1940 in Dessau als Klaus Wolf Knoebel geborene und seit der Ausbildung bei Beuys das Pseudonym „Imi“ führende Künstler aus dem Osten, ging allerdings schon im Jahr 1950, und zwar mitsamt Familie, nach Mainz. Naturgemäß fragten viele Knoebel beim Erstkontakt nach dem Ursprung des ausgefallenen Vornamens, ist doch das zugelegte Pseudonym selbst schon Kunst, schön von hinten wie von vorn und aussagelos, weil nicht mit Bedeutung aufgeladen. Zusammen mit seinem nur dreißigjährig verstorbenen Künstler-Freund Rainer Giese hatte Knoebel den Vornamen Imi angenommen, so dass beide in Beuys’ Klasse als „imi + imi“ firmierten.

Stefan Trinks

Frei von Aussage, das sollten fortan auch alle seine Werke sein, in Abgrenzung von den Überzeugungen des Übervaters Beuys, für den Kunst immer in gesellschaftliche und soziale Kontexte eingebunden war. In Knoebels Kunst dagegen geht es um reine, pinselstrichlos aufgetragene Farbkombinationen, eine Minimal Art, die endlos geometrische Grundformen und Farbflächen im Raum variieren kann.

Die Ausstellung „ENDUROS“ in der Berliner Halle der Deutschen Guggenheim im Jahr 2009 vermochte dies vielleicht am plastischsten zu zeigen: Zentral an den damals gezeigten Werken ist ihre raumbestimmende Dreidimensionalität, in die man in einigen Fällen auch hineingehen konnte, zumindest mit dem Auge. Hartfaserplatten, bemalt und unbemalt, waren dort an die Wände roh gezimmerter, kubischer Kojen gelehnt, als ob Knoebels großes Vorbild Kasimir Malewitsch seine schwarzen und weißen Quadrate zu einer Urhütte aufgezimmert hätte.

Wie zerfetzte Scheibenwischer

Schon in seinen allerersten Arbeiten, den ab 1966 entstandenen Linienbildern, hat Knoebel so das Zwanziger-Jahre-Revival vorweggenommen, wirken doch viele seiner Farb-Rekombinationen wie fortgesetzte Abstrakt-Gesichter Jawlenskis, in die man ebenfalls endlos meditierend versinken kann.

Die raumhaltige Tiefe seiner Bild-Installationen entsteht schon allein dadurch, dass Knoebel bevorzugt mit Acryl auf Aluminium malt und in einer Art Lüstereffekt das kühlweiße Metall der darunterliegenden Schichten durchschimmern lässt. Dieses Durchdringen von Farbe mit Licht ist nun seit fünf Jahren in seinem Hauptwerk zur Vollendung gebracht: den sechs riesigen Kirchenfenstern für die französische Königskathedrale Reims, die zur Achthundertjahrfeier 2011 fertiggestellt wurden. Drei weitere von ihm in Tiefblau gestaltete Fenster wurden 2015 – hohe Ehre für einen Deutschen – in der Jeanne-d’Arc-Kapelle der Kathedrale geweiht. Knoebel ist, wie in nahezu jedem Artikel über ihn zu lesen steht, „in allen maßgeblichen deutschen und internationalen Sammlungen vertreten“. Als Künstler sucht man sich diese allerdings nicht aus, insbesondere dann nicht, wenn sich Politiker und Industriekapitäne, wie dies Wolfgang Ullrich in seinem klugen Buch „Mit dem Rücken zur Kunst“ aufgespießt hat, im Glanz der Bilder sonnen.

So hat es Knoebel mutmaßlich mit Humor genommen, als Dieter Zetsche das zentrale Interview zur Zukunft von Daimler nach der Abstoßung von Chrysler „mit dem Rücken zu“ Knoebels „Ohne Titel“ von 1977 gab, das wie viele weitere seiner Bilder zur Daimler Art Collection gehört – die Collage zeigt grellbunte Farbbögen, die wie zerfetzte Scheibenwischer umherfliegen. An diesem Donnerstag, dem letzten Tag des alten Jahres und damit kurz vor dem großen Gedenkjahr seines Lehrers Beuys, feiert Imi Knoebel seinen achtzigsten Geburtstag.

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