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#Wir Dummerchen

Wir Dummerchen

Der Korridor des Sagbaren ist weit und breit, wie gestern bei „hart aber fair“ wieder deutlich wurde. Niemand fiel Stephan Grünewald ins Wort, als der sein gar zu kleines Einmaleins der Impfpsychologie wort- und gestenreich entfaltete. Grünewald hat Psychologie studiert und dann das „Rheingold Institut Köln San Francisco Shanghai“ für psychologische Markt-, Medien- und Kulturforschung mitgegründet, dessen Geschäftsführer er heute ist. Kurz gesagt: Grünewalds qualitative Analyse der Frage, wie sich die Impfwilligkeit steigern lässt, erschöpfte sich in behaviouristischer Verkaufs-Psychologie. Grünewald fragt, wie man sie zum Impfen „kriegt“, die Zagenden und Zaudernden unter uns. Seine Antwort bewegt sich folgsam in Skinners Reiz-Reaktions-Schema. Man kriegt sie demnach nur „auf Augenhöhe“, wie Grünewald sagt, wobei er – man sieht es regelrecht vor sich – im Geiste ganz tief in die Hocke geht, bis er dem kleinen Dummerchen, der beim Thema Impfen noch schwankt, tatsächlich in die Augen schauen und ihm erzählen kann: „Das ist nicht was Fremdes“, was da in ihn eindringe, wenn es „Pieks“ macht, „sondern du stärkst damit deine eigenen Abwehrkräfte, du hilfst deinem Körper“.

Christian Geyer-Hindemith

So geht eine auf Selbstwirksamkeit geeichte Impfsuggestion: „nicht das schmerzhafte Eindringen kommunizieren“ (die natürlichen Impfrisiken, versteht man recht, schon gar nicht), und die Spritze selbst bitte nur ja „nicht groß abbilden“! Wie anti-psychologisch im Grunde, wie anti-aufklärerisch dieser Psychologe auch auftrat, wie krass er die alle Schwankenden verstimmende Absicht auch heraushängen ließ – Grünewald ist herzlich eingeladen, den Zuschauern sein Rheingold-Herz auszuschütten, Plasberg lauschte. Kein Psycho-Mätzchen schien mätzchenhaft genug, um das Beiprogramm zur eher tristen nationalen Impfkampagne zu schmücken.

Israels Rückkehr zur vermeintlichen Normalität

Dazu gab es tagesaktuellen Frohsinn aus Tel Aviv. Die Bilder von Israels Bad in der vermeintlichen Normalität ließen die zuvor angerissenen politisch-ethischen Fragen (Priorisierung, Aufhebung der Grundrechteinschränkungen) wie Luxusprobleme aussehen. Dabei geht es gerade nicht um deutsches Skrupulantentum, sondern um das obligate Beibringen von Gründen für, wie es regierungsamtlich heißt, temporäre Freiheitsbeschneidungen. Dass die Priorisierung nun zunehmend flexibel zu handhaben sei, wenn sie nicht zu kontraproduktiven Effekten führen soll, veranschaulichte die Ärztin Anke Richter-Scheer. Freilich ändert das nichts an der Rationalität der bisherigen Reihenfolge beim Impfvorgang, wie der Immunologe Carsten Watzl hervorhob. Richter-Scheer wie Watzl machten denselben Punkt: dass die gemischten Verhältnisse, der Übergang vom „noch nicht“ zum „schon“ des Geiimpftseins keine radikalen Lösungen vertragen, wohl aber in jedem Phasenmoment rechtfertigungsbedürftig bleiben. Die in Feierlaune aus Tel Aviv zugeschaltete ARD-Korrespondentin versicherte derweil, in Israel würden solche deutschen Fragen gar keine oder kaum eine Rolle spielen. Na dann!

So wird Öffentlichkeit bei „hart aber fair“ in ihrer Kurzatmigkeit bedient: Positionen leuchten auf und verglimmen, ohne dass sie zueinander näher in Beziehung gesetzt würden, gar die Absurdität der einen Position aus der Rationalität der anderen folgte. Was eben noch ganz dringlich gemacht wird, hat Minuten später nichts mehr zu sagen. Im Zweifel läuft alles Gesagte beziehungslos nebeneinander her, wie dies der deutsch-israelische Abgleich sinnfällig machte. Intentionale Bögen sind bei Frank Plasberg nicht unnötig weit gespannt: Heute das Rad der Impfpolitik am liebsten neu erfinden wollen, auf einschlägige juristische Kontexte einfach mal pfeifend. Und gestern noch ignorieren, dass die Aktion „allesdichtmachen“ sich ihre behauptete Empirie erst selber schuf.

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