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#Trend auf Instagram und Tiktok

Trend auf Instagram und Tiktok

Mit langen Kleidern durch Wiesen streifen, hier und da ein Kräutlein pflücken, und zu Hause will Mehl auf schartigen Holztischen zu irgendwas geformt werden, und interessanterweise hat man sogar Zeit dafür, das in Ruhe zu zelebrieren – was für eine schöne Vorstellung. Alle ziehen momentan aufs Land, aber auf Instagram ganz besonders. Es sind vorwiegend jüngere Frauen, die sich in sozialen Medien als Bewohnerinnen einer romantischen Landidylle inszenieren, in der Wiesenblumensträuße eine größere Rolle spielen als das heimische Ladekabelchaos und sämtliches Plastik durch Naturstoffe ersetzt wurde. Einen Begriff hat das Phänomen auch schon: Cottagecore.

Jugendkulturen und Subkulturen bildeten sich im zwanzigsten Jahrhundert oft im Dunstkreis von Musikstilen oder Publikationen. Inzwischen ist das anders, ästhetische Subkulturen formieren sich inzwischen online auf Plattformen wie TikTok oder Instagram und werden durch Youtube-Videos weiter popularisiert und auch analysiert. Das ist sicher zum einen der Pandemie geschuldet, die jüngere Menschen dazu zwang, ein Jahr lang ihre sozialen Aktivitäten ins Netz zu verlagern. Aber auch davor schon bildeten sich in dem gesellschaftlichen Raum, der das Internet ja ist, eigene Ästhetiken, die als visueller Ausdruck von gemeinsamen Ideen und Werten verstanden werden können. Cottagecore ist seit etwa dem Jahr 2018 auf der Plattform Tumblr nachweisbar. Ein weiteres Beispiel ist „Dark Academia“, eine Ästhetik, die eine utopische Universitätswelt heraufbeschwört, die optisch näher an Harry Potter ist als an Massenuni und Zoom-Kachel-Seminar.

Insgesamt finden sich auf der Seite aesthetics.fandom.com rund fünfhundert dieser Nischen-Ästhetiken von Afrofuturismus über Italo Disco und Pin-up bis Zombiecore, jeweils mit einem eigenen Artikel sowie Bildbeispielen versehen und durch prägende Filme oder Videospiele ergänzt. Cottagecore bezieht seine Einflüsse demnach aus Johanna Spyris Buch „Heidi“ ebenso wie aus der Netflix-Serie „Anne with an E“, dazu kommen diverse Ghibli-Filme wie „Kikis kleiner Lieferservice“ oder die „Paddington“-Verfilmungen. Das Videospiel „Animal Crossing“, das in der Pandemie enorm erfolgreich wurde, vertritt diese Ästhetik ebenfalls. Greta Gerwigs „Little Women“-Verfilmung aus dem Jahr 2019 ist ein zweistündiges Cottagecore-Festival.

Freiheit im Rapsfeld: die Jurastudentin Sinem aus dem Ruhrgebiet.



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Cottagecore
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Digitaler Hüttenzauber

Nun sind die Sujets, die Cottagecore heraufbeschwört, nicht neu. Die Idealisierung eines einfachen, dörflichen Lebens zieht sich durch die gesamte westliche Kulturgeschichte. In der Antike wurde bereits das Hirtenleben idealisiert, im vierzehnten Jahrhundert kontemplierte der italienische Dichter Petrarca von einem Berg hinab und entdeckte den Selbstwert der Natur. Königin Marie-Antoinette ließ sich im Park von Versailles ein vollendet pittoreskes Dorf bauen, das noch heute auf Instagram für Furore sorgen würde, und ist damit wohl die Urahnin aller Cottagecore-Vertreterinnen. Auch die Romantik und die Arts&Crafts-Bewegung betonten Naturverbundenheit, Einfachheit und waren Gegenströmungen zur Industrialisierung.

Cottagecore ist nicht der erste Gegentrend zur Digitalisierung. Schon seit einigen Jahren verkaufen sich Vinylplatten und analoge Filme plötzlich wieder, und eine nicht ganz kleine Ecke des Internets widmet sich der Handarbeit. Diese Hobbys sind allerdings nicht ganz preiswert, erfordern Fähigkeiten und eine gewisse Lernkurve. Cottagecore setzt niedriger an. Ein Brot backen kann jeder, für Kräuter ist in der kleinsten Küche Platz. Fast jeder hat eine Wiese in der Nähe, auf der man irgendwas pflücken kann, oder einen Wald. Die volle Packung – einsames Leben in der Natur mit Holzkamin und selbst gezogenen Kürbissen – ist so utopisch, dass sich jeder, anstatt den Lebensstil radikal umzusetzen, das Beste daraus mitnehmen kann. Zudem geht es nicht um originelle Ergebnisse oder um eine beeindruckende Sammlung von irgendwas, sondern vor allem um „Self-care“, wie die New York Times in einem Artikel aus dem März vergangenen Jahres zusammenfasste.

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