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#Trump oder Biden? Es geht um das Selbstverständnis der USA

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Trump oder Biden? Es geht um das Selbstverständnis der USA

Wenn demnächst die Wahllokale in den Vereinigten Staaten öffnen, haben fast 100 Millionen Wähler schon ihre Stimme abgegeben, entweder persönlich, oft nach stundenlangem Anstehen, oder per Brief. Das ist ein Zeichen, wie hoch die politische Temperatur in diesem Wahlzyklus ist und wie groß der Wille, am Schlüsselakt demokratischer Willensbildung teilzunehmen.

Es ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass die Bürger in einem Land, in dem die Wahlbeteiligung in der Regel weit geringer ist als in anderen westlichen Demokratien, die Etiketten, die dieser Wahl bereits gegeben wurden, für sehr plausibel halten: Schicksalswahl; wichtigste Wahl zu unseren Lebzeiten, ja in der amerikanischen Geschichte überhaupt; Stresstest für die amerikanische Demokratie. So ist es.

Es kann gar nicht anders sein: Knapp vier Jahre Trump haben tiefe Spuren in den Vereinigten Staaten hinterlassen, meist solche der Zersetzung. Doch auch darüber hinaus, zum Beispiel in der Gemeinschaft westlicher Demokratien. Ihr droht die Leit- und Ankernation abhandenzukommen. Ein Weltpublikum blickt gebannt auf das Geschehen in Amerika. Es ist ebenso fasziniert wie irritiert (und gelegentlich entsetzt) von dem, was sich dort ereignet (hat) – unter einem Präsidenten, wie ihn Zeitgenossen noch nicht erlebt haben und dessen rüpelhafte Politik das Ansehen seines Landes drastisch geschmälert hat.

So ist es keine Überraschung, dass die meisten Europäer dem Herausforderer Biden die Daumen drücken. Ob darin (nur) nostalgische Sehnsucht mitschwingt, steht dahin. Der Wunsch nach Beziehungen, die nicht ständig von Twitter-Attacken und Strafaktionen durchgerüttelt werden, ist legitim: Der Gedanke, Trump könnte mit einer zweiten Amtszeit betraut werden nach und trotz allem, was man seit dem 20. Januar 2017 erlebt hat, erschreckt viele.

Der Auftrag von der perfekteren Union

Es ist eben nicht übertrieben festzustellen: Es geht um die Seele Amerikas; um das Zusammenleben und das innere Gleichgewicht; um das Grundverständnis eines verwirrten Landes, dessen Verfassung mit den wunderbaren Worten beginnt: „Wir, das Volk der Vereinigten Staaten, um eine perfektere Union zu formen …“

Europa setzt auf Joe Biden – aus Nostalgie?


Europa setzt auf Joe Biden – aus Nostalgie?
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Bild: AFP

Dieser Auftrag ist nicht weniger aktuell als in den Anfangstagen der Republik vor mehr als 200 Jahren. Amerika ist so polarisiert wie lange nicht mehr. Auch daran hat der Präsident einen Anteil, selbst wenn er in erster Linie ein Produkt dieser Spaltung ist und der Trumpismus mehr ist als Narzissmus im Weißen Haus. Die Gesellschaft ist gespalten in politisch-kulturelle und soziale Räume der Selbstsegregation. Das spiegelt sich in einer Politik, in der sich die Parteien wie feindliche Lager begegnen. Dieser sogenannte Tribalismus wirkt auf die Gesellschaft zurück: Fronten werden gezogen, Gräben ausgehoben, selbst die Justiz ist hyperpolitisiert.

Auch sie ist Spiegel wie Ergebnis der Lagerbildung: Wir gegen die; die gegen uns. Als im Senat die neue Richterin für das Oberste Gericht bestätigt wurde, stimmte nicht ein einziger Oppositionspolitiker für die Kandidatin des Präsidenten. Diese Parteilichkeit ist genau das, was die Gründerväter hatten verhindern wollen. Die Folgen für das Ansehen des Gerichts und die Akzeptanz seiner Entscheidungen kann man sich leicht ausmalen.

Sollte der Demokrat Biden gewählt werden, so dürfte er versuchen, der inneren Spaltung entgegenzuwirken und das Verbindende über das Trennende zu stellen. Von Trump ist das nicht zu erwarten. Er ist schließlich Profiteur und Anheizer der Spaltung, er ist der, dessen Elixier das Propagieren von Feindbildern ist. Die Sicherungsarbeiten am Fundament Amerikas werden Vorrang haben müssen. Sie sind die Voraussetzung für eine Rekalibrierung der Außenpolitik, Stichwort Multilateralismus.

Zu Beginn des Jahres waren die Wirtschaftsdaten gut bis sehr gut. Dann schlug das Coronavirus zu; das Weitere ist bekannt, einschließlich der Folgen für Wirtschaft und Beschäftigung. Trumps Aussicht, bequem in eine zweite Amtszeit zu segeln, hat sich mehr und mehr verdüstert. Die verheerende Corona-Bilanz ist nicht allein dem Präsidenten anzulasten; aber es wäre schon merkwürdig, wenn die Wähler ihn wegen seiner Verantwortungslosigkeit und Inkompetenz nicht zur Rechenschaft zögen.

Über all den aufwühlenden Ereignissen und Krisen ist beinahe untergegangen, dass es ein Verfahren zur Amtsenthebung des Präsidenten gab. Man kann sich daran kaum noch erinnern, aber es gehört ebenso zur Bilanz wie der Zweifel aus gutem Grund, ob es nach der Wahl zu einem friedlichen Machtwechsel kommen werde. Wenn es für möglich gehalten wird, dass ein Kernelement der Demokratie außer Kraft gesetzt wird, dann ist ein Tiefpunkt erreicht.

Sollte es zu einem Machtwechsel kommen, dann gäbe es nicht einfach ein Zurück zum Status quo ante. Doch die zugegeben kleine Chance, dass Amerika beginnt, sich wieder mit sich selbst zu versöhnen, die gäbe es. Amerikas Partner hätten in Biden jemanden, der sie achtet, selbst wenn er ihnen nicht jeden Wunsch erfüllen dürfte. Die Zwietracht, die Trump geschürt hat, dient nur den Feinden des Westens. Und sie zerrüttet Amerika.

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