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Unheimlich gebildet

Die größte Zäsur der jüngeren britischen Geschichte, der Brexit, wurde zu großen Teilen von Männern verantwortet, die sich früher die Pausenbrote geteilt haben: von David Cameron, Boris Johnson und Jacob Rees-Mogg. Alle drei besuchten sie eine Schule, die die englische Oberschicht prägt wie keine andere: das Eliteinternat Eton. Internate sind in Großbritannien keine Seltenheit, doch es gibt Privatschulen, und es gibt Eton. Es ist die einzige Schule, deren Ruf über das Königreich hinaus strahlt. Sie ist eine Metapher für alles, was die englische Oberschicht noch immer ausmacht: Abgehobenheit, Exklusivität und Exzentrik, aber auch Exzellenz und Bildung. 20 von 55 englischen Premierministern haben nicht irgendeine Eliteschule, sondern Eton besucht. Es ist schwer, sich die englische Gesellschaft ohne Eton und, darauf folgend, ohne Oxford und Cambridge vorzustellen. Die Liste der Ehemaligen reicht in alle Bereiche: Eton hat Entdecker und Dandys hervorgebracht, Schauspieler, Schriftsteller und sogar Romanfiguren. James Bond war in Eton, ebenso wie Captain Hook, Peter Pans großer Gegenspieler, dessen letzte Worte „Floreat Etona“, „Möge Eton blühen“, lauten.

Lesen als Sport

Anna Vollmer

Redakteurin im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Der britische Schriftsteller und Journalist Musa Okwonga hat nun ein Buch über Eton geschrieben, „One of them“, Einer von ihnen, heißt es, weil auch Okwonga dort Schüler war. Der Schriftsteller wurde 1979 in London als erstes von vier Kindern geboren und wuchs unmittelbar in der Nähe in der britischen Kleinstadt Yiewsley auf. Seine Eltern waren Mitte der siebziger Jahre vor Idi Amins Regime aus Uganda geflohen. 1983 kehrte sein Vater dorthin zurück und starb bei einem Hubschrauberabsturz, dessen Umstände bis heute ungeklärt sind. Okwonga war damals vier Jahre alt. Bildung, sagt er bei einem Treffen im Berliner Stadtteil Friedrichshain, wo er seit vielen Jahren wohnt, sei in seiner Familie immer wichtig gewesen. Beide Eltern waren Ärzte, die Mutter achtete darauf, dass ihre Kinder so viel lasen, wie sie nur konnten: „Jedes ihrer Bücher bekam einen Stempel: Okwongas Bücherei. Und immer, wenn wir eins lesen wollten, war es, als würden wir in die Bibliothek gehen. Wir durften uns erst ein neues nehmen, wenn wir das alte ausgelesen hatten“, erzählt Okwonga.

Hunderte von Büchern habe er verschlungen, erst die gesamte „Drei Fragezeichen“-Reihe und die Enid-Blyton-Bücher, später russische Klassiker: „Lesen war mein Sport“. Dann sah er im Fernsehen eine Dokumentation über Eton, die Schule seiner Träume, wie es in „One of them“ heißt. Es sei nicht die Größe der Gebäude, der Prunk gewesen, der ihn angezogen habe, sagt Okwonga, sondern vielmehr das, was diese Schule zu versprechen schien: „Wenn man gerne Sport macht, schaut man die Olympischen Spiele und will Starathlet werden. Ich habe diese Schule gesehen und dachte: Das ist der Ort, an dem man am klügsten wird.“

Die Schule der Bösen?

Okwongas Buch ist ein Memoir, seine persönliche Lebens- und Entwicklungsgeschichte, aber es ist auch ein Buch über Gesellschaft und Politik und über die Frage, wie die Menschen, die politische Verantwortung tragen, zu dem geworden sind, was sie sind. „One of them“ ist keine radikale Abrechnung mit Eton, einer Schule, in der Okwonga zu großen Teilen glücklich war und in der er Freunde fand, die noch heute zu seinen besten gehören. Aber es ist ein Nachdenken über ein Gesellschafts- und Bildungssystem, in dem eine sehr kleine Gruppe von Personen seit Jahrhunderten eine enorme Macht hat. Mit Blick auf die aktuelle britische Regierung schreibt er: „Ich war so stolz auf meine Schule, als ich dorthin ging, aber nun frage ich mich, was für ein Ort es war, wenn diese Menschen die prominentesten Absolventen sind.“ Und stellt sich die Frage: „Wurden wir vielleicht dazu erzogen, die Bösen zu sein?“

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