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#Unseriöse Agenturen und „Model-Nomaden“

Unseriöse Agenturen und „Model-Nomaden“

Viele Models binden sich vertraglich an eine Agentur – etwa weil sie sich davon versprechen, an mehr und bessere Aufträge zu kommen. So tat es auch ein Model mit 18 Jahren, im Gegenzug für die Förderung seiner Karriere sollte es 25 Prozent der Einnahmen abgeben. Der auf fünf Jahre befristete Vertrag verlängerte sich um weitere zwei Jahre, weil nicht spätestens neun Monate vor Ablauf gekündigt wurde. Das Model kündigte seinen Vertrag nach einer Laufzeit von rund sechs Jahren – und weigerte sich, weiterhin an die Agentur zu zahlen. Die wiederum klagte auf weitere Vergütung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit.

Das Landgericht Lüneburg hatte die Klage der Agentur abgewiesen, mit der diese eine weitere Vergütung bis zum Ende der vereinbarten Vertragslaufzeit begehrte. Mit Urteil vom 1. April 2021 hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle die hiergegen von der Agentur eingelegte Berufung zurückgewiesen (Az.: 13 U 10/20): Langjährige Befristungen in vorformulierten Agenturverträgen für Models können unwirksam sein. Die Begründung: Sollten die Arbeitnehmer mit ihrer Agentur unzufrieden sein, könnten sie diese faktisch kaum wechseln. Bei Unzufriedenheit müsse der Wechsel jedoch möglich sein.

Der Fall sei branchenunüblich

Als Geschäftsführerin der Hamburger Modelagentur Modelwerk sind Claudia Midolo solche Fälle bekannt. „Leider kommt es in letzter Zeit öfter vor, dass Models auf eben diesen Paragraphen kündigen“, sagt Midolo – die das nicht in Ordnung findet. Dennoch sei der Fall branchenunüblich: Etwa sei eine unkündbare Vertragslaufzeit von fünf Jahren ungewöhnlich lang – und ihrer Meinung nicht nur zu lang, sondern auch unseriös. In ihrer Agentur seien Verträge beim Einstieg auf zwei Jahre begrenzt und danach alle drei Monate kündbar. „Hinter dem Anfang einer Modelkarriere steckt ein großer Aufwand für die Agentur“, sagt Midolo zum Zwei-Jahres-Vertrag bei Modelwerk. „Zu sagen, Agenturen würde nur Models vermitteln, stimmt einfach nicht: Bevor wir auch nur annähernd etwas mit einem Mädchen verdienen, vergeht je nach Alter des Mädchens mindestens ein Jahr.“

Anfangs investiere eine Agentur in ein Nachwuchsmodel nicht anders als ein Unternehmen in eine Auszubildende. In Zahlen seien das in etwa 5000 bis 8000 Euro je Model. Manchmal gehe es den jungen Models allerdings nicht schnell genug. „Aber eine Ausbildung kostet Zeit: Wenn man erwartet, dass man heute hierher kommt und in vier Monaten schon Toni Garrn ist – das wird nicht passieren“, sagt Midolo. „Manche nehmen an, sich ohne etwas gelernt zu haben in fünf Minuten an die Weltspitze katapultieren zu können. Aber so funktioniert das nicht.“

Fehlende hanseatische Kaufmannsehre

Es sei dennoch schwer festzustellen, ob die Unzufriedenheit des Models aus dem beschriebenen Gerichtsurteil begründet ist. „Was ich in unserer Branche allgemein unschön finde, ist, dass alles so hingedreht wird wie es für einen selbst passend ist und da wenig hanseatische Kaufmannsehre vorhanden ist“, sagt Midolo jedoch. „Wenn Aufträge bestehen, dann arbeitet man die anständig ab – das gehört zu einem netten Miteinander.“

Das Gericht in Celle wies darauf hin, dass in beschriebenem Fall ein Dienstvertrag und kein Arbeitsvertrag vorliege. Ein solcher kann grundsätzlich auch ohne wichtigen Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet werden. Voraussetzung hierfür sei, dass er auf einer besonderen Vertrauensstellung beruht und Dienste „höherer Art“ zum Inhalt hat. Dies umfasst etwa Dienstleistungen von Ärzten, Anwälten und Beratern, aber auch von Künstleragenturen – und Modelagenturen.

„Model-Nomaden“ und die „ganz bösen Fälle“

In besagtem Fall war jene Regelung zwar durch die Vereinbarung von festen Vertragslaufzeiten ausgeschlossen, der Ausschluss aber nach Auffassung des Gerichts unwirksam: Durch die langen Laufzeiten sei das Model unangemessen benachteiligt worden. Da sich die Anfangsinvestitionen in ein Nachwuchsmodel erst mit fortschreitender Karriere rentierten, sei zwar zu rechtfertigen, die Kündigungsmöglichkeit für einen gewissen Zeitraum auszuschließen. Jedoch müsse ein Model bei nicht erfüllten Erwartungen an seine Agentur die Möglichkeit besitzen, seine Agentur zu wechseln. Das Gericht gab zudem an, den Umstand, dass gerade der „Markt für Models mit zunehmenden Alter enger wird“ zu berücksichtigen.

Claudia Midolo lernte in ihrer Branche schon Menschen kennen, die sie als „Model-Nomaden“ und „die ganz bösen Fälle“ bezeichnet: „Die gehen zu einer Agentur, lassen sich dort Taschengeld, Flüge und Auslandsaufenthalte vorfinanzieren – und wechseln dann einfach zu einer anderen Agentur.“ Ihr selbst falle es mittlerweile leicht, solche Charaktere frühzeitig zu erkennen. Allerdings sei die Stimmung durch die Corona-Pandemie eine andere, von „schwarzen Schafen“ durchzogene, zudem seien Models durch die sozialen Medien viel leichter zu kontaktieren als dies einst der Fall war: „Dann wird mit Kopfprämien abgeworben, es werden irrationale Versprechungen an junge Menschen gemacht, aber ob die andere Agentur einen besseren Job macht, spielt zunächst keine Rolle“, sagt Midolo. Ihre Zeit und Mühe investiere sie aber ohnehin lieber in Models, die ihre Arbeit und Unterstützung schätzen, denn auch Kunden würden zwielichtige Gestalten unangenehm auffallen – und dann schnell weg sein.

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