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#Unter der Protektion des Führers

Unter der Protektion des Führers

Beim Schreiben von Biographien ist oft Bewunderung im Spiel. In manchen Fällen steht am Ende keine ausgewogene Lebensbeschreibung, man spricht dann gern von einer Hagiographie. Was aber wäre das Gegenteil einer solchen „Heiligschreibung“? Während man noch über einen denkbaren Gattungsbegriff nachdenkt – Damnatographie vielleicht? –, kann man in einem neuen Buch über Leni Riefenstahl schon einmal ein herausragendes Beispiel studieren.

Über die 2003 im hohen Alter von 101 Jahren verstorbene Filmemacherin und Fotografin gibt es bereits eine ganze Reihe von Lebensdarstellungen, denn eine Frau, die auf Anweisung von Hitler einen „Sonderfilmtrupp“ einrichten durfte und die nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft noch sechzig Jahre Zeit bekam, an ihrem Mythos zu stricken, ist für die Forschung nun einmal eine Herausforderung – und für das Publikum eine Figur, auf die man alle möglichen Projektionen richten konnte. Zum Beispiel jene einer weiblichen Unschuld, die sich von männlicher Herrschaft korrumpieren ließ, dabei aber ihr Genie doch irgendwie intakt hielt. Auch wenn sie es in Filmen wie „Triumph des Willens“ oder „Olympia“ erwies, also mit Propaganda für die Nationalsozialisten.

Zwei Schlüsselszenen

In jedem Fall wurde Riefenstahl in der Nachkriegszeit zu einer Art Popstar, und man kann wahrscheinlich froh sein, dass aus keinem der verschiedenen Filmprojekte über sie bisher etwas wurde. Spätestens mit dem nun erschienenen Buch von Nina Gladitz wären wohl auch verwegenere Drehbuchentwürfe als naiv und unausgegoren einzuschätzen. Denn in der Regel geht es bei Vorstellungen und Darstellungen von Riefenstahl doch immer um einen Konflikt zwischen Individuum und System. Nina Gladitz aber geht mit ihrer starken These, die der Untertitel ihres Buchs, „Karriere einer Täterin“, schon erkennen lässt, aufs Ganze: Leni Riefenstahl machte sich das NS-System mit seinen untereinander eifersüchtig wetteifernden Protagonisten von Hitler über Goebbels und Himmler bis zu Streicher virtuos gefügig und handelte bis zum Ende ganz in dessen Sinn, auch in ihrer Unterstützung der „Endlösung“. Von Auschwitz wollte sie später nie etwas gewusst haben.

Nina Gladitz: „Leni Riefenstahl“. Karriere einer Täterin.


Nina Gladitz: „Leni Riefenstahl“. Karriere einer Täterin.
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Bild: Orell Füssli Verlag

Es gibt zwei Schlüsselszenen für diese in hohem Maß streitbare Darstellung. Die erste liegt in einer persönlichen Begegnung von Nina Gladitz mit Leni Riefenstahl im Jahr 1984 – vor einem Gericht. Gladitz war damals eine junge Filmemacherin, die für den WDR eine Dokumentation mit dem Titel „Zeit des Schweigens und der Dunkelheit“ gedreht hatte.

Eine spezifische Dynamik

In ihm zeigte sie auf, dass Riefenstahl für ihren Film „Tiefland“ Komparsen aus der verfolgten Minderheit der Sinti und Roma eingesetzt hatte, die nicht bezahlt worden waren und schließlich fast alle in Lagern getötet wurden. Gegen diese Behauptungen klagte Riefenstahl, bekam aber in der Mehrzahl der Punkte nicht recht. Die zweite Schlüsselszene wird von Gladitz in ihrem Buch dokumentiert. 1934 findet beim bereits nazifizierten, aber noch weitgehend nach klassischen Kinologiken funktionierenden deutschen Filmkonzern Ufa eine Sitzung statt, in der über ein Filmprojekt von Leni Riefenstahl abschlägig befunden wird: Ihr Plan, die Oper „Tiefland“ von Eugen d’Albert zu verfilmen, kommt „nicht in Betracht … soweit möglich soll versucht werden, für Fräulein Riefenstahl ein anderweitiges, ihren Fähigkeiten entsprechendes künstlerisches Betätigungsfeld zu finden“, heißt es in dem entsprechenden Protokoll.

Zu diesem Zeitpunkt war Riefenstahl als Schauspielerin vor allem aus Berg- und Abenteuerfilmen bekannt und durch „Der Sieg des Glaubens“ (1933), ihren ersten Parteitagsfilm, zu dem sie von Goebbels beauftragt worden war. Dass ihr das Kino-Establishment in diesem Moment das Misstrauen aussprach, erwies sich als wenig wirksam, verlieh ihrer Karriere aber eine spezifische Dynamik: Sie arbeitete nun vorwiegend unter direkter Protektion des Führers. Und „Tiefland“, ihr einziges Spielfilmprojekt, das nach einer langwierigen Produktionsgeschichte erst 1954 herauskam, wird für Gladitz zu ihrem zentralen Werk, zum „gemeinsamen Traumprojekt“ mit Adolf Hitler.

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