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#Gepflegter Erbstreit unter Palmen

„Gepflegter Erbstreit unter Palmen“

Ein wenig fühlt sich jede Rückkehr nach Downton Abbey an wie ein Besuch bei den alten Großeltern. Früher war man in den Ferien immer hier, jetzt nur noch selten. Man hat beste Erinnerungen, auch wenn es manchmal knirschte. Alle haben sich in ihren Macken eingerichtet, und man betrachtet sie mit Nachsicht. Es ist immer noch schön, und man genießt es, solange es noch möglich ist, vielleicht ist es ja das letzte Mal.

Nun aber: die vertraute Titelmusik, die vertrauten Räume, alle sind ein wenig älter geworden, aber wunderbarerweise immer noch da, niemand fehlt. Allein das ist ein kleines Wunder nach sechs Staffeln und zwei Filmen. Julian Fellowes hat das Drehbuch geschrieben. Alle Darsteller wurden durchgeimpft und haben miteinander im großen Ensemble gedreht, als gäbe es kein Covid. Nur die Veröffentlichung wurde verschoben, von Weihnachten auf Frühjahr. Aber das passt erstaunlich gut.

Herumdösen in Rattansesseln

Denn beinahe wäre aus diesem Film eine heitere Sommerkomödie geworden. Schließlich fährt ein Großteil der Familie samt dem nötigsten Dutzend Bediensteten nach Südfrankreich, wo Großmutter Violet (Maggie Smith, zur unserer Freude mit so vielen bissigen Bemerkungen wie lange nicht) von einem einstigen Verehrer eine cremeweiße Villa auf einem pinienbestandenen Hügel direkt am Meer übereignet wurde. Dort glitzert das Wasser, wenn Tom Branson (Allen Leech) und seine Lucy (Tuppence Middleton) frisch verheiratet herumpoussieren, weil Tom endlich über den Verlust von Lady Sibyl hinweggekommen ist, im Gegensatz zu uns, aber es sei ihm gegönnt. Auch Sorgenkind Lady Edith (Laura Carmichael) ist endlich reich, glücklich und voller Schaffensdrang. Wir befinden uns grob um das Jahr 1928 herum, es wird in cremefarbener Kleidung Tennis gespielt, im Leinenanzug flaniert, und es gibt reichlich Gelegenheit für nachmittägliches Herumdösen in Rattansesseln unter Palmen.

Alles in allem also ein hervorragender Hintergrund für ein paar gepflegte Erbstreitigkeiten und die Aufdeckung des ein oder anderen Familiengeheimnisses. Der guten Violet trauen wir nach der Sache mit dem Russen in Sankt Petersburg ja wirklich alles zu, und ihr Sohn Robert Crawley (Hugh Bonneville) tut das ebenso. Wie das Entsetzen über die Umtriebe der eigenen Mutter seine Grundfesten erschüttert, ist außerdem ziemlich vergnüglich anzuschauen.

Während also Lord, Lady, Tochter, Schwiegersohn, Tante, Butler et cetera mit großem Gepäck den Kanal überqueren, wird aus dem Anwesen Downton Abbey in einer hübsch ironischen Wendung das, was es heute ist, nämlich eine Filmkulisse. Auch wenn sich Lord Grantham noch so sehr dagegen sträubt, dass die Bibliothek temporär zum Spielcasino umgewidmet werden soll – durch das Geld des Produzenten kann endlich das marode Dach repariert werden.

Tochter Mary (Michelle Dockery) verspricht, vor Ort die Stellung und die Filmleute in Schach zu halten. Sie hat ohnehin nichts Besseres zu tun, weil ihr zweiter Ehemann mit seinem Auto irgendwo bei Istanbul herumkutschiert, ab und zu ein mageres Postkärtchen schreibt und ansonsten darauf besteht, Abenteuer absolvieren zu müssen.

Myrna kann keine „Talkies“

Am Ende hält Mary noch viel mehr als nur die Stellung im Haus, nämlich die ganze Filmproduktion zusammen, die nicht nur unter den Launen des kapriziösen weiblichen Stars Myrna Dalgleish (Laura Haddock) leidet, sondern auch darunter, dass Stummfilme an der Kinokasse inzwischen kein Geld mehr einbringen. Die Sache wird eilig zum „Talkie“ umgewidmet, also zum Tonfilm, was beinahe wieder am weiblichen Star scheitert, denn diese hübsch anzusehende Myrna kann leider überhaupt nicht sprechen.

Hält nach Kräften den Laden auf, sieht aber gut dabei aus: Filmstar Myrna Dalgleish (Laura Haddock).


Hält nach Kräften den Laden auf, sieht aber gut dabei aus: Filmstar Myrna Dalgleish (Laura Haddock).
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Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Wir haben es also mit einer Art „My Fair Lady“-Ausgangssituation zu tun, die mangels eines verfügbaren Linguistikprofessors dadurch gelöst wird, dass Mary mit ihrer gepflegten Upperclass-Stimme einspringt und Myrna synchronisiert. So ist das ganze Adelsbrimborium also doch noch zu etwas nutze. Das riesige Haus dafür, um einen Anschein von stilvoller Pracht in einem Produkt der Unterhaltungsindustrie zu verkörpern, und Schliff und Erziehung der höheren Tochter, um als Tonkonserve gut zu klingen. Auch wenn die gesellschaftliche Bedeutung der Gentry schwindet, die Aura ist noch da und lässt sich einträglich vermarkten.

Und wie das bei Besuchen bei den Großeltern so ist, will man ja immer wissen, was aus diesem und jenem geworden ist. Auch da hält uns der Film bestens auf dem Laufenden. Butler Thomas Barrow bekommt endlich ein Happy End. Daisy verkuppelt ihre Chefin, die Köchin Mrs. Patmore. Der ehemalige Bedienstete und jetzige Dorfschullehrer, der kluge, aber etwas spröde Mister Molesley (Kevin Doyle), bekommt nicht nur endlich eine Art Antrag um die Hand seiner Angebeteten Phyllis zustande, sondern auch eine der mit Abstand komischsten Szenen im Film.

Fast wäre es also eine heitere Sommerkomödie geworden, aber der Titel „Das Ende einer Ära“ lässt erahnen, dass hier ein Kapitel geschlossen und ein neues geöffnet wird, auch personell. Ja, wir werden Abschied nehmen müssen von einer Figur. Ja, es ist traurig, aber auch würdevoll. Und wenn es das jetzt gewesen ist mit unseren Freunden von Down­ton Abbey, dann ist dieser Film ein guter Abschluss, der einen getröstet in eine Welt ohne diese so vertrauten Figuren entlässt. Getrösteter jedenfalls, als es der erste, leider etwas unrunde Film getan hätte. Am allerbesten aber wäre es natürlich, wenn wir erführen, wie es mit Marys etwas trostloser zweiter Ehe weiterginge. Denn wenn eine Ära endet, beginnt schließlich eine neue.

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