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#Wie Lungenkrebs bei Nichtrauchern entsteht

Wie Lungenkrebs bei Nichtrauchern entsteht

Rauchen ist die wichtigste Ursache für Lungenkrebs und die meisten Untersuchungen zu Lungentumoren basieren auf Proben, die von Rauchern entnommen wurden. Doch auch Menschen, die niemals geraucht haben, können an Lungenkrebs erkranken. Eine Studie zeigt nun, dass bei ihnen andere Mutationsmuster zugrunde liegen als bei Rauchern. Demnach sind bei Nichtrauchern drei Subtypen verbreitet, die sich unterschiedlich entwickeln und verschiedene genetische Signaturen aufweisen. Die Ergebnisse könnten zukünftig zu einer individuelleren Krebsbehandlung beitragen.

Lungenkrebs ist weltweit die häufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle. Pro Jahr gibt es mehr als zwei Millionen Neuerkrankte. Die meisten von ihnen haben Tabak geraucht. Zehn bis 25 Prozent der Betroffenen haben allerdings niemals geraucht. Bekannt ist, dass Lungenkrebs bei Nichtrauchern häufiger bei Frauen auftritt und typischerweise in einem jüngeren Alter als Lungenkrebs bei Rauchern. Die Ursachen dafür sind bislang noch nicht vollständig geklärt. Umweltbedingte Risikofaktoren wie Passivrauchen, Radon, Luftverschmutzung und Asbest oder frühere Lungenerkrankungen können zwar einige Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern erklären, aber in der Mehrzahl der Fälle war die Ursache unklar.

Tumorursachen auf der Spur

Ein Team um Tongwu Zhang vom US-amerikanischen National Cancer Institute in Bethesda ist nun den Ursachen von Lungenkrebs bei Nichtrauchern auf den Grund gegangen. Dazu untersuchten die Forscher Proben von 232 Patienten mit Lungenkrebs, die niemals in ihrem Leben geraucht haben. Die Proben wurden entnommen, bevor die Patienten eine Behandlung begannen. Zhang und seine Kollegen analysierten sogenannte Mutationssignaturen, also spezifische Mutationsmuster im Erbgut der Krebszellen, deren Ursprünge sich auf bestimmte Auslöser zurückführen lassen. Gehen die Mutationen beispielsweise auf natürliche Vorgänge im Körper zurück, etwa fehlerhafte DNA-Reparatur oder oxidativen Stress, haben sie eine andere genetische Signatur als wenn sie durch Karzinogene ausgelöst wurden. Auf diese Weise geben Mutationssignaturen Hinweise auf die Ursache der Krebsentstehung.

„Wir haben festgestellt, dass es verschiedene Subtypen von Lungenkrebs bei Nichtrauchern gibt, die unterschiedliche molekulare Merkmale und Entwicklungsprozesse aufweisen und sich deutlich von typischen Lungentumoren bei Rauchern unterscheiden“, berichtet Zhangs Kollegin Maria Teresa Landi. Während bei Raucher-Tumoren üblicherweise der Einfluss des Karzinogens Tabak zu erkennen ist, deuten die Mutationssignaturen bei Nichtrauchern der Analyse zufolge überwiegend auf Schäden durch körpereigene Prozesse hin. Bei fast der Hälfte der Tumoren stellten die Forscher eine Signatur fest, die auf Schäden durch oxidativen Stress hindeutet.

Unterschiedliche Mutationen

Durchschnittlich war die Mutationslast in den Tumoren von Nichtrauchern siebenmal niedriger als bei Rauchern. Anhand der Anzahl von genomischen Veränderungen teilten die Forscher die Lungentumoren bei Nichtrauchern in drei Subtypen ein, die sie in Anlehnung an musikalische Lautstärkeangaben benannten. Fast die Hälfte aller Nichtraucher-Lungentumoren zählt demnach zum Piano-Subtyp. Dieser weist nur wenige Mutationen auf und wächst sehr langsam. In vielen Fällen ist hier das Gen UBA1 verändert, das an der Reparatur von DNA-Schäden beteiligt ist. Da der Piano-Subtyp jedoch eine Vielzahl verschiedener Treibermutationen aufweisen kann, ist er schwierig zu behandeln.

Der Mezzo-Forte-Subtyp kennzeichnet sich durch spezifische Chromosomenveränderungen und weist in mehr als der Hälfte der Fälle Mutationen im Wachstumsfaktor-Rezeptor-Gen EGFR auf, das zu einem schnelleren Tumorwachstum führt. Bei vergleichbaren Rauchertumoren kommt diese Mutation nur bei knapp jedem Zehnten vor. Der ebenfalls schnell wachsende Forte-Subtyp, der bei etwa jedem fünften Nichtraucher auftrat, weist eine Verdoppelung des gesamten Genoms auf – eine Veränderung, die bei Rauchertumoren deutlich häufiger vorkommt, in mehr als jedem zweiten Fall.

Gezieltere Behandlungen für Nichtraucher

Mutationssignaturen, die mit einer direkten Exposition gegenüber Tabakrauch in Verbindung gebracht werden, fanden die Forscher jedoch bei keinem der untersuchten Nichtraucher. Das galt auch für 62 Probanden, die angaben, in ihrem Leben Passivrauchen ausgesetzt gewesen zu sein. Ob das Passivrauchen hier allerdings tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle für die Erkrankung gespielt hat, lässt sich aufgrund der geringen Stichprobengröße und der sehr unterschiedlichen Exposition der Probanden nicht mit Sicherheit sagen. „Wir brauchen eine größere Stichprobe mit detaillierten Informationen über die Exposition, um die Auswirkungen des Passivrauchens auf die Entwicklung von Lungenkrebs bei Nichtrauchern wirklich zu untersuchen“, sagt Landi.

Die Ergebnisse der Studie könnten dazu beitragen, Lungenkrebs bei Nichtrauchern zukünftig gezielter behandeln zu können. „Für die unterschiedlichen Subtypen, die wir unterscheiden, gibt es möglicherweise unterschiedliche Ansätze zu Vorbeugung und Behandlung“, so Landi. So könnte der langsam wachsende Piano-Subtyp den Ärzten eine Chance geben, Vorläuferzellen dieser Tumore frühzeitig zu entdecken und zu behandeln. Die Mezzo-Forte- und Forte-Subtypen dagegen weisen nur einige wenige Haupttreibermutationen auf, sodass die Patienten besonders von darauf zugeschnittenen Chemotherapien profitieren könnten. In zukünftigen Studien wollen die Forscher ihre Ergebnisse an größeren Patientengruppen überprüfen und vertiefen.

Quelle: Tongwu Zhang (National Cancer Institute, Bethesda, USA) et al., Nature Genetics, doi: 10.1038/s41588-021-00920-0

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