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#Versöhnen sich die Araber mit dem Regime von al-Assad?

Versöhnen sich die Araber mit dem Regime von al-Assad?

Es war ein symbolträchtiger Besuch: eine Delegation aus Saudi-Arabien zu Gast in Syrien. Eine offizielle Erklärung gab es aus Damaskus und Riad nicht. Wohl aber übereinstimmende inoffizielle Bestätigungen, dass die Berichte zustimmen, laut denen es am Montag ranghohe Kontakte zwischen beiden Ländern gab. Demnach wurde die saudische Delegation angeführt von Geheimdienstchef General Khaled Humaidan; sie traf den mächtigen syrischen Geheimdienstchef Ali Mamluk und – so berichtete es die arabische Zeitung Rai al-Yaum unter Berufung auf diplomatische Quellen – auch Präsident Baschar al-Assad.

Thema sei unter anderem die Wiedereröffnung der saudischen Botschaft in Damaskus gewesen. Unmittelbar nach dem Fest zum Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan solle es einen weiteren Besuch geben, um die Normalisierung der Beziehungen voranzutreiben.

Für Muhammad Bin Salman hat der Syrien-Konflikt keine Priorität

Der Zeitpunkt des Rapprochements mag unerwartet sein, aber überraschend sei der saudisch-syrische Vorstoß nicht, heißt es von Diplomaten. Schon seit längerem bahnt sich eine Annäherung an. Im März hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow im Zuge einer Reise in die Golfregion noch einmal für eine Normalisierung der Beziehungen zum Regime in Damaskus geworben.

Und eine Herzensangelegenheit ist der Syrienkonflikt für Saudi-Arabien längst nicht mehr. Er rangiert auf der Liste der drängenden Themen für die saudische Politik seit Jahren nicht mehr auf den Spitzenplätzen. Kronprinz Muhammad Bin Salman, der starke Mann im Königreich, sendet jetzt die Botschaft aus, er wolle sich nicht weiter in einen Konflikt verwickeln, der auf seinen Vater, König Salman, zurückgeht.

Das Königreich hatte in den ersten Jahren des Aufstands gegen al-Assad islamistische Rebellengruppen in Syrien gefördert und aufgerüstet. Aber als sich mit dem Kriegseintritt Russlands im Herbst 2015 und angesichts massiver iranischer Waffenhilfe abzeichnete, dass al-Assad seine Herrschaft verteidigt, ging das saudische Engagement in Syrien zurück.

Beobachter sehen hinter der Annäherung den Versuch Riads, in Damaskus wieder einen Fuß in die Tür zu bekommen und ein paar blinde Flecken in der Geheimdienstzusammenarbeit zu entfernen. Diese dürfte sich rasch verstärken. Dass al-Assad, dessen Regime händeringend Geld braucht, jetzt aber auf üppige Zuwendungen oder Investitionen vom Golf setzen kann, wird indes bezweifelt. Allein schon wegen der amerikanischen und europäischen Sanktionen gegen das Regime. Daran, dass eine Botschaftseröffnung tatsächlich schon kurz nach dem Ende des Ramadans ins Werk gesetzt wird, herrschen ebenfalls noch leise Zweifel. Dass sie kommt, gilt indes als ausgemacht.

Saudi-Arabien will im Zentrum der arabischen Politik stehen

„Saudi-Arabien schert in den arabischen Mainstream ein“, sagt ein Diplomat. Das entspreche auch dem Wunsch der Führung, in jedweder Angelegenheit im Zentrum der arabischen Politik zu stehen. Und es gibt einige arabische Mächte, die nicht wollen, dass das „arabische“ Syrien nichtarabischen Akteuren wie Russland, der Türkei oder Iran überlassen wird.

Dazu gehören nicht zuletzt die als Regionalmacht aufstrebenden Vereinigten Arabischen Emirate, die einen regionalen Dauermachtkampf mit der Türkei führen. Die Führung in Abu Dhabi, der wichtigste regionale Verbündete Saudi-Arabiens, hat schon eine Botschaft in Damaskus eröffnet, wo zwar noch kein Botschafter, aber ein emiratischer Diplomat als Geschäftsträger arbeitet. Oman hat seit 2020 wieder einen Botschafter in Damaskus. Das ägyptische Regime wirbt für eine Normalisierung der Beziehungen der arabischen Länder zu Damaskus. Die Zeitung Al-Sharq al-Awsat berichtete vergangenen Monat von einem geplanten ägyptisch-irakisch-jordanischen Treffen, das sich um die Reintegration Syriens in die Region drehen soll.

Es wird erwartet, dass das Al-Assad-Regime nach etwa zehn Jahren wieder in die Arabische Liga aufgenommen wird. Damaskus war im November 2011 aus der – dysfunktionalen und weitgehend zahnlosen – Organisation ausgeschlossen worden. Widerstand ist nicht zu erwarten. Aus Qatar, das die syrische Suspendierung seinerzeit maßgeblich betrieben hatte, kamen Signale, man werde dem nicht im Weg stehen. Auch für die Regierung in Doha ist Syrien längst nicht mehr wichtig genug, um dafür die jüngste Annäherung im Streit mit den großen Bruderstaaten am Golf zu aufs Spiel zu setzen.

Eine politische Öffnung steht unter al-Assad nicht bevor

Die konkreten Auswirkungen der arabischen Annäherung an al-Assad dürften sich in Grenzen halten. Aber das syrische Regime kann sich über die symbolische Kraft freuen. Die arabischen Staaten machen deutlich, dass die Zeiten vorbei sind, in denen sie bereit sind, Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit – wie unter anderem Giftgaseinsatz gegen Zivilisten – zu sanktionieren. Millionen von Flüchtlingen, die wegen al-Assad vor einer Rückkehr nach Syrien zurückschrecken, wird noch einmal deutlich gemacht, dass sie immer mehr auf sich allein gestellt sind.

Gleiches gilt für die Gegner des syrischen Machthabers. Die Annäherung steht auch der westlichen Linie entgegen, die einen glaubwürdigen politischen Prozess und eine Verhaltensänderung des Regimes als Bedingung dafür stellt.

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Wie weit dieser politische Prozess entfernt ist, zeigt nicht zuletzt die Präsidentenwahl, die am 26. Mai in Syrien stattfinden soll. Diesen Termin zu halten war einer der Gründe, aus denen das Regime alle Verhandlungen hintertrieben hat. Dass al-Assad die Scheinwahl mit einem Ergebnis nahe an der Einstimmigkeit gewinnt, steht schon jetzt fest. Der ägyptische Außenminister Sameh Shoukry war sich indes nicht zu schade dafür, im April an der Seite Sergej Lawrows zu verkünden, die Syrer hätten im Mai die Gelegenheit, „ihre Zukunft zu bestimmen“ und „eine Regierung, die sie repräsentiert“.

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