#Versteckte Gletscher-Eisverluste aufgedeckt
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Sie recken ihre „eisigen Zungen“ teils unterhalb der Wasseroberfläche in Seen hinein. Wie stark dieser unsichtbare Eisanteil von Gletschern schwindet, wurde bisher offenbar unterschätzt, geht aus einer Studie an Eisriesen im Himalaya hervor. Bei den in Seen mündenden Gletschern ist der durchschnittliche Masseverlust demnach bis zu 6,5 Prozent größer als bisher angenommen. In anderen Weltregionen könnte dies ähnlich sein. Dieses Ergebnis hat Bedeutung für Vorhersagen des weiteren Gletscherschwundes sowie für die Einschätzung von Wasserressourcen und der Gefahr von Dammbrüchen, sagen die Wissenschaftler.
Der warme Hauch des Klimawandels nagt alarmierend an den weltweiten Eismassen. Besonders deutlich wird dies am Rückzug der Gletscher in den Gebirgen der Erde. Die Eisriesen zeigen aber nicht nur den Erwärmungstrend an, sie haben auch eine wichtige Bedeutung als Wasserspeicher in den Bergregionen und ihre Veränderungen erhöhen zudem die Gefahr von Geröllfluten und anderen Naturkatastrophen in den Tälern. Bei einigen Gletschern gibt es allerdings einen Aspekt, der es erschwert, ihre Veränderungen im Zuge des Klimawandels einzuschätzen: Ihre Eismassen münden in Seen.
Gletscher mit Seen im Visier
Dies ist vor allem im Himalaya-Gebiet der Fall: Dort gibt es mehr als 5000 Gletscherseen. Wie stark das Eis der in Seen mündenden Gletscher schwindet, war bisher schwer einzuschätzen. Denn die Veränderungen der Seen wurden bisher nicht ausreichend detailliert erfasst und zudem kann sich ein erheblicher Teil des Eiskörpers unter der Wasseroberfläche befinden und dadurch nicht durch Satellitenaufnahmen erfasst werden. Deshalb gab es bisher nur ungenaue Schätzungen zum Eismassenverlust der Gletscher mit Seen.
Um für mehr Informationen zu sorgen, hat das internationale Forscherteam nun das Himalaya-Gebiet genauer ins Visier genommen. Seine Ergebnisse basieren auf der Auswertung von langjährigen Satellitendaten in Kombination mit Vermessungsergebnissen durch Forschungsschiffe im Fall einiger Beispiel-Gletscherseen. Diese sogenannten bathymetrischen Daten lieferten Informationen über die Strukturen vor Ort. „Wir verwendeten multitemporale Satellitendaten und eine empirische Flächen-Volumen-Beziehung, um die Veränderungen von Gletscherseen im gesamten Himalaya-Gebiet abzuschätzen und den subaqualen Massenverlust zu quantifizieren“, schreiben die Forscher.
Durchschnittlich 6,5 Prozent mehr Verlust
Wie das Team berichtet, ergaben die Datenauswertungen: Die Anzahl von Gletschern mit See hat im Himalaya-Gebiet in den Jahren 2000 bis 2020 um rund 47 Prozent zugenommen. Flächenmäßig war eine Ausbreitung der Wasseroberflächen um 33 Prozent zu verzeichnen und ein Volumenzuwachs von 42 Prozent zeichnet sich ab. Was den Verlust an subaquatischem Eis betrifft, errechneten die Forscher etwa 2,7 Gigatonnen an Eismasse, die sich zwischen 2000 and 2020 in Wasser verwandelt hat. Das entspricht in etwa dem Gewicht von 570 Millionen Elefanten. Dieser Aspekt hat offenbar zu den bisherigen Unterschätzungen der gesamten Eisverluste geführt: Sie sind tatsächlich durchschnittlich etwa 6,5 Prozent größer als bisher angenommen. Der Verlust im zentralen Himalaya war sogar zehn Prozent größer als aus vorherigen Analysen hervorgegangen war, berichten die Forscher. An der Spitze steht der Galong See, dessen Verlust an Gletschermasse sogar um 65 Prozent unterschätzt worden war.
„Diese Erkenntnisse haben große Bedeutung für das Verständnis der Auswirkungen auf die regionalen Wasserressourcen und Flutwellen durch ausbrechende Gletscherseen“, sagt Erst-Autor Guoqing Zhang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. „Wenn man den Masseverlust dieser Gletscher erfasst, kann man ihre jährliche Massenbilanz außerdem im Vergleich zu jenen genauer bewerten, die auf normaler Landoberfläche enden. Das zeigt dann den beschleunigten Masseverlust der Gletscher im gesamten Himalaya noch deutlicher“, sagt der Forscher.
Die Studie deutet darauf hin, dass der Schwund von Gletschern, die in Gletscherseen enden, auch global gesehen bislang unterschätzt worden sein könnte. „Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, den subaqualen Massenverlust von Gletschern, die in Seen enden, in zukünftige Massenänderungsschätzungen und Gletscherevolutionsmodelle einzubeziehen, unabhängig von der Untersuchungsregion“, sagt Co-Autor Tobias Bolch von der Technischen Universität Graz.
Für Co-Autor Yao Tandong von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften haben die Studienergebnisse eine besonders große Bedeutung für die Einschätzung von Wasserverfügbarkeiten: „Indem man Massenverluste von Gletschern genauer berechnen kann, sind Forschende besser in der Lage, die zukünftige Verfügbarkeit von Wasserressourcen in den empfindlichen Bergregionen vorherzusagen“, so der Wissenschaftler.
Quelle: Technische Universität Graz, Institute of Tibetan Plateau Research of the Chinese Academy of Sciences. Fachartikel: doi: https://doi.org/10.1038/s41561-023-01150-1
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