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#Vielfalt, Baby!

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Vielfalt, Baby!

Der schöne Duke ist die absolute Sensation auf Lady Danburys Ball. Im London des Regency ist gerade die Paarungszeit angebrochen, die Ballsaison, in der die Töchter der höheren Gesellschaft den Mann fürs Leben suchen, Wohlstand ist gut, Liebe wäre noch besser, zumindest in der Welt der erfolgreichen historischen Romanzen der „Bridgerton“-Reihe von Julia Quinn. Dummerweise ist der Duke bekannt dafür, dass er auf keinen Fall heiraten will, aber die Gastgeberin besteht auf seine Anwesenheit, und weil er ihr viel zu verdanken hat, muss er antanzen. Und als er endlich auftaucht, drehen sich alle nach ihm um, weil er eben sehr gut aussehend und gewissermaßen selten ist.

Harald Staun

Harald Staun

Redakteur im Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Und doch kann man kaum vermeiden, in all den fasziniert staunenden Blicken noch etwas anderes zu sehen: eine Irritation, eine Überraschung, die sich nicht nur aus dem allgemeinen Begehren ergibt. Der Duke ist schwarz; und selbst wenn die anderen Gäste daraus kein großes Thema machen, wenn Hautfarbe oder Race in dieser Serie nie eine Rolle spielen – und Herkunft nur dann, wenn es um die Position in der Adelshierarchie geht –, kann man als Zuschauer die Blackness jenes Duke of Hastings (Regé-Jean Page) nicht ganz so souverän ignorieren wie die Drehbuchfiguren. Und muss deren Blicke doch als Reaktion auf eine Erscheinung deuten, welche im London der frühen 19. Jahrhunderts eher außergewöhnlich gewesen sein dürfte.

Willkommen in der komplizierten Welt des farbenblinden Castings. Im Bemühen um eine angemessene Repräsentation nichtweißer Menschen sieht man heute immer öfter Schauspieler und Schauspielerinnen in Rollen, in denen sie lange nicht vorgesehen waren. Einzelne Fälle solcher Besetzungen gibt es schon lange, es gab schwarze Hamlets und Phantome der Oper, den Ägypter Omar Sharif als Doktor Schiwago, und schon seit John Fords Western „Sergeant Rutledge“ von 1960 spielten auch in Western nicht nur weiße Cowboys mit.

Rassistische Praxis umgekehrt

Auf amerikanischen und britischen Bühnen versteht es sich schon länger nicht mehr von selbst, dass die Darsteller klassischer Figuren so aussehen, wie man es erwarten könnte. Aber auch im Film wurde in den vergangenen Jahren die rassistische Praxis, nichtweiße Rollen von Weißen spielen zu lassen, immer häufiger umgedreht: in „David Copperfield“ (2019) spielte Dev Patel, ein britischer Schauspieler indischer Herkunft, die Hauptrolle, in der britischen Serien-Adaption von Victor Hugos „Les Misérables“ sah man David Oyelowo als Inspektor Javert. Am radikalsten ignorierte dabei zuletzt das Musical „Hamilton“ die Ethnien der historischen Vorbilder, indem dort fast alle Rollen mit sogenannten People of Color besetzt wurden. Warum auch nicht? Würde man ethnische Ähnlichkeit zum Kriterium der Besetzung machen, dürfte kein Deutscher König Lear spielen, keine Russin die Antigone. Aber im Kontext identitätspolitischer Debatten stellt sich heute eben auch die Frage, ob man es sich nicht zu leicht macht, wenn man zu blind dafür ist, wer im Einzelfall wen repräsentiert.

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