Nachrichten

#Putin schenkt Rubljow-Ikone der Kirche

Inhaltsverzeichnis

Am 15. Mai beschloss Russlands Präsident Putin, die wohl berühmteste russische Ikone, die Dreifaltigkeit von Andrej Rubljow, an die russisch-orthodoxe Kirche zurückzugeben. Putins Entscheidung löste in der russischen und internationalen Kunst- und Museumswelt einen Sturm der Entrüstung aus. Das vermutlich um 1411 entstandene Bildwerk Rubljows, auf dem die drei Engel zu sehen sind, die Abraham erschienen, wird für seinen künstlerischen Wert verehrt, nicht hingegen für ihm zugeschrieben Wunder. Seine Pracht ist freilich erst nach dem Oktoberumsturz zutage getreten, als eine Kommission unter der Leitung des Künstlers und Kunsthistorikers Igor Grabar die Ikone von mehreren Schichten späterer Übermalungen reinigte und konservierte. Die Qualität der Malerei, die Harmonie der Figuren und ihre exquisiten, strahlenden Farben gaben damals Anlass zu Spekulationen, die „Dreifaltigkeit” könne das Werk eines italienischen Meisters sein. Auf jeden Fall gilt seither Rubljow als eine Art russischer Giotto. Der ihm gewidmete Film von Andrej Tarkowski von 1966 machte Rubljow zudem in der späteren Sowjetunion zu einem Symbol von Spiritualität in grausamer Zeit und zum Idol der oppositionellen Kultur.

Seit ihrer Reinigung vor fast hundert Jahren wurde die Ikone in der Moskauer Tretjakow-Galerie aufbewahrt, die sie nur während der Evakuation im Zweiten Weltkrieg verließ. Da nach dem Ende des Sowjetregimes die Russisch Orthodoxe Kirche die Rückgabe der von den Bolschewiken verstaatlichten Sakralkunst verlangte – und zumal unter Putin zur ideologischen Stütze des Regimes wurde –, ersann die Tretjakow-Galerie schon früh ein Kompromissmodell: seit den Neunzigerjahren wird die Ikone einmal im Jahr zum Feiertag der Dreifaltigkeit in die dem Museum zugeordnete Nikolai-Kirche gebracht, wurde also Teil eines Gottesdienst und blieb zugleich in der Obhut des Museums.

61 Schäden

Doch seit dem Beginn des An­griffskriegs auf die Ukraine reichte das nicht mehr. Im vergangenen Jahr wurde das fragile Bildwerk trotz Protesten der Konservatoren auf Ersuchen von Patriarch Kirill ins moskaunahe Dreifaltigkeits-Kloster des Heiligen Sergius gebracht, wo sie sich seit dem 16. Jahrhundert befunden hatte. Nach dem dreitägigen Gastspiel stellten Restauratoren 61 Schäden fest. Dennoch hat Putin, aufgrund „zahlreicher Anfragen von Gläubigen“, wie es heißt, das gefährdete Denkmal der Kirche gänzlich übereignet. Die Ikone soll vorübergehend in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau ausgestellt, dann restauriert und an die Dreifaltigkeits-Lawra geschickt werden. Die Kirche verspricht, das Bild mit einer Temperatur und Feuchtigkeit kontrollierenden Hülle zu umgeben. Experten meinen jedoch, der Bau einer Klimavitrine sei in so kurzer Zeit ohne westliche Materialien unmöglich. Während die neue Direktorin der Tretjakow-Galerie, Jelena Proni­tschewa, den Vorgang nicht kommentierte, erklärte allein die auch erst kürzlich berufene Chefin des Puschkin-Kunstmuseums, Jelisaweta Lichatschowa, dass die Übergabe der Ikone mit dem Risiko verbunden sei, dass sie zerfalle und verloren gehe.

Neben der Dreifaltigkeitsikone wurde noch ein weiteres sakrales Museumsobjekt, das die Kirche seit langem beansprucht, ihr übereignet: der gewaltige barocke Silberschrein von Alexander Newski, der eine Reliquie von Putins Lieblingsheiligem enthält. Der mittelalterliche Fürst Alexander Newski gilt als Alliierter der Mongolen und Kämpfer gegen die Kreuzritter seit Jahren als angeblich weitsichtiger Vorläufer von Russlands geopolitischer Wende. Der Direktor der Petersburger Eremitage, Michail Piotrowski, der den Schrein nach langem Kampf aus seinem Museum ins Alexander Newski-Kloster überführen lassen musste, erklärte diesen Schritt mit der „aktuellen geopolitischen Lage”. Dadurch sei der künstlerische Wert eines Denkmals heute weniger wichtig als seine sakrale Bedeutung, sagte Piotrowski nicht ohne Sarkasmus. Der Protodiakon Andrej Kurajew, der innerkirchliche Dissident, dem Patriarch Kirill seinen geistlichen Titel aberkennen ließ, fügte hinzu, die russischen Behörden könnten die Dreifaltigkeitsikone von Rubljow zudem als eine Art Wunderwaffe ansehen und hoffen, dass sie in Zeiten des Mangels an Artilleriegranaten der russischen Armee Beistand leisten werde. Auf den Kunstsachverstand und das Verantwortungsbewusstsein des orthodoxen Klerus für Kulturdenkmäler gibt der Theologe wenig. Kurajew befürchtet, dass das Bildwerk erst in die Tretjakow-Galerie zurückkehren wird, wenn es zerstört ist.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!