#Volkskongress in Peking: Xi zementiert seine Macht
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„Volkskongress in Peking: Xi zementiert seine Macht“
Mit dem Ausscheiden von Ministerpräsident Li Keqiang geht in Peking in dieser Woche endgültig die Ära der Technokraten zu Ende. Gemeinsam mit ihm tritt eine Generation von Spitzenpolitikern ab, die im Wesen als pragmatisch und kompetent geschätzt wurden. Die neue Führungsmannschaft zeichnet sich vor allem durch eines aus: absolute Loyalität gegenüber dem Staats- und Parteichef Xi Jinping. Was den Neuen dagegen fehlt: Erfahrung auf nationaler und internationaler Ebene.
Seine letzten Tage im Amt nutzte Li Keqiang, um in Abschiedsreden vor Mitarbeitern Reformen und die Förderung der Privatwirtschaft anzumahnen. Wer wollte, konnte in seinen Worten Kritik an Xi erkennen. Chinas Internetzensoren ging das zu weit. Sie löschten die Videos der Auftritte jenes Mannes, der offiziell immerhin Chinas zweitmächtigster Politiker ist. Selbst zaghafter oder imaginierter Widerspruch wird in Peking nicht geduldet.
Es gibt Leute, die glauben, dass der mutmaßlich neue Ministerpräsident Li Qiang gerade wegen seiner Loyalität zu Xi jene Beinfreiheit für Reformen haben könnte, die Li Keqiang nie hatte. Xi, so die These, könnte dem Neuen mehr Kompetenzen übertragen, weil er in ihm keinen Rivalen fürchten muss.
Realität und Propaganda verschwimmen
Wahrscheinlich ist das nicht. Eher steht zu befürchten, dass Xi sich mit seinen Gefolgsleuten noch stärker in seiner Wagenburg verschanzen wird. Wer in diesen Tagen in Peking in die Vorzimmer der Macht vorgelassen wird, der erlebt Funktionäre, die die eigene Propaganda nicht mehr von der Realität unterscheiden können.
Nach dem Ende der Null-Covid-Politik vor drei Monaten schien es zunächst, als könne Xi die Zäsur für eine gesichtswahrende Kurskorrektur nutzen. Die Wiederbelebung der Wirtschaft wurde zur Priorität erklärt. Es galt, das Vertrauen internationaler Investoren zurückzugewinnen und Chinas Außenbeziehungen zu stabilisieren. Die Führung sandte Signale der Öffnung und der Mäßigung. Emissäre sollten in Europa, Australien und Japan Gesprächsfäden wiederaufnehmen, die während Chinas dreijähriger Selbstisolation gerissen waren.
Enge Bindung an Moskau
Doch vieles davon hat sich als taktisches Manöver erwiesen. Xi selbst sprach von „taktischer Flexibilität“, die nicht vom Kurs ablenken dürfe. Der ist aus seiner Sicht der Systemwettkampf mit den Vereinigten Staaten. In seinen Worten klingt das so: „Die Geschichte hat gezeigt, dass du überleben wirst, wenn du Sicherheit durch Kampf suchst. Wenn du Sicherheit durch Schwäche und Zugeständnisse suchst, wirst du untergehen.“
Wer gehofft hatte, dass Peking auf Distanz zu dem russischen Kriegsverbrecher Putin gehen könnte, um seine Geschäftsbeziehungen mit Europa zu erhalten und nervöse internationale Investoren zu beruhigen, wurde jedenfalls enttäuscht. „Unsinn“ soll Xi Jinping an den Rand einer Analyse der Tsinghua-Universität geschrieben haben, in der vor den Kosten einer zu engen Bindung an Moskau gewarnt wurde.
Xi scheint davon überzeugt, dass er Russland im Großmachtkonflikt mit Amerika und im Falle eines Krieges um Taiwan an seiner Seite braucht. In dem kürzlich veröffentlichten Zwölf-Punkte-Papier für die Ukraine vermischt Peking unverhohlen Friedensrhetorik mit russischen Positionen. Das Bekenntnis zum Schutz der territorialen Integrität aller Staaten, einst ein Grundpfeiler der Außenpolitik, gilt nur noch dort, wo es Pekings Interessen dient. In seinem Vokabular ist der völkerrechtliche Begriff zur Chiffre für Chinas Anspruch auf Taiwan geworden.
Sorgen um die Sicherheit
Das Geld für Xis Kampf wird in Peking allerdings knapper. Die alternde Gesellschaft erzwingt höhere Ausgaben für das Gesundheitssystem. Wegen der Immobilienkrise gehen die Einnahmen der Lokalregierungen zurück. Die Bevölkerung konsumiert nicht, wie sie soll, weil Xis Abkehr von der Null-Covid-Politik Vertrauen zerstört hat. Einer Führung, die heute dies und morgen dessen Gegenteil behauptet, traut man keine Verlässlichkeit mehr zu. Das Verschwinden des Investmentbankers Bao Fan nährt die Sorgen der Oberschicht um die eigene Sicherheit.
Das hält den Staats- und Parteichef nicht davon ab, schon den nächsten großen Wurf zu wagen: eine Restrukturierung der Strukturen von Partei und Staat. Xi will noch mehr Macht in seinen Händen konzentrieren und den Einfluss der Partei ausbauen. Wie zuvor mit seiner Corona-Politik und Antikorruptionskampagne hält er damit den ganzen Apparat auf Trab. Das hat Kalkül: Nirgendwo sollen sich Machtzirkel bilden, die sich gegen ihn wenden könnten.
Bisher ist die Strategie aufgegangen. Trotz aller Wut über das zeitweilige Chaos und die Zustände in den Krankenhäusern, trotz der wohl mehr als eine Million Corona-Toten, der Proteste und der hohen Jugendarbeitslosigkeit: Nichts deutet darauf hin, dass Xi geschwächt ist.
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