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#Von 400.000 neuen Wohnungen spricht keiner mehr

In den vergangenen Wochen wurde unter Wohnungspolitikern vor allem über eines diskutiert: die Vorgaben zum Heizen mit erneuerbaren Energien, die ab 2024 gelten sollen. Am Donnerstag versuchte ein Bündnis mehrerer Wohnungs- und Sozialverbände sowie der Baugewerkschaft, den Blick wieder auf die Neubauziele der Bundesregierung zu lenken – darauf, wie man dem von der Ampelkoalition ausgegebenen Ziel von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr zumindest wieder etwas näher kommen könnte als aktuell.

„Das ganze System Wohnungsbau steht vor einer Krise“, sagte Dietmar Walberg, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE), auf dem Wohnungsbautag in Berlin. Eine Studie des Bauforschungsinstituts kommt zu dem Ergebnis, dass der Bau eines Quadratmeters Wohnfläche in deutschen Großstädten inzwischen im Schnitt knapp 4240 Euro kostet, plus 909 Euro umgelegte Grundstückskosten.

Im frei finanzierten Wohnungsbau laufe dies auf Miethöhen von 17,50 bis 20 Euro kalt je Quadratmeter hinaus. Seit dem Jahr 2000 hätten sich die Baukosten und auch die Nebenkosten mehr als verdoppelt, die Kosten des technischen Ausbaus sogar mehr als vervierfacht. „Wir müssen endlich eine Diskussion über die Standards führen“, sagte Walberg. „Da darf es keine Tabus geben.“

Preisentwicklung im Wohnungsbau und für Bauland

Preisindex 2000 = 100

Ein- und Zweifamilienhäuser

Grafik: jbel. / Quelle: Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V.

Aktuell fehlen schätzungsweise 700.000 Wohnungen

Im Jahr 2021 wurden in Deutschland knapp 293.400 Wohnungen fertiggestellt. Die Zahlen für 2022 veröffentlicht das Statistische Bundesamt erst im Mai. Branchenverbände prophezeien, dass es spätestens im kommenden Jahr einen deutlichen Rückgang geben wird.

Weil sowohl die Baukosten als auch die Zinsen für Immobilienkredite so stark gestiegen seien, könne nicht mehr wirtschaftlich gebaut werden, argumentieren sie. Der Gesamtverband der Wohnungswirtschaft (GdW) erwartete zuletzt, dass ein Drittel der Wohnungen, die 2023 und 2024 fertig werden sollten, nicht mehr gebaut wird. Nach Schätzungen des Pestel-Instituts fehlen aktuell 700.000 Wohnungen in Deutschland. Durch mehr Zuwanderung dürfte sich die Knappheit noch verschärfen.

Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Frühjahr 2022 die staatlichen Zuschüsse für Neubauten zusammenstrich und den zuvor noch geförderten KfW-Standard Effizienzhaus 55 zum neuen verpflichtenden Neubaustandard für alle machte, kam in der Baubranche nicht gut an.

Dirk Salewski, Präsident des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), hält die vielen Vorschriften in den 16 Landesbauordnungen in Deutschland für ein Problem: „Warum ein Baden-Württemberger schneller von der Treppe fällt als ein Hesse, erschließt sich mir nicht.“ Die vorgeschriebene Geländerhöhe unterscheide sich aber um 10 Zentimeter. Lobend erwähnt wurde auf dem Wohnungsbautag der von bayerischen Architekten entwickelte „Gebäudetyp E“, der Grundstandards wie Standsicherheit und Brandschutz erfüllt, aber den Bauherren sonst Freiheit lässt.

Politisch geht der Trend in eine andere Richtung

Politisch geht der Trend bislang in eine andere Richtung. Vielerorts besteht inzwischen die Pflicht, jeden Neubau mit einem Solardach auszustatten. Beliebt sind auch Vorgaben, dass mindestens ein Drittel, teils sogar die Hälfte der Wohnungen in einem Neubau barrierefrei sein muss. Die Bundesregierung will spätestens 2025 den Effizienzhausstandard 40 zur Pflicht für alle Neubauten machen. Der Energiebedarf darf dann nur noch 40 Prozent von dem eines Standardhauses betragen.

Die Verbände fordern als Sofortmaßnahme 50 Milliarden Euro staatliche Unterstützung für den Bau von Sozialwohnungen bis 2025. Für 60.000 Wohnungen mit einer Kaltmiete zwischen 8,50 Euro und 12,50 Euro seien weitere 22 Milliarden Euro notwendig. Die 1,1 Milliarden Euro, die das Bauministerium von Klara Geywitz (SPD) in diesem Jahr für Neubauzuschüsse ausgeben kann, sind schon nahezu ausgeschöpft. Anfang April waren laut einer Mitteilung des Ministeriums an den Bauausschuss schon 685 Millionen Euro ausgezahlt, dabei soll das Programm für Familien erst im Juni starten. Sie spreche mit dem Finanzminister darüber, die Förderung fortzusetzen, sagte Geywitz.

Sie versprach der Branche vor allem mehr Digitalisierung. „Wir haben so viele Vorschriften, da ist es einfacher, wenn der Computer die Prüfung macht.“ Zudem könne das 49-Euro-Ticket das Leben auf dem Land attraktiver machen. 1,7 Millionen Wohnungen stünden dort leer. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zeigte sich offen dafür, Mittel aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) für die Bauindustrie zu nutzen. „Diejenigen, die sonst nicht bauen würden, sollten Unterstützung bekommen.“

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