Wissenschaft

#Menschen-DNA als heikler Beifang

Sogar bei einem Spaziergang barfuß am Strand hinterlassen wir genetische Spuren: Menschliche DNA ist fast überall zu finden, verdeutlicht eine Studie. Das Erbgut kann dadurch auch ungewollt bei Umwelt-DNA-Untersuchungen gesammelt werden, sagen die Wissenschaftler. Die Qualität dieses „humangenetischen Beifangs“ kann dabei Identitätsbestimmungen und andere Rückschlüsse ermöglichen. Da die Sequenzdaten aus Umwelt-DNA-Studien frei zugänglich sein können, stellen sich deshalb datenschutzrechtliche Fragen, sagen die Forscher.

Seit einigen Jahren hat in verschiedene Bereiche der Forschung ein genetisches Verfahren Einzug gehalten: Aus Proben der Umwelt lässt sich Erbgut gewinnen, das anschließend den Ursprungsorganismen zugeordnet werden kann. Das liegt daran, dass in jeder Körperzelle das gesamte Erbgut eines Lebewesens enthalten ist. Über winzige Hautpartikel oder Ausscheidungen kann dadurch genetisches Material von Organismen in ihrer Umwelt zurückbleiben. Durch gentechnische Verfahren kann es mittlerweile sehr effektiv erfasst, sequenziert und analysiert werden.

Umwelt-DNA-Untersuchungen werden bereits erfolgreich genutzt, um Biodiversität auszuloten oder invasive Arten in Lebensräumen nachzuweisen. Anhand genetischer Spuren in Abwasserproben lassen sich außerdem etwa menschliche Krankheitserreger aufspüren und fossile Umwelt-DNA kann Hinweise auf die Lebewesen vergangener Ökosysteme liefern. Die Studie der Forscher um Liam Whitmore von der University of Florida verdeutlicht nun erneut, wie erstaunlich leistungsfähig das Umwelt-DNA-Verfahren ist. Vor allem richtet das Team aber die Aufmerksamkeit auf einen bisher unbeachteten Aspekt mit gesellschaftlicher Relevanz.

Menschliche DNA ist oft dabei

Die Grundlage der Untersuchung bildete ein Forschungsprojekt, das sich der Untersuchung von Meeresschildkröten anhand von Umwelt-DNA widmet. Dabei gewinnen die Forscher ihr Probematerial aus den Spuren der Tiere am Strand. Wie sie berichten, zeichnete sich ab, dass sie dabei auch Erbgut sammeln, das eigentlich nicht in ihrem Fokus steht: menschliche Umwelt-DNA. Daraus entwickelte sich die Frage, welche Bedeutung diesem „humangenetischen Beifang“ zukommen könnte und inwieweit aus dem Material „relevante“ Informationen hervorgehen können. Um diesem Aspekt nachzugehen, machten sich die Forscher gezielt auf die Suche nach menschlicher Umwelt-DNA in Proben von verschiedenen Orten sowie Substanzen und führten zudem experimentelle Untersuchungen durch.

Wie die Wissenschaftler berichten, konnten sie mit den Standard-Methoden der Umwelt-DNA-Forschung hochwertige menschliche DNA in vielen Proben nachweisen, die von unterschiedlichen Orten und aus verschiedenen Kontexten stammten: In Meer- und Flusswasser, verschiedenen Substanzen und der Luft von Räumen stießen sie auf das menschliche Erbgut. Einen Test führten die Forscher sogar auf einer abgelegenen Insel durch. In Proben vom unberührten Sandstrand war keine menschliche DNA zu finden. Aus den Fußabdrücken, die Probanden dort hinterließen, konnte das Team aber problemlos DNA gewinnen und daraus Teile der Genome der Freiwilligen sequenzieren. Dazu hatten die Spurenleger allerdings ausdrücklich ihre Einwilligung erteilt.

„Wir waren während des gesamten Projekts immer wieder überrascht, wie viel menschliche DNA wir finden konnten und welche Qualität sie hat. In den meisten Fällen ist sie fast so gut wie bei der gezielten Entnahme einer Probe von einer Person“, sagt Seniorautor David Duffy von der University of Florida in St. Augustine. Wenn Vergleichsmaterial vorlag, reichte das genetische Material in den Umwelt-DNA-Proben deshalb aus, eine Person zu identifizieren. Es waren sogar weitere Rückschlüsse möglich – etwa auf die Abstammung oder sogar auf Neigungen zu bestimmten Erkrankungen, berichten die Forscher.

Datenschutzrechtliche Bedeutung

Ihnen zufolge wird damit nun eine mögliche datenschutzrechtliche Lücke im Zusammenhang mit Umwelt-DNA-Studien deutlich: „In der Wissenschaft ist es üblich, genetische Sequenzen aus Untersuchungen öffentlich zugänglich zu machen. Das bedeutet somit auch, dass, wenn man die menschlichen Informationen nicht aussortiert, jeder diese Informationen nutzen kann“, sagt Duffy. Im Fall von Umwelt-DNA gibt es allerdings normalerweise keine Einwilligungen der Betroffenen bezüglich des Umgangs mit ihren Erbinformationen, hebt der Forscher hervor.

Dem Team zufolge sollten sich Wissenschaftler und Aufsichtsbehörden deshalb nun mit der Frage befassen, wie man mit den Daten umgehen soll, die aus Quellen wie Abwasser, einer Schaufel Sand oder der Raumluft stammen können. Ein möglicher Ansatz wäre etwa, menschliche Sequenzen gezielt in Datensätzen aufzuspüren und zu entfernen. „Wenn wir einen technologischen Fortschritt machen, gibt es oft nützliche Dinge, für die die Technologie eingesetzt werden kann, aber auch bedenkliche Aspekte. Das ist auch in diesem Fall so. Darauf wollen wir nun frühzeitig aufmerksam machen, damit Entscheidungsträger und die Gesellschaft Zeit haben, Vorschriften zu entwickeln“, sagt Duffy abschließend.

Quelle: University of Florida, Fachartikel: Nature Ecology & Evolution, doi: 10.1038/s41559-023-02056-2

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