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#VW will Führung der Software-Sparte rauswerfen

Vor zwei Wochen stand er noch in Schanghai auf der Bühne, um vor Besuchern der größten Automesse der Welt über Software-Entwicklung für den chinesischen Markt zu reden. Aber jetzt ist ist klar: Die Tage von Dirk Hilgenberg als Chef der Volkswagen-Tochtergesellschaft Cariad sind gezählt. Wie aus informierten Kreisen zu vernehmen ist, will der VW-Vorstandsvorsitzende Oliver Blume den 58 Jahre alten Software-Manager absetzen. Auch für seine amtierende Führungsmannschaft wird es eng.

Der Software-Streit in Wolfsburg nimmt damit wieder Fahrt auf, nachdem Probleme in der Entwicklung neuer IT-Systeme für Fahrzeuge den Konzern im vergangenen Jahr in eine Führungskrise gestürzt hatten. Nach Informationen der F.A.Z. ist geplant, dass der Cariad-Aufsichtsrat auf seiner Sitzung am kommenden Donnerstag, einen Tag nach der Hauptversammlung des VW-Konzerns, über die Abberufung Hilgenbergs entscheidet.

In der Kritik sind neben Hilgenberg auch Technikchefin Lynn Longo und Finanzchef Thomas Sedran. Auch ihre Posten wackeln. Nicht zur Diskussion steht dagegen offenbar Personalchef Rainer Zugehör, der entscheidend im hart umkämpften Markt der Entwicklungsingenieure ist und zudem das Vertrauen der einflussreichen IG Metall hat. Das Nachrichtenportal „Business Insider“ spekuliert hingegen auf die Abberufung des gesamten Vorstands der Software-Sparte.

VW-Chef Blume hatte nach seinem Amtsantritt im September angekündigt, die Ausrichtung von Cariad prüfen zu wollen. Nach einer Galgenfrist für Hilgenberg hat sich nun offenbar die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein harter Schnitt nötig ist. Der Eingriff kommt in Wolfsburg einem Beben gleich. Denn Cariad sollte ursprünglich als zentrale Einheit die gesamte Software-Architektur der nächsten Modellgenerationen im Konzern entwickeln. Mit dem Rauswurf des Top-Managements tritt der Bedeutungsverlust jetzt offen zutage.

An der Spitze der Problemsparte: Cariad-Chef Dirk Hilgenberg


An der Spitze der Problemsparte: Cariad-Chef Dirk Hilgenberg
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Bild: Cariad

Der Schritt kommt vor allem auf Druck der Marken Audi und Porsche zustande, die die Probleme von Cariad schon länger kritisieren. Ein komplettes Aus der Einheit, über das zwischenzeitlich schon spekuliert worden war, steht aber offenbar nicht bevor. „Würde Cariad dicht gemacht, bekämen wir in den nächsten anderthalb Jahren keine Autos auf die Straße“, sagt ein Manager aus dem Umfeld des Konzerns. Zu eng sei Cariad in den Entwicklungsprozess der Marken verwoben. Klar ist aber, dass vom ursprünglichen Plan einer sehr starken Zentraleinheit wenig übrig bleibt und die Marken wieder die Macht über die Software-Entwicklung übernehmen.

Vom VW-Konzern heißt es, man habe immer betont, an Cariad festhalten zu wollen. „Für den Volkswagen-Konzern ist und bleibt der Ausbau unserer Software-Kompetenz eine wichtige Komponente für die Attraktivität unserer Produkte.“ Ein Sprecher verweist unter anderem auf den 10-Punkte-Plan, mit dem Blume den VW-Konzern effizienter machen will. „In diesem Zuge haben wir bereits Entscheidungen getroffen und zum Beispiel die Softwarearchitekturen zeitlich geordnet.“ Beschlüsse zu personellen Änderungen habe man nicht gefasst.

Software-Probleme belasten Konzern

Cariad-Chef Hilgenberg hatte einst für BMW gearbeitet. Er war unter Ex-VW-Boss Herbert Diess zum Wolfsburger Konzern gekommen und hatte die Sparte in der heutigen Form aufgebaut. Zu Beginn waren die Hoffnungen groß. Doch dann verstrickte sich Cariad in immer neuen technischen Problemen und warf ganze Fahrzeuganläufe aus der Spur. Betroffen sind unter anderem wichtige Modelle wie der Audi Q6 E-tron und der voll-elektrische Porsche Macan, die in diesem Jahr mit massiver Verspätung auf den Markt kommen sollen.

Im Management der Marken Porsche und Audi war daher im Laufe der vergangenen zwei Jahre die Wut auf Cariad immer größer geworden. Im vergangenen Herbst spitzte sich der Streit dann so stark zu, dass der damalige Konzernchef Diess seinen Posten verlor. Sein Nachfolger Blume, in Personalunion Chef von Porsche, hat nun offenbar dem Drängen aus Stuttgart und Ingolstadt nachgegeben. Wer Cariad in Zukunft führen soll ist derzeit noch nicht bekannt.

Strategieschwenk unter Blume

In Schanghai hatte die Sparte unter anderem ein neues Joint Venture für das Infotainment in Fahrzeugen vorgestellt. Auch auf anderen Feldern schloss sie zuletzt verstärkt Allianzen, eine Abkehr von Diess‘ Strategie. Diese zielte darauf ab, möglichst viel Kompetenz aus eigener Kraft aufzubauen, mit wenig Hilfe von außen. Man wolle nicht abhängig von global agierenden Tech-Giganten werden, so Diess’ Mantra. Im Interview mit der F.A.Z. hatte dessen Nachfolger Blume schon im Dezember klar gemacht, dass er davon wenig hält: „Ich bin offen für Partnerschaften. Wir wollen und können nicht alles selbst machen.“

Generell will Blume den Konzern anders führen als der erratische, schwer berechenbare Diess, wertschätzender und mehr im Team. Mit dem Eingriff in der Software-Sparte setzt er jetzt aber ein weiteres Zeichen, dass er auch vor harten Beschlüssen nicht zurückschreckt. Zuerst hatte sich das im vergangenen Jahr in der Wolfsburger Vorstandsbesetzung gezeigt: die zum damaligen Zeitpunkt personell aufgeblähte oberste Führungsriege wurde verkleinert. Mehrere Manager verloren ihre Posten.

Die Software-Sparte Cariad beschäftigt mehr als 6000 Mitarbeiter rund um die Welt. Laut jüngsten Zahlen von VW hat sie derzeit Lizenzverträge mit Marken des Konzerns über die Ausrüstung von gut 15 Millionen Fahrzeugen geschlossen, ein Drittel mehr als im Vorjahr. Der operative Verlust lag 2022 wie im Vorjahr bei 400 Millionen Euro. Dies wird mit hohen Anlaufinvestitionen erklärt. Zuletzt war das Ziel ausgerufen worden, Cariad bis 2025 oder 2026 in die Gewinnzone zu heben.

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