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#Wann das Sozialamt bei den Pflegekosten mithilft




Heimbewohner müssen nicht erst ihr ganzes Geld aufzehren, bevor sie Sozialhilfe beantragen. Unterstützung kann schon früher drin sein.

Alt, gebrechlich, hilflos – und auch finanziell schnell am Ende: Wer in München einen Platz im Pflegeheim braucht, muss sich neuerdings auf Kosten von etwa 3800 Euro im Monat einstellen. Auch in anderen Ballungsräumen Deutschlands ist der Eigenanteil für stationäre Pflege in schwindelerregende Höhen geschossen, wie David Kröll berichtet, Sprecher beim BIVA-Pflegeschutzbund. Kommen Bewohner an ihre finanziellen Grenzen, müssten sie nicht erst ihr gesamtes Vermögen bis auf den letzten Cent aufbrauchen, bevor sie Hilfe holen, mahnt Silke Lachenmaier, Juristin bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Anträge auf Sozialhilfe würden häufig viel zu spät gestellt. Das seit Januar höhere Schonvermögen sei dann schlicht verloren.

Warum sind die Kosten explodiert?

Ende vergangenen Jahres haben sich Heimplätze bundesweit durch die Bank verteuert, oft um happige 500 oder 600 Euro im Monat. Anlass waren nicht allein die gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten, sondern auch die höheren Löhne der Pflegekräfte. Seit September 2022 müssen sie nach Tarif bezahlt werden. „Viele Pflegebedürftige sind in großer Sorge, dass Rente und Vermögen nicht mehr lang reichen, um die Eigenbeteiligung noch stemmen zu können“, berichtet Kröll.

Was kann man angesichts der hohen Kosten unternehmen?

Wird es bei den Pflegebedürftigen finanziell eng, sollten sie so rasch wie möglich zum Sozialamt gehen, „auch wenn der Schritt sehr schwerfällt“, betont Kröll. Dort lässt sich ein Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ stellen, eine Leistung der Sozialhilfe. Auf keinen Fall darf man so lange damit warten, bis das gesamte Geld verbraucht ist, unterstreicht Juristin Lachenmaier. Viele Senioren wüssten nicht, dass ihnen Vermögensfreigrenzen zustehen, die sie nicht für ihre Pflege antasten müssen. Seit Januar dürfen Alleinstehende ein Schonvermögen von 10.000 Euro behalten, doppelt so viel wie noch im vergangenen Jahr. Eheleuten stehen 20.000 Euro zu. Gehen Betroffene erst zum Sozialamt, wenn schon der letzte Notgroschen aufgezehrt ist, „ist das eindeutig zu spät“, warnt Lachenmaier. Verbrauchtes Schonvermögen gibt es nicht zurück.

Wie wird gerechnet?

Wer „Hilfe zur Pflege“ beantragt, muss seine finanzielle Bedürftigkeit nachweisen. Denn: Bevor der Staat hilft, muss das eigene Einkommen und Vermögen eingesetzt werden. Das Sozialamt prüft laufende Einkommen wie Renten und Pensionen, Unterhaltszahlungen von Verwandten, Miet- und Pachteinnahmen, Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Nießbrauchrechte. Nur einige wenige Geldleistungen zählen nicht als Einkommen wie etwa Schmerzensgeld-Renten. Ist ein Pflegebedürftiger verheiratet oder lebt er in einer eheähnlichen Lebenspartnerschaft, werden auch Einkünfte und Vermögen des Partners herangezogen. Neben Bargeld gehört fast alles zum verwertbaren Vermögen, also etwa Wert­papiere, Bauspar­verträge, Ansprüche aus Kapital­lebens­versicherungen, Schenkungen, Erbansprüche, Grundbesitz, Gemälde oder Schmuck. Ausnahmen kann es unter anderem bei Familien- und Erbstücken geben, wie alten Möbeln oder Kunstwerken – wenn deren Verkauf eine besondere Härte bedeuten würde.

Wie viel geht vom Einkommen drauf?

Leben beide Partner bereits im Seniorenstift, müssen sie ihr regelmäßiges Einkommen, also etwa Renten oder Pensionen, ganz für die gestiegenen Heimkosten verwenden, wie Kröll erläutert. Auch Ersparnisse müssen eingesetzt werden. Unangetastet bleibt das Schonvermögen. Kommt nur einer der Ehe- oder Lebenspartner ins Heim, während der andere zu Hause wohnen bleibt, greift die Pflicht, sich finanziell gegenseitig zu unterstützen. Wer zurückbleibt, muss sich dann an den Heimkosten beteiligen. Aber: Dem, der daheim wohnen bleibt, muss so viel Geld übrig bleiben, dass er seine Kosten weiter davon bezahlen kann, etwa für Miete und Verpflegung. Das Sozialamt prüft immer im Einzelfall, wie viel vom gemeinsamen Einkommen für die Heimplatzfinanzierung angemessen ist. Kurz vorher noch schnell Geld abheben und den Partner „ärmer“ rechnen, ist keine gute Idee. Das fliegt in der Regel auf.

Was ist mit der eigenen Immobilie?

Auch die selbst genutzte Eigentumswohnung oder das eigene Haus müssen notfalls für die Pflege eingesetzt werden, sollten Einkommen und Vermögen nicht ausreichen, die Heimkosten zu decken. Unumgänglich wird ein Verkauf meist dann, wenn beide Eheleute oder Lebenspartner ins Heim kommen. Eine Immobilie noch schnell an die Kinder oder Verwandte zu übertragen, bevor der Gang zum Sozialamt ansteht, ist nicht ratsam, warnt Kröll. Das Amt prüft im Pflegefall, ob in den letzten zehn Jahren Schenkungen vorgenommen wurden. Ist dem so, wird die Aktion zum Bumerang. Das Amt wird die Schenkung zurückfordern. Anders sieht es aus, wenn ein Ehe- oder Lebenspartner ins Heim zieht, der andere aber zurückbleibt. Die selbst genutzte Immobilie bleibt dann unangetastet – vorausgesetzt, sie ist angemessen groß, kein Luxusanwesen und nicht überdurchschnittlich wertvoll.

Was ist mit den Kindern?

Die meisten sind finanziell fein raus. Wird der Antrag auf „Hilfe zur Pflege“ genehmigt, wird das Sozialamt den hohen Eigenanteil der Eltern an den Pflegekosten übernehmen. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger in Pflegeheimen liegt laut BIVA aktuell schon bei etwa 40 Prozent. Tendenz steigend, betont Fachfrau Lachenmaier. Bis vor kurzem hatten die Sozialhilfeträger noch die Chance, sich das Geld vom Nachwuchs der Pflegebedürftigen zurückzuholen. Doch seit 2020 muss der Großteil der erwachsenen Kinder keinen Elternunterhalt mehr zahlen. Nur Topverdiener mit Jahreseinkommen über 100.000 Euro brutto stecken noch finanziell in der Verantwortung. 

Zeichnet sich mehr Unterstützung ab?

Die mit dem Jahresbeginn 2022 eingeführten Entlastungszuschläge für Alte und Kranke im Heim steigen ab dem nächsten Jahr. Der Bundestag hat eben erst eine Pflegereform beschlossen. Die Zuschläge sollen die Eigenanteile im ersten Jahr im Heim ab 2024 um 15 Prozent senken statt wie bisher um 5 Prozent. Im zweiten Jahr sind es künftig 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent ab dem vierten Jahr 75 statt 70 Prozent.

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