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#War diese WM ein Wendepunkt im Eiskunstlauf?

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Der Weltmeister wirkte erschöpft und dazu auch eine Spur frustriert. Die Freude, seinen Titel daheim in Japan zumindest verteidigt zu haben, war Shoma Uno am Samstag in der Superarena von Saitama auf Anhieb nicht anzusehen. Kein Wunder, schleppte sich doch der zuletzt zuverlässig auf höchstem Niveau abliefernde junge Mann aus Nagoya seit vierzehn Tagen mit einer Sprunggelenkverletzung, erlitten nach einem Trainingssturz, in die Arena. In dieser galt es, einerseits den schönen Schein zu wahren und sich andererseits trotzdem auf sportlich höchstem Niveau die Konkurrenz vom Leibe zu halten.

Ein Balanceakt, der dem 24 Jahre alten Meister der geschliffenen Kufenarbeit gelang. Uno überstand seine ultimative Prüfung sturzfrei, wenn auch ein wenig wacklig, als er gleich zu Beginn seiner Kür einen vierfachen Rittberger leidlich, einen Vierfachsalchow soeben und einen vierfachen Flip souverän schaffte und damit die Basis für eine Titelverteidigung unter Schmerzen schuf. Am Ende hatte er Cha Jun-whan, den ersten Südkoreaner, der bei einer WM dank einer makellosen Kür einen Podiumsplatz erklomm, mit einem knappen Vorsprung von rund fünf Punkten soeben distanziert. Da auch der neue amerikanische Wunderknabe Ilia Malinin, im Vorjahr noch Juniorenweltmeister, wie Uno nicht sein Topniveau erreichte und trotz des erstmals bei einer Weltmeisterschaft gezeigten Vierfachaxels nur auf Platz drei landete, konnte der Kufenkämpfer Uno beim Blick auf den höchsten Tageslohn aufatmen.

Sprünge sind nicht alles

„Meine Kür war alles andere als perfekt“, sagte der lädierte Perfektionist als Erstes über seine Abendvorstellung in Saitama, „aber mehr kann ich im Augenblick nicht leisten. Ich habe alles gegeben, auch wenn jeder Sprung für mich prekär war.“ Der Mann, der jahrelang im Schatten des an guten Tagen genialen japanischen Eisartisten Yuzuru Hanyu wahrgenommen wurde, ging an diesem Tag, an dem er allen Widrigkeiten getrotzt hatte, äußerst selbstkritisch mit sich um. So sagte er zum Beispiel, dass seine Sprünge zwar „in den vergangenen zwei Jahren besser geworden“ seien, er sich aber „als Eiskunstläufer nicht weiter verbessert“ habe.

Der pragmatische Ansatz, mit dem der 1,59 Meter lange zierliche Athlet seine Wettkämpfe angeht, behagt Uno seit längerem nicht. „Ich habe das Gefühl, dass ich heute für das Ergebnis laufe“, sagte er in Saitama auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Laufbahn. Eiskunstlauf als reiner Ergebnissport? Uno, der trotz zweier WM-Titel auf der Suche nach dem eigenen Fußabdruck in seinem Sport bleibt, will sich in Zukunft auch vom Flair der Eisshows, in denen er seinen Ruhm vergoldet, für seine Küren inspirieren lassen, um gegen Ende seiner Laufbahn ein noch besserer, vor allem kreativerer Eisartist zu werden.

Selbstoptimierung: Shoma Uno sehnt sich auch nach seinem zweiten WM-Titel nach künstlerischer Profilierung.


Selbstoptimierung: Shoma Uno sehnt sich auch nach seinem zweiten WM-Titel nach künstlerischer Profilierung.
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Bild: Reuters

Das Gefühl, dass die bei nur sechs Sprüngen ausgereizte Sprungtechnik nicht alles ist, überkam am Samstag auch den 18 Jahre alten Sprungläufer Malinin, der als erster und noch immer einziger Athlet seines Sports den Vierfachaxel in sein Wettkampfrepertoire integriert hat. Zu einem Kunstläufer mit einer prägenden Aura fehlt dem amerikanischen Meister aber noch viel. Kein Wunder in seinem jugendlichen Alter.

Umso erstaunlicher war deshalb Malinins frühreife Erkenntnis, dass es „manchmal vielleicht besser ist, die Risiken zu vermindern und dafür schöner zu laufen. Wenn man einen Vierfachsprung nach dem anderen aufs Eis knallt, fällt es schwer, die Zuschauer auch noch als Eiskunstläufer zu erobern.“ Und so kündigte der junge Mann mit russischen Familienwurzeln schon mal an, dass es ihm in der kommenden Saison „mehr um die künstlerischen Dinge“ gehen werde.

Der in diesem Vorsatz erkennbare Ansatz zur freiwilligen Selbstbeschränkung deutet wie Unos Sehnsucht nach künstlerischer Profilierung auf eine womöglich belebende Trendwende in den kommenden Jahren. Diese Tendenz, den Eiskunstlauf aufs Neue beim Wort zu nehmen, unterscheidet sich von der dirigistisch gebremsten unguten Entwicklung der Damenkonkurrenz. Dort hat die Internationale Eiskunstlauf-Union im Vorjahr das Entrée für die Teilnahme an den Wettkämpfen jenseits der Junioren-Konkurrenzen schrittweise auf 17 Jahre angehoben.

Eine überfällige Entscheidung angesichts der bis dahin von alle Jahre wieder neuen vierfach springenden russischen Wunderkindern beherrschten Meisterschaften, die einander so rasant ablösten, dass niemand dieser allzu frühreifen Meisterinnen persönliche Spuren auf dem Eis hinterlassen konnte. Unter den männlichen Artisten dieses Genres scheint dagegen die Einsicht zu reifen, dass eine Vielzahl von Vierfachsprüngen nicht alles sind, was ihre Sportart faszinierend macht. Mag sein, dass die WM in Saitama mit drei Titeln für die neue Eiskunstlauf-Weltmacht Japan auch ein Wendepunkt für eine Sportart gewesen sein könnte, die viel mehr als reine Höchstschwierigkeiten zu bieten hat.

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