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#Warum junge Ukrainer in ihrer Heimat bleiben wollen

Warum junge Ukrainer in ihrer Heimat bleiben wollen

Am Montagmittag schlugen die russischen Bomben erstmals im Wohnviertel von Oleksandr Kuzmenko ein. „Es passierte rund 200 Meter von unserer Wohnung entfernt“, erzählt der 27 Jahre alte Reisevermittler und Social-Media-Manager aus Charkiw am Telefon. Auf seinem Facebook-Profil hat er eine „Story“ geteilt, welche die Einschläge zeigt. Keine „Menschen“ seien das, sondern „Tiere“, schreibt er dazu. Trotz alledem wollen er und seine Frau bis auf Weiteres zu Hause bleiben. Sicherheitshalber halten sie sich jedoch nicht mehr im Wohnzimmer auf, sondern im Flur. Das Paar hat die Wohnung seit dem Beginn von Putins Angriffskrieg nicht mehr verlassen, die Lebensmittelvorräte reichen wohl noch für ein, zwei weitere Tage. Lachen muss Kuzmenko, als er gefragt wird, ob sie zu Hause Molotowcocktails bastelten. „Wir haben keinen Wodka“, sagt er.

Die Ukraine zu verlassen, wie das Zehntausende Mitbürger tagtäglich tun, ist für das Paar keine Option. „Das ist unser Zuhause“, erklärt Kuzmenko. Sie seien „stolz“ darauf, was die ukrainische Armee gegen die Invasoren leiste. Sich selbst sieht der Siebenundzwanzigjährige nicht als Kämpfer mit der Waffe in der Hand. „Ich bin da nicht besonders begabt“, sagt er. Kuzmenko, der pausenlos die Nachrichten verfolgt, zeigt sich zuversichtlich selbst für den Fall, dass die russische Armee Charkiw vorübergehend unter ihre Kontrolle bringen würde. „Die können unsere Stadt nicht halten“, ist er sich sicher. „Die Menschen wollen sie hier nicht haben“, glaubt Kuzmenko an die Willensstärke seines Volkes.

Deutlich aufgeregter wirkt Mariya Vasylyeva. Die 26 Jahre alte Marketingmitarbeiterin sagt am Telefon: „Die letzten drei Tage waren die schlimmste Zeit meines Lebens.“ Sie selbst scheint zumindest bis auf Weiteres in Sicherheit zu sein. Ihr Arbeitgeber hat sie und einen Teil ihrer Familie in die Karpaten im äußersten Südwesten der Ukraine gebracht. Große Sorgen macht sich Vasylyeva allerdings um ihre Mutter und einen ihrer älteren Brüder. Sie haben sich entschieden, in ihrer Heimatstadt Poltawa, die rund 140 Kilometer südwestlich von Charkiw liegt, zu bleiben. „Jede Stunde melde ich mich bei ihnen, um zu fragen, ob sie in Sicherheit sind und ob die Lage in Poltawa gefährlich ist oder nicht.“ Besonders besorgt Vasylyeva die Nähe ihrer Heimatstadt zu Charkiw. „Die Russen töten dort nicht nur unsere Soldaten, sondern auch Zivilisten“, sagt sie mit bebender Stimme.

„Hätte ich Kinder, würde ich vielleicht auch gehen“

Auf lange Sicht kann sich Vasylyeva vorstellen, die Ukraine zu verlassen. „Es ist möglich“, sagt sie. Besonders viele Freunde habe sie in den Vereinigten Staaten. Sie hätten sich gemeldet und gesagt, dass „alles organisiert“ werden könne. In diesen Tagen werde das aber nicht passieren. „Meine Mutter ist hier, meine Familie ist hier“, sagt Vasylyeva. Sie werde das Land nicht verlassen, solange sie sich nicht sicher ist, dass alle ihre Angehörigen in Sicherheit sind. Außerdem sagt sie: „Ich will meinem Land helfen.“ Das sei in der Ukraine trotz allem immer noch einfacher als von außerhalb. Ablenkung von ihren Sorgen findet sie gerade in der Hilfe für ihre Landsleute. „Ruhm der Ukraine!“ sei die Botschaft, die sie in diesen schweren Tagen auch im Ausland verbreitet sehen will.



Ebenso das Land nicht verlassen will die 34 Jahre alte Oksana Dowhej aus Uschhorod an der Grenze zur Slowakei. „Hätte ich Kinder, würde ich vielleicht auch gehen“, sagt die ausgebildete Lehrerin am Telefon. Glücklicherweise ist ihre Heimatregion Transkarpatien von russischen Angriffen bisher verschont geblieben. Tausende warten in Uschhorod jedoch vor dem einzigen Grenzübergang zum westlichen Nachbarland. Dowhej gehört zu den Freiwilligen, die den Flüchtenden in den langen Schlangen Hilfe leisten, etwa durch Verpflegung. Mit ihrer Eigeninitiative entlasten sie die transkarpatischen Behörden, die von vergangenem Donnerstag bis Montag 110 000 Ausreisen meldeten.

Eine Oase der Ruhe ist das nicht nur an die Slowakei, sondern auch an Ungarn, Rumänien und Polen grenzende Transkarpatien keineswegs. Am Montag gaben die regionalen Behörden bekannt, umgerechnet mehr als 300 000 Euro für die Territorialverteidigung zur Verfügung zu stellen. Medienberichte vom Montag zeigen, wie auch in Uschhorod Dutzende von Freiwilligen Molotowcocktails vorbereiten. Die dafür mitgebrachten Kästen mit Bierflaschen decken den Bildern nach einen ganzen Kinderspielplatz ab.

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