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#„Warum müssen wir immer erst sterben?“

„„Warum müssen wir immer erst sterben?““

Niemals wieder wird Kristen Herring in Texas ein Kind bekommen. Dabei liebt sie Austin. Sie liebt es, dass sich hier alles gefügt hat. Sie liebt die Hitze im Vergleich zu Chicagos kalten Wintern, sie liebt es, dass sie hier ihren Mann Eric kennengelernt hat, einen Texaner, mit dem sie seit vier Jahren verheiratet ist. Sie liebt das Haus, das sie nach vielen Umzügen und absurd steigenden Mieten gefunden haben. Sie liebt die zwei Kinder, deren Nanny sie ist, seit die Ältere ein paar Monate alt war. Aber sie sagt auch: „Ich fühle mich hier in Texas einfach nicht mehr sicher.“

Sofia Dreisbach

Politische Korrespondentin für Nordamerika mit Sitz in Washington.

Kristen Herring ist in der 19. Woche schwanger, als die Arzthelferin so verdächtig still ist. Eric und sie sind dieses Mal bei einem anderen Frauenarzt und nicht in der christlichen Klinik, zu der sie bis dahin gegangen waren. Ob ihnen etwas aufgefallen sei, fragt die Frau? Ja, dass die Füße eine Fehlstellung haben, das wissen sie schon, darauf haben sie sich eingestellt. Aber als die Helferin den Arzt holen geht, wissen die beiden, dass da noch mehr sein muss. Er will sofort eine Fruchtwasseruntersuchung machen, denn das Blut pumpt nicht richtig durch die Herzkammern des Fötus. Aber davon hatten sie in der christlichen Klinik doch abgeraten? „Oh, Honey“, sagt der Arzt zu Herring.

Vier, fünf Tage nach dem ersten Besuch bei diesem Doktor kennt Kristen Herring die ganze Wahrheit. Sie weiß, dass die Ärzte in dem christlichen Krankenhaus sie sehr wahrscheinlich absichtlich im Unklaren gelassen haben. Sie weiß, dass es ein Mädchen ist. Und sie weiß auch, dass es schwerst krank sein wird. Der Fötus hat Herzprobleme, Spina bifida, einen sogenannten offenen Rücken, außerdem einen Hydrocephalus, das bedeutet zu viel Hirnwasser, und das Turner-Syndrom. Herring und ihr Mann entscheiden sich für eine Abtreibung, damit ihre Tochter nicht leiden muss. Weil Kristen inzwischen in der 20. Schwangerschaftswoche ist, wird das noch zu einer Odyssee werden.

Kirsten Herring


Kirsten Herring
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Bild: Sofia Dreisbach

Die Einunddreißigjährige lacht immer wieder auf, als sie diese Geschichte erzählt, als könne sie auch nach vier Jahren immer noch nicht ganz fassen, dass ihr das wirklich passiert ist. Es ist ein besonders heißer Sommertag in Austin, und gerade noch hat die junge Frau mit am Scheitel halb braun, halb grün gefärbten Haaren und in regenbogenfarbenem T-Shirt von den zwei Kindern geschwärmt, die sie als Nanny betreut. Für sie gehört das heute alles zusammen, das Erzählen ihrer Geschichte, die vielen Kinder in ihrem Leben, unter denen eben nur kein eigenes ist. Trotzdem sagt sie: „Ich lache jetzt vielleicht, aber so ist es nicht immer.“

Am 2. Mai dieses Jahres wird Kristen Herring wieder um vier Jahre zurückkatapultiert. Es war ein Montag, das weiß sie noch genau, als der geleakte Entwurf einer Verfassungsgerichtsentscheidung Amerika erschütterte: Fünf von neun Richtern sprechen sich darin dafür aus, Roe v. Wade, die fast fünfzig Jahre alte Grundsatzentscheidung zum Schwangerschaftsabbruch, zu kippen. Damit würden Abtreibungen in der Hälfte der amerikanischen Bundesstaaten mindestens eingeschränkt, wenn nicht ganz verboten.

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