In der Krise hübschen mehr Unternehmen den Gewinn auf. Das ist legal, kann sich aber rächen. Welche Posten der Bilanz sind besonders anfällig, beleuchtet ein F.A.Z.-Gastautor.

Unternehmen in Deutschland erwarten einen Rückgang ihrer Gewinne gegenüber den ­Vorjahresergebnissen. Der Ge­winn dient damit als ein wichtiger Indikator für die fortdauernden betriebswirtschaftlichen Probleme, die aus dem aktuellen Kostendruck im Einkauf, den andauernden Lieferengpässen und der Unsicherheit über künftige Umsätze angesichts von Kaufkraftverlusten vieler Kunden folgen. Der Gewinn ist aber gleichzeitig eine Ermessensentscheidung der Geschäftsführung und der beteiligten Manager. Bilanzskandale, wie sie zuletzt etwa beim Möbelhändler Steinhoff, der Großmarktkette Tesco oder dem Zahlungsdienstleister Wirecard aufgedeckt wurden, sorgen regelmäßig dafür, dass die Anfälligkeit der berichteten Gewinne gegenüber absichtlichen Manipulationen durch die Geschäftsführung Aufmerksamkeit erfährt.

Die Nutzung von Ermessensspielräumen bei der Gewinnermittlung ist indes keinesfalls gleichzusetzen mit krimineller Manipulation. Vielmehr gibt es einen weiten Graubereich, in dem Bilanzpolitik den Gewinn zwar verzerrt, die Verzerrung jedoch im erlaubten Rahmen bleibt. Auch Prüfung und Kontrolle können diesen Rahmen nicht unbegrenzt einschränken, denn Ermessen wird insbesondere dort ausgeübt, wo Gewinnermittlung auf Pro­gnosen angewiesen ist. Dort erschweren natürliche Unsicherheit über zukünftige Entwicklungen und Informationsasymmetrien die Nachprüfbarkeit der bilanziellen Werte und der berichteten Gewinne erheblich.