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#Was ein 103-jähriger Allgäuer Kriegsveteran über den Ukraine-Krieg denkt

„Was ein 103-jähriger Allgäuer Kriegsveteran über den Ukraine-Krieg denkt“



Alois Mair aus Seeg ist einer der letzten Allgäuer Zeitzeugen, die im Zweiten Weltkrieg in Russland kämpften. Bei einem Granatenangriff verlor er ein Bein.

Manchmal sind die Schmerzen so groß, dass er die ganze Nacht nicht schlafen kann. Auch heute noch. 80 Jahre, nachdem Alois Mair als Soldat im Zweiten Weltkrieg sein linkes Bein bei der Explosion einer russischen Panzergranate kurz vor Leningrad verlor. An der Stelle, wo an seinem Körper seither eine Lücke klafft, sind die Beschwerden am größten. Phantomschmerzen nennen Mediziner das Phänomen. In solchen Nächten hadert Mair mit seinem Schicksal. Er denkt: „Wenn der Hitler Russland nicht überfallen hätte, hätte ich meinen Fuß noch.“

 

Den Schmerzen trotzt er mit einem tapferen Lächeln

Doch die Wut wird ihm nicht zurückbringen, was er verloren hat. Das weiß Alois Mair. Deshalb trotzt er den Schmerzen mit einem tapferen Lächeln. „Dann mach ich die Nacht halt durch“, sagt er sich dann, „wer kann das in meinem Alter schon?“ Der 103-jährige Alois Mair, Kleinbauer aus Seeg, ist einer der letzten Zeitzeugen im Allgäu, die als Soldat den Russland-Feldzug miterlebt haben. Wenn er morgens mit der Lupe vom Ukraine-Krieg in der Zeitung liest, sorgt er sich um die Zukunft seiner sechs Kinder, sieben Enkel und der beiden Urenkel. „Es ist furchtbar, was dort passiert. Wo soll das alles hinführen? Ich hätte nie gedacht, dass es soweit kommen könnte“, sagt Mair am Tisch in der Stube seines Hofes, den jetzt sein Sohn Ludwig führt.

Unterm Herrgottswinkel sitzt der Senior viele Stunden am Tag, die Prothese abgeschnallt, den Kopf voller Erinnerungen. An die schrecklichen Monate im Winter 1941/1942, die er als Soldat der 212. Infanterie-Division am Ladonasee ausharrte – bei minus 50 Grad, den Erfrierungstod stets vor Augen. „Die Filzstiefel eines gefallenen russischen Soldaten haben mich davor bewahrt“, sagt Mair. Die schlimmste Stunde seines Lebens erlebte er am 18. Februar 1942. Was sich damals ereignete, hat einer seiner Kameraden im Telegramm-Stil ins Tagebuch geschrieben. „Mair Anton verletzt. Fünf Meter hinter mir durch Panzergranate. Linker Fuß ab. Brachte ihn zum Sanitätsbunker mit Tragbahre.“ Zwei weitere Soldaten sterben bei der Explosion. Als der damals 23-jährige Mair aus der Bewusstlosigkeit erwacht, folgt der Schock. Sein Bein ist für immer verloren. Wie wird man mit diesem Verlust fertig? „Wenn man aufgibt“, sagt Mair, „wird das Leben noch viel schlimmer“.

„Ich leide noch heute, aber ich lache auch“

Drei Wochen später wird er ins Spital nach Leipzig geflogen. „Mir ging’s ja noch gut im Vergleich zu anderen. Die musste ich dort trösten“, erzählt er. Beim „Hoigarte“ mit den Krankenschwestern, so erinnert er sich, kehrte irgendwann sein Lachen wieder zurück. „Das ist mir zum Glück geblieben. Ich leide noch heute, aber ich lache auch“, sagt der Zeitzeuge, der sich mit seinen 103 Jahren selbst als „Sonderausgabe“ bezeichnet und an anderer Stelle als „Angestellter der Firma Gicht und Ischias“.

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Als er als junger Invalide zurück ins Allgäu kommt, beschert ihm der Krieg eine erneute Hiobsbotschaft. Einer seiner drei Brüder fällt 1944 in Ungarn. „Für nichts und wieder nichts“, zürnt Mair mit dem Schicksal. Er selbst stürzt sich in Arbeit, baut trotz der Behinderung einen Hof auf, gründet eine Familie. Der Krieg scheint weit weg. Fast acht Jahrzehnte fühlt er sich ohne Bedrohung. Doch nun ist die Sorge zurück. „Wer weiß, was da noch alles kommen mag? Ich bete dafür, dass es einen schnellen Frieden gibt.“

Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast an. Die Augsburgerin Tanja Hoggan-Kloubert spricht über die Angst um ihre Eltern in der Ukraine – und die überwältigende Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung.

 

Alle Informationen zum Konflikt erfahren Sie jederzeit in unserem Live-Blog zum Krieg in der Ukraine.

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