#„Was in Deutschland geschieht, könnte auch in Kroatien geschehen“
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„„Was in Deutschland geschieht, könnte auch in Kroatien geschehen““
Erfolgreiche grüne Parteien sind im Osten und Südosten Europas rar wie vierblättrige Kleeblätter. In Kroatien, das seit 2013 der Europäischen Union angehört, scheint sich das derzeit jedoch zu ändern. Nach der ersten Runde der kroatischen Kommunalwahlen am Sonntag sieht alles danach aus, als werde die Hauptstadt Zagreb künftig von einem Grünen regiert. Tomislav Tomašević, der Spitzenkandidat des grünen Bündnisses „Možemo“ („Wir können“), erhielt am Sonntag in Zagreb 45,15 Prozent der Stimmen. Alles andere als ein neuerlicher Sieg für den 39 Jahre alten Politikwissenschaftler und Ökologen in der Stichwahl am 30. Mai wäre eine Sensation. Der Abstand auf den zweitplatzierten Rechtspopulisten Miroslav Škoro beträgt mehr als 30 Prozentpunkte.
Auch im Zagreber Stadtparlament wird „Možemo“ mit fast 41 Prozent Wähleranteil künftig die stärkste Fraktion stellen. Damit steht der mit Abstand größten Stadt des Landes, in der mehr als ein Fünftel der kroatischen Bevölkerung lebt, ein politischer Farbwechsel bevor. Das könnte mittelfristig Folgen für die politische Landschaft Kroatiens haben – und in bescheidenem Maße auch für die künftige kroatische Delegation im Europaparlament.
Unerwarteter Tod des Landzeit-Bürgermeisters
Der Kampf um Zagreb hatte Ende Februar einen unerwarteten Verlauf genommen, als der langjährige Amtsinhaber Milan Bandić, der die Stadt mit einer kurzen Unterbrechung zwei Jahrzehnte lang regiert hatte, an einem Herzinfarkt verstarb. Bandić hatte sich um seine siebte Amtszeit beworben, doch war es zuletzt alles andere als sicher, ob der immer umstrittenere Lokalbaron noch einmal gewinnen würde. Nach seinem Tod mussten die Herausforderer ihren Wahlkampf, der zuvor ganz gegen den Amtsinhaber gerichtet war, umstellen. „Možemo“ und Tomašević gelang das offenbar am besten.
Eine Schlagzeile der Zagreber Zeitung Jutarnji List vom Montag macht die Erwartungen deutlich: „Das Eis ist gebrochen. Was in Deutschland geschieht, könnte auch in Kroatien geschehen.“ Sogar eine potentielle Kandidatin für das Amt der Ministerpräsidentin wird schon ausgemacht: Sandra Benčić, Vorsitzende der noch kleinen grünen Fraktion im nationalen Parlament, tritt dort mit pointierten Interventionen hervor und macht der Regierungspartei „Kroatische Demokratische Gemeinschaft“ von Ministerpräsident Andrej Plenković das Leben schwer.
Eine Parallele zu Deutschland liegt nicht nur in dem Erstarken von Kroatiens Grünen, sondern auch im Niedergang der Sozialdemokratischen Partei, der SDP. Sie hat schon bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr mehr als 11 Prozentpunkte verloren, war aber immerhin noch auf einen Zuspruch von knapp einem Viertel der Stimmen gekommen. In Zagreb kam es nun aber zum Desaster: Nur 8,9 Prozent stimmten für die zerstrittene Partei. Immerhin hat die SDP noch die Chance, den hauptstädtischen Grünen als politischer Juniorpartner zu assistieren.
Abkehr von Korruption und Klientelismus erwartet
Es wird sich zeigen, ob Kroatiens grüner Trend auch dann anhält, wenn die Partei Macht ausübt. Noch haben die Grünen keine dauerhafte Bindung in der Wählerschaft. Teile der kroatischen Medien winden den Grünen zwar eifrig Vorschusslorbeerkränze und können ihre Sympathie für die Partei kaum oder gar nicht verbergen (worin sich eine weitere Parallele zu Deutschland sehen ließe), doch für einen potentiellen landesweiten Erfolg wird zunächst entscheidender sein, ob die Grünen in Zagreb gute Lokalpolitik machen. Erwartet wird von ihnen weniger eine ökologische Politik als vielmehr eine Abkehr von jenen korrupten und klientelistischen Praktiken, mit denen Bandić die Stadt nach Darstellung seiner Gegner regiert hatte.
Doch auch traditionelle grüne Politik hat „Možemo“ im Wahlkampf versprochen: Der Ausbau des Straßenbahnnetzes, der Fahrradwege und der städtischen Grünflächen gehört ebenso dazu wie die bessere Anbindung des Zagreber Umlands an den öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt, damit weniger Pendler auf Autos angewiesen sind. Nur wenn „Možemo“ wenigstens einen Teil der eigenen Versprechen und der hohen Erwartungen erfüllen kann, wird Zagreb zum Sprungbrett für nationale Ambitionen. Einstweilen ist die Stadt nur auf Bewährung grün.
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