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#Russland zeigt afrikanische Kunst, zensiert Akademismus

Russlands Bruch mit dem Westen und seine Hinwendung nach Afrika modeln auch seine Museumspolitik um. Zum Afrika-Gipfel in Sankt Petersburg eröffnete das dortige Russische Museum, das seit April von der früheren Journalistin und Kulturbeamtin Alla Manilowa geleitet wird, erstmals eine Schau mit afrikanischen Sujets russischer Künstler, während das Kulturzentrum Manege noch bis zum 3. September ein Panorama zeitgenössischer Kunst aus 39 Ländern des Kontinents ausbreitet.

Diese Ausstellung, die von der Moskauer Galerie Triumph organisiert wurde – unter dem Titel „Umgekehrte Safari“, zum Zeichen, dass statt des orientalistischen Blicks Afrikas Künstler selbst den Fokus bestimmen sollen –, versammelt Stars der internationalen Kunstszene und kann als Pioniertat gelten. Sie umfasst Webbilder des Ghanaers Joseph Awuah-Darko, aus Gummilatschen verfertigte Gesichter des aus Guinea-Bissau stammenden Nù Barreto, aus Mobiltelefontastenfeldern montierte Monumentalbilder von Monou Désiré Koffi von der Elfenbeinküste sowie prächtige kontrastfarbige Stoffporträts und Papiermascheebüsten der jungen Nigerianerin Michelle Okpare. Der Thron und die Totem-Maske, die der mosambikanische Antikriegsaktivist Gonçalo Mabunda aus dem Metallschrott von Bürgerkriegswaffen im Stil traditioneller afrikanischer Figürlichkeit zusammengeschweißt hat, erscheinen emblematisch für Russlands Afrika-Mission.

Waffengestützt:  „Thron der Leidenschaften“  von Gonçalo Mobunda.


Waffengestützt: „Thron der Leidenschaften“ von Gonçalo Mobunda.
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Bild: Galerie Triumph

Eine Puschkin-Büste von 1937, die die russische Künstlerin Natascha Arendt mit leuchtender Kriegsbemalung versah, erinnert an den abessinischen Urgroßvater des Nationaldichters. Es sind aber auch Werke russischer Künstler zu sehen, die in Auseinandersetzung mit der Kultur Afrikas entstanden. Ein Petersburger Kunsthistoriker berichtet der F.A.Z. am Telefon, vor allem das jüngere und studentische Publikum sei begeistert. Die in Moskau, Usbekistan, seit 2019 aber auch im zentralafrikanischen Gabun arbeitende Textil- und In­stallationskünstlerin Olga Schurygina hat eine Art Haustempel in Gestalt eines herabhängenden viellagigen Stoffgewölbes beigesteuert und, Gabuner Zeremonien gemäß, mit Glöckchen behängt und mit Duftstoffen präpariert. Am Telefon erzählt Schurygina freudig, ihr Objekt, das zum Anfassen und Interagieren einlade, ziehe täglich Hunderte Besucher an.

Im Russischen Museum ist derweil Kunst des russischen Orientalismus zu bewundern – wie der „Transport eines Heiligen Teppichs nach Kairo“ von Konstantin Makowski von 1876 oder Sinaida Serebrjakowas Studien exotisch schöner Marokkaner aus den späten Zwanzigerjahren. Von keiner postkolonialen Reflexion getrübt sind auch die Buchillustrationen der Bildhauerin Vera Issajewa, die zum Titel „Neger“ (Negry) vier Schwarze im Gleichschritt einem die Tröte blasenden Sowjetpionier hinterhermarschieren lässt. Aber auch heute kann Präsident Putin ja keinerlei koloniale, sondern nur (vom Westen) emanzipatorische Missionen in Russlands internationalen Militäroperationen erkennen.

Kann Neo-Akademismus pornographisch sein?

Auf Weisung Putins entsteht in Moskau unter der Ägide des kleinen Museums für Östliche Kunst ein neues Afrika-Museum, und zwar im Gebäude des staatlichen Zentrums für zeitgenössische Kunst, das schon vor der Kriegserweiterung liquidiert wurde. Zeitgenössisches aus dem eigenen Land ist seither nur verdächtiger geworden. Eine Schau der Petersburger Neo-Akademiker um Timur Nowikow (1958 bis 2002), die ironisch antikischen Idealkörpern huldigen, wurde im vergangenen Monat im Russischen Museum verspätet und verkleinert eröffnet. Direktorin Manilowa soll auf mehreren Bildern, auf denen Geschlechtsorgane erkennbar waren, „Pornographie“ erspäht haben.

Die Turbulenzen festigen die Loyalität der Eremitage-Belegschaft zu ihrem Direktor Michail Piotrowski, der, nachdem er sich nach dem Beginn von Russlands Ukraine-Invasion zu Militarismus und Imperialismus bekannte, sich als einziger Leiter eines der vier großen Museen im Land halten konnte, berichtet der erwähnte Kunsthistoriker. Auch Museumskollegen, die entsetzt seien über den Krieg und die Kulturpolitik, erblickten in ihrem 78 Jahre alten Chef den Retter ihrer Institution, so der Wissenschaftler. Piotrowski empfiehlt sich jetzt außerdem dadurch, dass der zerstörte Triumphbogen in Palmyra von Experten der Ermitage und des Instituts für Materielle Kultur der Russischen Akademie der Wissenschaften wiederaufgebaut werden soll, mit dem Geld von Privatsponsoren.

Im Juli erklärte Piotrowski auf einer Pressekonferenz, Petersburger Archäologen, Restauratoren und Architekten hätten in Palmyra Forschungsgrabungen gemäß UNESCO-Standards durchgeführt, ein 3-D-Modell erstellt und für fehlende Teile des Denkmals in einem nahe gelegenen Steinbruch in der neunten Schicht passenden Ersatz gefunden. Polnische Kollegen, sagte Piotrowski, hätten das Projekt zum „Goldstandard“ der Restaurationskunst erklärt. Die Arbeiten sollen schon im September beginnen.

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