#Wer bezahlt mit welchen Interessen?
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„Wer bezahlt mit welchen Interessen?“
Kultur im Kanzleramt“ hieß vor knapp zwei Wochen eine Veranstaltung, zu der Olaf Scholz zusammen mit der Kulturstaatsministerin Claudia Roth eingeladen hatte. Vorne auf dem Podium saßen die ukrainische Sängerin Mariana Sadovska, die Schriftsteller Olivier Guez, Daniel Kehlmann, Eva Menasse, Michal Hvorecky aus der Slowakei und Agata Tuszynska aus Polen, deren Texte an diesem Abend gelesen werden sollten. Sie warteten mit den Gästen auf den Bundeskanzler. Als der ans Pult trat, zitierte er erst einmal Bertolt Brecht: „Was sind das für Zeiten, in denen ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt.“
Scholz sprach vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine als einem Angriff auf Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung. Er betonte, dass wir Demokratie und Freiheit nicht für selbstverständlich nehmen dürften, und sagte dann einen dieser Politikersätze, die, weil sie so wunderbar stimmig klingen, in ihrer Bedeutung gern für selbstverständlich genommen werden: „Meine Überzeugung ist auch“, sagte Scholz, „dass Kunst und Kultur Freiheitsräume schaffen, Freiheitsräume, die wir dringend brauchen.“
Kunst und Kultur schaffen aber nicht automatisch Freiheitsräume. Das ist es, was, wer es vorher nicht sehen wollte, seit dem Überfall Russlands nicht mehr ignorieren kann. Sie schaffen auch Abhängigkeiten, sie sind nicht zu trennen von den finanziellen Bedingungen, die ihr ökonomisches Fundament bilden, und auch nicht von den politischen Haltungen der Künstler. Wenn es besonders schlecht läuft, ist Kunst sogar bloß die schöne Kulisse für schmutzige Geschäfte, oder sie wird zum Element einer Täuschung, der Beschwörung vorgeblicher Verbundenheit, um die wahren politischen Absichten zu verschleiern.
Wie groß diese Abhängigkeiten in Bezug auf Russland sind und waren, wird offenbar, wenn man sich in das Dickicht wirtschaftspolitischer und kultureller Verstrickungen begibt, die die deutsch-russischen Beziehungen bisher geprägt haben. Vor allem ein Wort hat in diesem Kontext seine Unschuld verloren: Es ist der Begriff des „Dialogs“, der verbindenden Kraft von Kultur – die diese zweifellos haben kann. Die Frage ist nur, was genau da zu welchen Zwecken verbunden wird. Hier wird die Sache oft komplizierter, als es die Sonntagsreden ahnen lassen.
Der Ministerpräsident von Sachsen, Michael Kretschmer, am 22. April 2021 bei der Ausstellungseröffnung von „Träume von Freiheit – Romantik in Russland und Deutschland“ in der Tretjakow-Galerie in Moskau.
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Bild: Pawel Sosnowski/pawelsosnowski.com
In der Kunstwelt waren die vergangenen Jahre von einem intensiven Austausch mit russischen Museen und Leihgebern geprägt. In Baden-Baden zeigte das dortige Museum Frieder Burda die Ausstellung „Impressionismus in Russland. Aufbruch zur Avantgarde“, in Paris ging gerade die Präsentation der Sammlung Morozov in der Fondation Louis Vuitton zu Ende; in der Moskauer Tretjakow-Galerie und im Anschluss in Dresden im Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen war bis vor Kurzem eine spektakuläre, gemeinsam organisierte Ausstellung zur Romantik in Russland und Deutschland zu sehen. Der Titel lautete „Träume von Freiheit“ – das Grußwort im Katalog verfasste allerdings der russische Minister für Auswärtige Angelegenheiten, Sergej Lawrow: „Die Rolle, die geisteswissenschaftliche Austauschprojekte, etwa im Ausstellungsbereich, bei der Festigung der Grundlagen der Beziehungen zwischen Deutschland und Russland, der Aufrechterhaltung einer Atmosphäre des Vertrauens und gegenseitigen Verständnisses zwischen beiden Völkern spielen, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden“, schrieb Lawrow. Er wünsche allen Besuchern „viele lebendige Eindrücke von der Begegnung mit der Welt der Schönheit und alles erdenklich Gute“.
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