#Wer steckt hinter dem Sondervotum?
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„Wer steckt hinter dem Sondervotum?“
Anders als am Supreme Court sind Sondervoten am Bundesverfassungsgericht selten. Zumindest nach außen will man in Karlsruhe größtmögliche Einigkeit wahren, so unterschiedlich die Auffassungen in den geheimen Beratungen auch gewesen sein mögen. Schon ein knappes Ergebnis wie das vom Mittwoch erregt deshalb Aufmerksamkeit. Eine abweichende Meinung, die kaum deutlicher hätte formuliert sein können, kam noch hinzu. Sie stammt von Astrid Wallrabenstein – ausgerechnet, könnte man meinen.
Die 1969 in Münster geborene Frankfurter Rechtsprofessorin, deren Vorfahren aus Ungarn kommen und deren Sprache sie fließend beherrscht, gehört dem Gericht seit zwei Jahren an. Promoviert wurde sie von Brun-Otto Bryde, dem ersten von den Grünen vorgeschlagenen Verfassungsrichter. Nach einer Zeit als Anwältin wurde Wallrabenstein 2008 zunächst Professorin in Bielefeld. Ihre wissenschaftlichen Schwerpunkte liegen im Staatsangehörigkeits- und im Sozialrecht. Zu diesen Themen meldete sie sich vor ihrer Zeit in Karlsruhe schon entschieden zu Wort. Die Pläne für eine Ausbürgerung von IS-Kämpfern nannte Wallrabenstein in einem Gastbeitrag für F.A.Z. Einspruch „im Wortsinne grenzenlos egoistisch“. Deutschland vergesse ein Versprechen, das es nach dem Holocaust gebeben habe: „displaced persons eine Heimstatt zu sein und nie wieder selbst welche zu produzieren“.
Astrid Wallrabenstein bei ihrer Ernennung zur Verfassungsrichterin am 22. Juni 2020 in Berlin
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Bild: Matthias Lüdecke
Auch Wallrabenstein wurde von den Grünen für das Verfassungsgericht vorgeschlagen, als Nachfolgerin Andreas Voßkuhles im Zweiten Senat. Dort war ihr Beginn holprig. Anfang 2021 schloss die Mehrheit ihrer Kollegen sie wegen Befangenheit aus einem Verfahren aus. Der Senat folgte damals einem Antrag Peter Gauweilers, der das EZB-Urteil erstritten hatte. Nun ging es um dessen Umsetzung. Anlass für den Befangenheitsantrag waren Äußerungen Wallrabensteins in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Nach ihrer Wahl und vor Ernennung zur Verfassungsrichterin hatte sie dort Wege zur Lösung des EZB-Konflikts umrissen. Aus Sicht des Senats maß sie dabei „jedenfalls dem Wortlaut des Urteils“ keine „entscheidende Bedeutung“ bei. Seine Haltung war strikt.
Nun könnte es so wirken, als habe sich Wallrabenstein trotzig aus der Defensive befreit. Zumindest in den Verhandlungen wirkte es bisher aber nicht so, als wäre sie dort je gewesen. Wallrabenstein tritt forsch und pointiert auf. Ihr sachfremde Intentionen zu unterstellen, wäre abwegig. Für die anerkannte Wissenschaftlerin zählt die Kraft des Arguments. Das merkt man ihren Veröffentlichungen und auch dem Sondervotum an. Dessen Inhalt muss man nicht einmal teilen, um ihn bedenkenswert zu finden.
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