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#Wie abhängig ist die Mode vom russischen Markt?

„Wie abhängig ist die Mode vom russischen Markt?“

Es ist viel los am Freitagnachmittag vergangener Woche in diesem Schmuckladen an einer der Luxusmeilen in Deutschland. Am Tag, nachdem Wladimir Putin die Ukraine überfallen hat, lässt sich hier auch eine russischsprachige Kundin Armbänder anlegen und auf Russisch von einer Verkäuferin erklären. Dass Kunden in ihrer Landessprache bedient werden, sofern es sich um Russisch oder Chinesisch handelt, ist in Luxusboutiquen in Deutschland längst üblich. Bedarf scheint da zu sein.

Jennifer Wiebking

Redakteurin im Ressort „Leben“ der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Mehrheit der russischen Bevölkerung mag den Verfall des Rubels nicht erst seit einer Woche spüren. Eine kleine Minderheit shoppt trotzdem weiter. Von irgendwo her ruft jemand in diesem Schmuckgeschäft in Deutschland eine Zahl herüber: 9000 Euro. So etwas können sich nur wenige Menschen leisten. Was wenn von diesen wenigen nun einige in Russland sitzen? Wie abhängig ist der Luxus von Russland?

Die Zahlen zeigen: wichtig sind andere

Gemäß Zahlen der Unternehmensberatung Bain entfallen zwei bis drei Prozent vom Markt mit Luxusgütern auf Russland. Das ist nicht viel. Die zwei Großen heißen Nord- und Südamerika, mit einem Anteil von 31 Prozent, und China, mit 21 Prozent. In den frühen Zehnerjahren richteten sich einige Designer noch ästhetisch nach dem opulenten Stil der Russen mit ganzen Kollektionen von gefärbten Pelzen.

2014 erklärte der damalige Escada-Chef Bruno Sälzer in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, auf wirtschaftliche Konsequenzen in Folge der Krim-Annektierung angesprochen, Sanktionen „wären ein Drama“. So kam es: Escada ist heute Geschichte.

Ein Einkaufszentrum in Moskau. Wie sieht ist die Mode auf den russischen Markt angewiesen?


Ein Einkaufszentrum in Moskau. Wie sieht ist die Mode auf den russischen Markt angewiesen?
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Bild: AFP

Nicht viel mehr als Spenden

Die ersten Reaktionen der Modemarken in den vergangenen Tagen auf den Krieg in der Ukraine zeigen, welche Bedeutung ein paar Prozent immer noch haben – oder Güter im Wert von rund einer Milliarde Euro, die gemäß der italienischen Modekammer jedes Jahr von dort nach Russland gehen: Der FC Schalke 04 hat seinen Sponsor Gazprom rausgeworfen. Die Liste der Unternehmen anderer Branchen, die ihre Geschäfte mit Russland pausieren, wird immer länger.

Von den großen Luxuskonzernen – LVMH (Louis Vuitton, Dior, Celine), Kering (Gucci, Bottega Veneta, Saint Laurent) und Only The Brave (Diesel, Marni, Jil Sander) kommen bislang allenfalls Spenden und Unterstützung für Menschen auf der Flucht. Das ist nicht viel, wenn das Geschäft für dieselben Häuser in den vergangenen zehn Jahren in Russland so lukrativ war, dass viele von Franchise-Konzepten auf eigenständig handelnde Läden umgestiegen sind. Auch deshalb wäre es nun unkomplizierter, Stopp zu sagen. Das machen Discounter wie H&M und Mango zum Beispiel. Oder die Onlinehändler Net-a-porter und Asos. Allerdings liefern FedEx, UPS und DHL aktuell auch gar keine Päckchen aus.

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Die echten Bekenntnisse fehlen bislang

Wenn es um populäre Statements halbpolitischer, halbgesellschaftlicher Natur geht, ist die Luxusmode häufig ganz vorne dabei: nähte Pussyhats anlässlich der „MeToo“-Bewegung vor sechs Jahren, postete schwarze Kästchen auf Instagram anlässlich der Black-Lives-Matter-Bewegung vor zwei Jahren.

Auch Kering ließ sich zu einer Friedenstaube auf seinem Instagram-Account am Donnerstag, den 24. Februar hinreißen. Giorgio Armani setzte ein Zeichen, indem er anlässlich seiner Schau in Mailand die Musik wegließ. Ladenschließungen wären ein klareres Signal und eigentlich auf Linie mit dem grundsätzlich westlichen Geist, den diese Häuser seit Jahrzehnten über ihr Marketing vermitteln. Aber wenn es ums Geld geht, soviel ist nach einer Woche Krieg zu bemerken, fehlen bislang die Bekenntnisse, die einen größeren Unterschied machen könnten.

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