Wissenschaft

#Wie aus Pflanzen Deko-Lampen werden könnten

Statt mit strombetriebenen Glühbirnen oder LEDs könnten Wohnungen und Gärten künftig durch leuchtende Pflanzen erhellt werden. Denn ein neu entdecktes Pflanzengen ermöglicht es Forschenden, die natürlich vorkommende Biolumineszenz von Pilzen in Pflanzen effektiver als bislang zu nutzen. Das Gen wandelt Energie aus dem Pflanzenstoffwechsel in Licht um und kommt in unterschiedlichen Varianten in verschiedenen Arten vor. Die erste so entwickelte Leucht-Pflanze strahlt 100 Mal stärker als ohne das neu entdeckte Gen. Doch der Mechanismus ist nicht nur dekorativ, sondern kann künftig auch verwendet werden, um molekulare Prozesse in Pflanzen zu erforschen.

Einige Lebewesen besitzen von Natur aus die Fähigkeit, Licht zu produzieren und im Dunkeln zu leuchten. Diese Biolumineszenz ist aus verschiedenen Tierarten wie Quallen, Fischen und Glühwürmchen bekannt, kommt aber auch in Pilzen vor. Forschende versuchen seit längerem, diese natürliche Strahlkraft auch auf Pflanzen zu übertragen. Dabei orientieren sie sich an den molekularen Stoffwechselprozessen von biolumineszenten Pilzen, weil diese physiologisch denen von Pflanzen ähneln, wie frühere Studien zeigten. Die Forschenden ahmten diese Prozesse in Pflanzen nach, indem sie fünf Pilzgene in Pflanzen transferierten. Das ist allerdings aufwendig und ergab bislang nur Pflanzen mit geringer Leuchtkraft.

Pflanzengen verstärkt Leuchtkraft von transgenen Pflanzen

Das hat sich nun geändert. Ein Forschungsteam um Kseniia Palkina von der russischen Forschungseinrichtung Planta LLC hatte frühere Studien nach Hinweisen auf ein pflanzeneigenes Gen durchforstet, das zu der Biolumineszenz beitragen könnte. Tatsächlich wurden sie fündig: in insgesamt zwölf verschiedenen Pflanzen aus ganz unterschiedlichen Gattungen fanden sie ein solches Gen. Es kodiert für ein Enzym, eine Hispidin-Synthase. Das in diesen Pflanzen und Pilzen produzierte Enzym katalysiert die komplizierteste der verschiedenen chemischen Reaktionen, die zum Leuchten der Pilze führen, wie die Tests ergaben. Das Gen kommt in den verschiedenen Pflanzenarten in unterschiedlichen Varianten vor, wie Palkina und ihre Kollegen feststellten.

gentechnisch veränderte Leucht-Chrysantheme
Durch die Nutzung des Hispidin-Synthase-Signalwegs in Pflanzen haben die Wissenschaftler unter anderem Chrysanthemen geschaffen, die im Dunkeln leuchten. © LightBio

Dieser Fund ist der erste Hinweis, das Biolumineszenz auch von Natur aus in Pflanzen vorkommen könnte. In Versuchen mit der Modellpflanze Nicotiana benthamiana ist es dem Team zudem gelungen, dieses neu entdeckte Pflanzen-Lumineszenzgen mit den schon bekannten Pilzgenen zu kombinieren. Dadurch reicht es aus, wenn statt der bisher fünf Pilzgene nur drei in die Pflanzen eingeschleust werden. Das neue Gen diente dabei als Brücke zwischen dem Leuchtmechanismus der Pilze und der Pflanzen und zugleich als Brücke zwischen dem Energiestoffwechsel der Tabakpflanze und ihrer Biolumineszenz. Dadurch begannen die solcherart gentechnisch veränderten Pflanzen heller zu leuchten als in allen früheren Ansätzen, wie Palkina und ihre Kollegen berichten. Auch mit anderen Pflanzenarten gelang dies.

Die Forschenden bauten den hybriden Leuchtmechanismus bestehend aus dem Pflanzengen für die Hispidin-Synthase und den drei übrigen Pilzgenen jedoch nicht nur erfolgreich in verschiedene Pflanzen ein, sondern auch in Hefezellen und menschliche Zellen. Die Hefezellen leuchteten dann sogar heller, als wenn der „klassische“ Leuchtmechanismus aus Glühwürmchen eingebaut wurde. In menschlichen Zellen erzielte der neue hybride Mechanismus von Palkina und ihrem Team jedoch nur ein schwaches Leuchten.

Leucht-Petunie bald in den USA zu kaufen

Insgesamt verringert das Gen den technischen Aufwand, um Pflanzen sichtbar zum Leuchten zu bringen, weil es kleiner ist als die beiden zuvor verwendeten Pilzgene und nach dem Einbau keine Modifikationen mehr erfordert. Das US-amerikanische Unternehmen Light Bio nutzt diese Technologie bereits und hat damit eine Petunien-Art entwickelt, die laut dem Unternehmen so hell „wie Mondlicht“ leuchtet. Ihre Strahlkraft sei durch die neue Gentechnik 100 Mal stärker als ohne das pflanzeneigene Gen. In den USA ist die Züchtung der Leucht-Petunie bereits zugelassen, sie wird dort nach Angaben des Unternehmens ab April für 29 Dollar verkauft. Bereits im Vorfeld sei die Nachfrage groß. Künftig sollen weitere Pflanzenarten mit noch stärkerer Leuchtkraft folgen.

Neben der kommerziellen Verwertung liefert die Forschung aber auch grundlegende Erkenntnisse über den Stoffwechsel der Pflanzen. Denn die Methode macht molekulare Prozesse sichtbar und kann durch geschickte Verknüpfung als Reportersignal dienen: „Bei dieser Technologie handelt es sich um ein Plug-and-Play-Tool zur Visualisierung praktisch jedes molekularen Stoffwechselvorgangs auf der Ebene des Organismus in Echtzeit“, sagt Palkinas Kollege und Seniorautor Karen Sarkisyan. Die Technik könnte künftig zum Beispiel verwendet werden, um molekulare Stressreaktionen in Pflanzen zu identifizieren. In der Folge könnten resistentere Pflanzensorten entwickelt werden, die mit Stressfaktoren wie Trockenheit oder Krankheitserregern besser klarkommen. Darüber hinaus wollen die Forschenden untersuchen, ob Pflanzen weitere Gene besitzen, die biolumineszente Reaktionen ermöglichen.

Quelle: Kseniia Palkina (Planta LLC) et al., Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adk1992

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