Wissenschaft

#Wie Bakterien Plastik verstoffwechseln

Plastikmüll belastet weltweit die Umwelt. Eine Hoffnung bei der Bekämpfung des Müllproblems könnten sogenannte plastikfressende Bakterien sein. Diese sind in der Lage, sich von den Kohlenstoffverbindungen aus den Kunststoffen zu ernähren und das Plastik dadurch biologisch abzubauen. Zwei Studien haben nun den Stoffwechsel solcher Bakterien genauer untersucht und Möglichkeiten zur Kultivierung der Plastikfresser erforscht. Die Ergebnisse ebnen den Weg zu einem industriellen Einsatz der biologischen Helfer.

Plastik bietet uns zahlreiche nützliche Eigenschaften: Es ist leicht, preiswert, bruchsicher, vielseitig und langlebig. Gerade die Langlebigkeit wird jedoch zum Problem, wenn es um die Entsorgung geht. Zwar können einige Plastikprodukte recycelt werden, doch oft reichern sie sich stattdessen in der Umwelt an, wo sie Jahrhunderte überdauern können. Gerade bei Materialien, die aus verschiedenen Arten von Kunststoffen bestehen, ist das Recycling bislang sehr aufwendig oder kaum sinnvoll möglich. Dazu zählen beispielsweise Produkte, die mit dem Kunststoff Polyesterurethan (PEU) beschichtet sind, darunter Fischernetze, Seile und bestimmte Textilien. PEU erhöht die Haltbarkeit der Produkte, erschwert aber gleichzeitig ihren Abbau.

Kompostbakterium mit besonderen Eigenschaften

Ein Forschungsteam um Jan de Witt vom Forschungszentrum Jülich hat nun eine Gattung von Bakterien genauer unter die Lupe genommen, die hier Abhilfe schaffen könnte. Die sogenannten Halopseudomonas-Bakterien kommen in extremen Lebensräumen vor, darunter in Bereichen der Tiefsee, die mit Erdöl oder Schwermetallen verschmutzt sind. Die Spezies, mit der sich de Witt und sein Team beschäftigt haben, Halopseudomonas formosensis FZJ, haben die Forschenden dagegen aus einem deutschen Kompost isoliert. In ihren Experimenten zeigte sich, dass diese Bakterien auch das Kohlenwasserstoffgerüst einiger Kunststoffe abbauen können.

„Das Bakterium ist in der Lage, auf verschiedenen Arten von PEU zu wachsen und diesen Kunststoff als einzige Kohlenstoffquelle zu nutzen“, berichten de Witt und sein Team. „Nach 72 Stunden Kultivierung waren verschiedene PEU-Beschichtungen vollständig depolymerisiert.“ Neben der hohen Geschwindigkeit der Zersetzung stießen die Forschenden auf einen wichtigen Vorteil des von ihnen isolierten Stamms gegenüber anderen Halopseudomonas-Spezies: „Der von uns isolierte Stamm war besonders tolerant gegenüber hohen Temperaturen und konnte den Kunststoff bei bis zu 50 Grad Celsius abbauen“, so das Team. „Die meisten anderen Spezies wachsen nur bei Temperaturen bis zu 37 Grad Celsius.“ Diese Eigenschaft ist wichtig für mögliche industrielle Anwendungen, bei denen oft hohe Temperaturen entstehen – ähnlich wie im Inneren eines Komposthaufens, dem natürlichen Lebensraum von H. formosensis.

Auf dem Weg zur biotechnologischen Anwendung

Mit Hilfe genetischer Analysen stieß das Forschungsteam auf ein vom Bakterium produziertes Enzym, das für den Abbau des Plastiks wichtig ist. Schalteten sie das Gen für dieses Enzym ab, konnten die auf diese Weise genetisch veränderten Bakterien das PEU kaum noch abbauen. Dieses Ergebnis belegt einerseits die entscheidende Rolle des identifizierten Enzyms und zeigt andererseits, dass es möglich ist, H. formosensis genetisch zu modifizieren. Für zukünftige Anwendungen wäre es somit auch denkbar, die Enzymproduktion und damit die Aktivität beim Plastikabbau gentechnisch zu erhöhen.

Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur biotechnologischen Anwendung der Bakterien ist zudem, sie in großen Stil kultivierbar zu machen. Damit beschäftigte sich eine zweite Studie von Forschenden aus dem gleichen Team, geleitet von Luzie Kruse von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. „Mit bestehenden Kultivierungs- und Klonierungsmethoden lassen sich diese Bakterien bislang nicht ohne weiteres züchten“, erklären die Forschenden. „Wir haben uns mit diesen Einschränkungen auseinandergesetzt und für mehrere Halopseudomonas-Stämme mikrobiologische und molekulargenetische Methoden etabliert.“ Diese Methoden können in Zukunft als eine Art Werkzeugkasten dienen und ebnen den Weg, Halopseudomonas tatsächlich industriell zu nutzen.

„Das profunde Wissen über Mikroorganismen und Enzyme trägt zum Verständnis der Interaktion von Mikroben mit synthetischen Polymeren bei“, schreiben die Forschenden. „Daher weist diese Studie den Weg für künftige Bio-Recycling-Strategien, die auf das Recycling ganzer Kunststoffe einschließlich ihrer Beschichtungen abzielen.“

Quellen: Jan de Witt (Forschungszentrum Jülich) et al., Microbial Biotechnology, doi: 10.1111/1751-7915.14362; Luzie Kruse (Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf) et al., Microbial Biotechnology, doi: 10.1111/1751-7915.14369

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