Nachrichten

#Nach dem Defilee in den Schrank

Inhaltsverzeichnis

Nach dem Defilee in den Schrank

Die Vorbereitungen dieser Modenschau waren ein Rennen gegen die Zeit. Erst kurz zuvor hatten Yves Saint Laurent und sein Partner Pierre Bergé ihre neue Marke gegründet und ein Stammhaus an der Rue Spontini im feinen 16. Bezirk von Paris gefunden. Das Gebäude musste noch renoviert, die Wände gestrichen, die Stoffe bestellt, die Kollektion gezeichnet, die Entwürfe gefertigt, das Logo entworfen werden. Dabei hatten die beiden kaum Geld. Und noch schlimmer: Yves Saint Laurent selbst, erst 25 Jahre alt, sah im Januar 1962 noch schmal, unreif, blass und krank aus. Der junge Star der Pariser Mode war ein nervliches Wrack. Wie sollte er die Anspannung und die Aufregung überstehen?

Alfons Kaiser

Verantwortlicher Redakteur für das Ressort „Deutschland und die Welt“ und das Frankfurter Allgemeine Magazin.

Vier Jahre zuvor, mit erst 21 Jahren, hatte er als Nachfolger des früh verstorbenen Christian Dior eine umjubelte Kollektion vorgestellt. Aber das Glück bei Dior war nur von kurzer Dauer. Denn der „petit prince de la mode“ wurde zum 1. September 1960 zum Militärdienst einberufen, musste wegen einer „nervösen Depression“ bald ins Militärkrankenhaus und wurde in der psychiatrischen Klinik Val-de-Grâce mit Elektroschocks und Sedativa ruhiggestellt. Bei Dior entließ man ihn umstandslos und ersetzte ihn durch Marc Bohan. „Es war so schrecklich“, erinnert sich Victoire Doutreleau, das einstige Star-Mannequin Christian Diors, das Saint Laurent und Bergé beim Aufbau ihres eigenen Modehauses unterstützte. „Yves beim Militär – das ist so, als würde man einen Schwan in einen Käfig mit lauter Katzen stecken.“

Saint Laurent und Bergé verklagten das Modehaus Dior wegen Vertragsbruchs und erhielten 680.000 Franc Entschädigung. Das war aber längst nicht genug, um eine eigene Modemarke zu gründen. Pierre Bergé, der sich zu einem gerissenen Geschäftsmann entwickelte, gewann noch rechtzeitig einen Investor: Der Amerikaner J. Mack Robinson, der mit Gebrauchtwagen und Versicherungen reich geworden war, half mit einer Mehrheitsbeteiligung beim Aufbau des Modehauses. Es war bitter nötig, denn Saint Laurent war von Dior die teuersten Stoffe gewohnt. Und wie bei Dior kosteten allein der Blumenschmuck und der Champagner für die Schau ein Vermögen. Noch einen Trick hatte sich Bergé daher einfallen lassen: Geschäftskunden wie die Einkäufer des New Yorker Luxus-Kaufhauses Bergdorf Goodman mussten, um eingelassen zu werden, 1000 Dollar im Voraus bezahlen; die bestellte Waren wurde dann nachträglich darauf angerechnet.

Mit seinem Lieblingsmannequin: Yves Saint Laurent und Victoire Doutreleau im Jahr 1958


Mit seinem Lieblingsmannequin: Yves Saint Laurent und Victoire Doutreleau im Jahr 1958
:


Bild: Archiv Victoire Doutreleau

Die Erwartungen an das Mode-Debüt an jenem 29. Januar 1962 waren überlebensgroß. An der Rue Spontini 30 bildeten sich morgens eine lange Schlange. Alle kamen: die Schriftstellerin Françoise Sagan, die Tänzerin Zizi Jeanmaire, die Kosmetikmagnatin Helena Rubinstein, die „Vogue Paris“-Chefin Edmonde Charles-Roux. In der ersten Reihe saß auch Saint Laurents Mutter Lucienne. Die Stühle waren bis auf den letzten Platz besetzt, und auch auf den Treppen drängten sich die Gäste, als um kurz nach 10.30 Uhr das erste Mannequin hervortrat: Victoire Doutreleau in einem rosa-grün karierten Kostüm, geschminkt mit rosafarbenem Lippenstift von Helena Rubinstein. Applaus.

Im Schrank versteckt

Heute sind Modenschauen nach zehn oder spätestens zwanzig Minuten vorbei. Dieses Defilee mit sage und schreibe 104 Looks dauerte geschlagene zwei Stunden – die Gäste klatschten und jubelten trotzdem am Ende. Yves Saint Laurent hatte die ganze Zeit durch ein kleines Loch aus dem Backstage-Bereich in den Salon mit den Zuschauern geschaut. Nun mussten ihn seine Mitarbeiter nach vorne schieben. Zizi Jeanmaire umarmte ihn, und er brach in Tränen aus. Die zuverlässige Saint-Laurent-Biographin Alice Rawsthorn schreibt, der scheue Modeschöpfer habe sich vor den herandrängenden Menschen so sehr gefürchtet, dass er sich in einem Schrank versteckte.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!