#Wie das Gehirn Gerüche mit Orten verknüpft
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„Wie das Gehirn Gerüche mit Orten verknüpft
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So riecht das Büro, so die Küche…: Worauf beruht die Verknüpfung von Geruchseindrücken mit Orten, die unsere Wahrnehmung und die vieler Tiere prägt? Aus einer Studie an Ratten geht nun hervor, dass in einem bestimmten Nervennetzwerk im Riech-Zentrum eine geruchlich-räumliche Karte entsteht, anhand der sich die Tiere orientieren. Dieses Grundprinzip prägt vermutlich auch die menschliche Wahrnehmung, sagen die Forscher.
Unsere Orientierung und die Erinnerungen an bestimmte Orte basiert bekanntlich vor allem auf visuellen Eindrücken. Doch wie wohl jeder aus eigener Erfahrung weiß, können auch geruchliche Assoziationen stark ausgeprägt sein: Ein Duft, Gestank oder ein spezielles Aroma können uns sogar geistig an einen bestimmten Ort versetzen. Einer Redewendung zufolge orientieren wir uns außerdem manchmal „der Nase nach“. Bei einigen Tierarten spielt dies bekanntlich eine viel wichtigere Rolle: „Sie nutzen Gerüche für die räumliche Navigation und das Gedächtnis, was ihnen ermöglicht, wertvolle Ressourcen wie Nahrung zu finden“, sagt Cindy Poo vom Champalimaud Centre for the Unknown in Lissabon. „Wir wollten die neuronalen Grundlagen dieser Verhaltensweisen verstehen und haben deshalb an Ratten untersucht, wie das Gehirn Geruchs- und Rauminformationen kombiniert“, so die Wissenschaftlerin.
Geruchlich-räumlicher Assoziation auf der Spur
Bisher war bereits bekannt, dass Neuronen im Hippocampus des Gehirns als „Ortszellen“ fungieren: Sie werden an spezifischen Orten in einer Umgebung aktiv. Zusammen kodieren sie damit ganze Bereiche – es entsteht eine räumliche Karte im Gehirn. Diese Entdeckung bei Ratten wurde 2014 sogar mit dem Nobelpreis gewürdigt. Die neuronalen Effekte im Hippocampus sind sogar so ausgeprägt, dass Wissenschaftler anhand bestimmter Aktivitätsmuster feststellen können, wo sich ein Tier in einem räumlichen System aufhält. Poo und ihre Kollegen sind im Rahmen ihrer Studie nun dem Verdacht nachgegangen, dass es auch im Riech-Zentrum des Gehirns, dem olfaktorischen Kortex, zu ähnlichen Effekten kommt – und zwar im Zusammenhang mit Geruchseindrücken. „Wir vermuteten, dass diese Hirnregion mehr kann als nur verschiedene Gerüche zu identifizieren“, sagt Poo.
Um Einblicke zu gewinnen, führten die Forscher Versuche mit Ratten in einem Labyrinth-System durch: „Sie lernten dort, bestimmte Gerüche sowie Belohnungen mit speziellen Orten zu assoziieren“, erklärte Poo. Während die Tiere entsprechende Aufgaben lösten, blickten ihnen die Wissenschaftler gleichsam ins Gehirn. Dazu waren den Ratten zuvor kleine Implantate eingesetzt worden, die in einem Teil des olfaktorischen Kortex die Aktivität der Neuronen erfassten. „Indem wir die elektrischen Signale aufzeichneten, die von Hunderten einzelner Neuronen in diesem Hirnbereich ausgesendet wurden, konnten wir entschlüsseln, worum sich bestimmte Neuronen kümmerten. Zum Beispiel, ob sie aktiv wurden, wenn das Tier einen bestimmten Geruch wahrnahm, oder wenn es sich an einer bestimmten Stelle im Labyrinth befand“, erklärt Seniorautor Zachary Mainen.
Geruchsneuronen kodieren räumliche Karten
Wie die Forscher berichten, entdeckten sie im olfaktorischen Kortex eine Population von Neuronen, die offenbar ähnlich wie die Hippocampus-Ortszellen reagieren: Sie werden an einem bestimmten Ort im Labyrinth aktiv – sie bilden eine neuronale Karte des Systems ab. Der Nervenkomplex deckt dabei allerdings vor allem die relevanten Stellen im Labyrinth ab – wo die Tiere die Gerüche wahrnahmen und Belohnungen erhielten. „Wir fanden heraus, dass einige der Neuronen auf den Geruch reagierten, andere auf den Ort und wieder andere in unterschiedlichem Maße auf beide Arten von Informationen. All diese verschiedenen Neuronen sind wiederum vermischt und wahrscheinlich auch miteinander verbunden. Daher liegt nahe, dass die Aktivierung von Geruchs-Raum-Assoziationen durch Aktivitäten innerhalb dieses Netzwerks erfolgt“, sagt Poo.
Doch bilden auch wir auf diese Weise Erinnerungen, die spezielle Gerüche mit bestimmten Orten verbinden? „Der Mensch verlässt sich mehr auf visuelle Orientierungspunkte als auf Gerüche, aber es ist wahrscheinlich, dass die Prinzipien, nach denen wir uns erinnern, wo wir waren und wohin wir gehen, sehr ähnlich sind“, sagt Mainen. „Unsere Studie kann somit zum grundlegenden Verständnis beitragen, wie die Sinne für Navigation und Gedächtnis genutzt werden“, so der Wissenschaftler.
Quelle: Champalimaud Centre for the Unknown, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-021-04242-3
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