#Wie die Grünen um Erststimmen kämpfen
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„Wie die Grünen um Erststimmen kämpfen“
Franziska Brantner macht einen Wahlkampfbesuch bei der jungen Firma Polysecure im Freiburger Stadtteil St. Georgen. Vor den Versuchslaboren haben die Geschäftsführer eine rote, eine grüne und eine gelbe Gießkanne aufgestellt. Die Politikerin soll die Kannen so anordnen, wie das Bundestagswahlergebnis ausfallen könnte. Die Spitzenkandidatin der baden-württembergischen Grünen stellt die grüne Gießkanne nach vorn. Und die gelbe ganz schnell an die Seite.
Brantner kandidiert für den Wahlkreis 274 in Heidelberg. An diesem Tag wird sie von Chantal Kopf begleitet, der Freiburger Kandidatin für den Wahlkreis 281. Beiden werden gewisse Chancen zugerechnet, das Direktmandat zu gewinnen. Chantal Kopf hat gute Aussichten; vor vier Jahren landete ihre Vorgängerin Kerstin Andreae nur 2,3 Prozentpunkte hinter dem CDU-Kandidaten. Für Brantner sieht es nicht ganz so gut aus. Der langjährige Platzhirsch der CDU in Heidelberg, Karl Lamers, tritt zwar nicht mehr an, hat aber seinen Nachfolger Alexander Föhr seit Jahren aufgebaut.
Brantner macht zum ersten Mal einen Erststimmenwahlkampf. In den Freiburger Laboren von Polysecure zeigen die Mitarbeiter ihren Besucherinnen, wie unterschiedlich verwendete Kunststoffe vor dem Recycling mit fluoreszierenden Stoffen gekennzeichnet werden können, damit aus einer alten Ölflasche später keinesfalls aus Versehen Kunststoff für Joghurtbecher gewonnen wird.
„Wir brauchen hierzu politische Unterstützung. Ohne Ordnungspolitik kennzeichnet kein Hersteller die Kunststoffsorten“, sagt Peter Hensle, Marketingchef der Firma. Brantner stimmt zu: „Für die Kreislaufwirtschaft ist das sehr wichtig. Wenn wir es nicht schaffen, Rohstoffe zu recyceln, kriegen wir den Green Deal nicht hin. Auch bei den Batteriezellen der E-Autos nicht.“
Hauptgegner sind meist die Sozialdemokraten
Anders als in anderen Bundesländern ist der Kampf um Direktmandate für grüne Bundestagskandidaten im Südwesten ein dezidierter Kampf gegen die Konkurrenz von der CDU. Um Wirtschaftsfreundlichkeit zu demonstrieren, besucht Brantner viele Unternehmen. „Wir wollen zeigen, dass die Wirtschaft viel weiter ist als die Politik“, sagt sie. Mit „Politik“ ist der politische Hauptgegner gemeint, die CDU.
Sieht man von einigen Bundestagswahlkreisen im ländlichen Bayern oder Niedersachsen ab, dann sind die Hauptgegner der Grünen in Berlin, Hamburg, München, Köln oder Mainz immer die Sozialdemokraten. Nur im Osten – etwa in Leipzig – ist es die Linkspartei. Zu Beginn des Wahlkampfs, als einige Medien schon Annalena Baerbock im Kanzleramt wähnten, sah das etwas anders aus. Die SPD war dritte Kraft, für die Grünen war die CDU auch außerhalb Baden-Württembergs Hauptgegner. In der Bundesgeschäftsstelle rechnete man damals mit etwa 60 Direktmandaten. Die Fehler Baerbocks und der Aufstieg von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz haben diese Hoffnungen zunichtegemacht – sieben bis zehn grüne Direktmandate würden nun schon als großer Erfolg zählen.
Erststimmen-Wahlkämpfe sind aufwendig und nur dann sinnvoll, wenn der Listenkandidat seinen Wahlkreis in der zurückliegenden Legislaturperiode intensiv beackert hat. Vielerorts sind die Kandidaten von SPD und der CDU gesellschaftlich besser verankert als die Grünen. Verkämpfen sich die Spitzenkandidaten Robert Habeck und Annalena Baerbock mit zu vielen Auftritten bei möglicherweise aussichtsreichen Listenkandidaten, könnte das auf Kosten des Zweitstimmenergebnisses gehen, das für die Grünen weit wichtiger ist.
Eine ausgefeilte Strategie gibt es nicht
Eine ausgefeilte Strategie, möglichst viele Direktmandate zu gewinnen, haben die Grünen deshalb nicht. „Wir machen keine Battleground-Kampagnen, weil wir einen Wahlkreis zwingend direkt gewinnen wollen. Aber wir unterstützen alle, die einen Direktwahlkampf machen, und haben für sie auch Trainings gemacht“, heißt es in der Berliner Parteizentrale. Für das „Reinwachsen in die Fläche“ seien direkt gewonnene Mandate immer gut. Der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete darf eben bei der Eröffnung eines Universitätsgebäudes noch ein Stück weiter vorn sitzen als der Listenkandidat.
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