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#Wie ein Konservativer Frankreich erobern will

Wie ein Konservativer Frankreich erobern will

Nur drei Minuten nach Schließung der Wahllokale stand Xavier Bertrand bereits vor den Fernsehkameras und ließ sich als Wahlsieger feiern. Alle Fernsehsender aus Paris schalteten in sein Wahlkampfhauptquartier in die Kleinstadt Saint-Quentin im Norden Frankreichs. „Wir haben das Rassemblement National geschlagen“, jubelte Bertrand, der den Sieg in der Wahlheimat Marine Le Pens sofort als Wählerauftrag für die Präsidentenwahl in nächsten Frühjahr deutete. Lange hatte man den 1,69 Meter großen, früheren Arbeitsminister unter Präsident Nicolas Sarkozy übersehen, doch jetzt drängt er sich als dritter Mann im Präsidentenrennen nach vorn.

Nach seinem Sieg mit knapp 53 Prozent der Stimmen bei den Regionalwahl in der Wahlheimat Marine Le Pens in der Nordregion Hauts-des-France will er es bei der Präsidentschaftswahl im April 2022 mit Emmanuel Macron und Le Pen aufnehmen. „Ich wende mich an die Schweigenden, die Unsichtbaren, die Vergessenen: Es gibt keine Fatalität. Die Politik ist nicht tot, sie kann das Leben besser machen“, sagte er.

Er zielte damit auf die große Mehrheit der Wähler ab, die nicht zu den Urnen gegangen waren. Mit einer Wahlbeteiligung von etwa 35 Prozent bei den landesweiten Regionalwahlen wurde ein Negativrekord verzeichnet. Der 56 Jahre alte Bertrand glaubt, die Politikverdrossenheit erfolgreich bekämpfen zu können. „Man muss die Ursachen für die Misere und die Wut bekämpfen. Moralische Belehrungen bringen gar nichts“, sagte er.

Gegen das Nacheifern Le Pens

Als Schaufenster in eigener Sache dient Bertrand seine Heimatregion, der verarmte Norden Frankreichs, der sich vom Verlust wichtiger Industrien im Bergbau und in der Textilwirtschaft nie erholt hat. 2015 war Bertrand in der Region zum ersten Mal angetreten und musste sich mit 25 Prozent der Stimmen beinahe gegen Marine Le Pen geschlagen geben, die damals 40 Prozent holte. Dank des Verzichts der Sozialisten zu seinen Gunsten wurde Bertrand schließlich doch im zweiten Wahlgang zum Regionalratspräsidenten gewählt.

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Seine Partei Les Républicains (LR) verließ er kurze Zeit später im Zorn über den Rechtsruck der Parteiführung. Er beschwerte sich darüber, dass die bürgerliche Rechte Le Pen nacheifere. Bertrands Devise war es, lieber die Sorgen der Wähler ernst zu nehmen, als die ausländerfeindlichen Parolen Le Pens nachzuplappern.

In seiner Region kam das offensichtlich gut an. Er drehte die Kräfteverhältnisse um. Im ersten Wahlgang schnitt Bertrand mit 41 Prozent der Wählerstimmen ab, während er den Kandidat Le Pens, Sébastien Chénu, mit einem Abstand von 17 Prozentpunkten auf den zweiten Platz verwies. Bei Macron hat sich Bertrand abgeschaut, wie man sich als Präsidentschaftskandidat in Szene setzt. Die Umfragen, die ihn derzeit bei 18 Prozent der Wählerstimmen hinter Macron und Le Pen mit jeweils 24 Prozent liegen sehen, lacht er einfach weg.

Die Bodenständigkeit des Handelsvertreters

In einer Fabrik für Autobatterien in Douai sollten Bertrand und Macron am Montag gleich das erste Mal aufeinanderstoßen. Während des Regionalwahlkampfs hatte Bertrand die Begegnung mit dem Präsidenten noch verweigert. Als Macron es zu einem Ortsbesuch an die ehemalige Schule seiner Großmutter in Poix de Picardie zog, zürnte Bertrand: „Da mischt sich ein Präsident auf Steuerzahlerkosten in den Regionalwahlkampf ein.“

Doch jetzt will sich Bertrand als Gegenpart zu dem Präsidenten positionieren. Der Jurist, der als Handelsvertreter einer Versicherungsgesellschaft arbeitete, verweist mit gewissem Stolz auf seine bescheidene Herkunft. „Ein Versicherungsvertreter in Flavy-le-Martel ist nicht dasselbe wie ein Investmentbanker in Paris“, sagte er kürzlich dem Magazin „Le Point“. Dem früheren Rothschild-Banker Macron hält er vor, die wahren Sorgen der meisten Franzosen nicht zu kennen und viel zu abgehoben zu sein.

Am Wahlabend skizzierte er bereits sein Präsidentschaftsprogramm. Bertrand klang dabei streckenweise, als sei Jacques Chirac zurückgekehrt. Er stehe für soziale Gerechtigkeit und wolle den „sozialen Bruch“ überwinden, bekundete er. Der Wahlkampfslogans Chiracs 1995 richtete sich gegen den „sozialen Bruch“. Als „Vorbedingung“ nannte Bertrand, „Ordnung und Respekt wiederherzustellen“. Unter der Kriminalität hätten vor allem die einfachen Leute zu leiden. „Mein Ziel ist, dass Arbeit sich wieder lohnt und den Leuten ein würdiges Leben ermöglicht, um ihre Kinder aufzuziehen“, sagte er. Seine Priorität seien die Mittelschicht und die einfachen Leute.

Seiner früheren Partei, die ihn ihm Wahlkampf unterstützt hatte, bot er an, das Team Frankreich zu leiten. Aber es ist fraglich, ob sich die parteiinternen Rivalen so schnell darauf einlassen. Der ehemalige Parteichef Laurent Wauquiez ist in der wirtschaftlich zweitstärksten Region Auvergne Rhone Alpen mit knapp 55 Prozent der Stimmen wieder gewählt worden und könnte Bertrands Führungsanspruch herausfordern. Das gilt auch für Valérie Pécresse, die in der Hauptstadtregion Ile-de-France wiedergewählt wurde.

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