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#Wie es mit den Zinserhöhungen der EZB jetzt weitergeht

Die Europäische Zentralbank hat die Zinsen gerade angehoben, nun wird darum gerungen, wie es weitergehen soll. EZB-Chefvolkswirt Philip Lane sagte am Montag, ein weiterer Schritt nach oben im Juli erscheine angemessen. Mit Blick auf die danach anstehende Septembersitzung wollte er sich allerdings nicht festlegen. Die EZB lasse sich bei ihren geldpolitischen Entscheidungen von der Datenlage leiten – und der September sei noch weit entfernt. „Über den September wird im September entschieden“, sagte Lane.

Auch die Gouverneure der Slowakei und Litauens erklärten, es bestehe keine Dringlichkeit, sich schon jetzt auf eine Entscheidung für die Sitzung am 14. September festzulegen.

EZB-Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel hingegen sagte in Luxemburg, die Notenbank könne sich mit Blick auf die Inflation keine Selbstgefälligkeit leisten und solle sich aktuell keine Sorgen darum machen, dass sie die Zinsen zu stark anheben könnte: „Wir müssen datenabhängig bleiben – und lieber zu viel als zu wenig tun.“

Vergangene Woche hatte die EZB die Leitzinsen um 0,25 Prozentpunkte erhöht. EZB-Präsidentin Christine Lagarde bezeichnete einen weiteren solchen Zinsschritt im Juli als „sehr wahrscheinlich“.

EZB-Falken wollen Zinserhöhungen auch noch im Herbst

Seither haben mehrere Falken, also Befürworter einer strafferen Geldpolitik aus dem EZB-Rat, signalisiert, dass die Zinserhöhungen bis in den Herbst hinein andauern könnten. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte am Freitag, die Zinsen müssten womöglich auch „nach der Sommerpause“ weiter erhöht werden.

Für den Chef der belgischen Zentralbank, Pierre Wunsch, könnte unter Umständen nicht einmal im September der Gipfel des Straffungszyklus erreicht sein: „Wenn die Kernrate in den kommenden Monaten auf Jahresbasis bei 5 Prozent bleibt, werden wir auch über September hinaus weiter anheben.“

EZB-Direktoriumsmitglied Schnabel widmete in ihrer Rede der Kerninflation, das ist die Teuerung ohne Energie und Lebensmittel, besondere Aufmerksamkeit. „Die Inflation hat begonnen, von ihrem historisch hohen Niveau zurückzugehen, was weitgehend auf den starken Rückgang der Energiepreise zurückzuführen ist“, sagte sie: „Auch die zugrunde liegende Inflation hat sich in letzter Zeit abgeschwächt – aber sie hat sich als hartnäckiger erwiesen als erwartet.“ Die EZB hat ihre Prognosen für die Kerninflation gerade spürbar nach oben korrigieren müssen.

Arbeitnehmer arbeiten nicht mehr so viele Stunden

Schnabel nannte drei Risiken, warum die Inflation nach oben überraschen könnte. Erstens könnten angebotsseitige Schocks den Euroraum weiter treffen, Öl und Gas könnten sich beispielsweise wegen des Ukrainekriegs oder der grünen Transformation verteuern.

Zweitens gebe es Gefahren, die man als „Hysterese“ bezeichne: Schocks, die vorübergehend seien, könnten langfristige Auswirkungen auf die Wirtschaftstätigkeit haben und das Wirtschaftsangebot belasten. So blieben die je Arbeitnehmer geleisteten Arbeitsstunden nach wie vor hinter der Zeit vor der Pandemie zurück. Dies habe zur Folge, dass trotz des starken Anstiegs der Beschäftigung um 3,1 Prozent die Gesamtzahl der geleisteten Arbeitsstunden im selben Zeitraum nur um 1,4 Prozent gestiegen sei. Ein Grund für die schleppende Erholung der durchschnittlichen Arbeitsstunden sei die deutliche Zunahme der Krankmeldungen, wie Zahlen aus Deutschland zeigten.

Das dritte Risiko sei, dass man die wirtschaftliche Abkühlung und ihre Auswirkungen überschätze. Schnabel äußerte zudem die Sorge, dass es Veränderungen bei den Inflationserwartungen gegeben habe. „In der Vergangenheit folgten die Inflationswahrnehmungen in der Regel eng den tatsächlichen Inflationstrends“, sagt die EZB-Direktorin. In letzter Zeit sei jedoch eine ungewöhnliche Kluft zwischen der wahrgenommenen und der tatsächlichen Inflation entstanden: „Offenbar hat sich der jüngste starke Rückgang der Gesamtinflation noch nicht auf die Wahrnehmung der Verbraucher ausgewirkt, da sie die Inflation weiterhin als historisch hoch empfinden.“

Die beobachtete Verschiebung der Inflationserwartungen könnte die Stärke der Transmission verringern, also die Durchsetzung der Geldpolitik behindern.

Starker Arbeitsmarkt ein Problem für die EZB

Ein heikler Punkt für die Wirksamkeit der Geldpolitik sei aktuell zudem der Arbeitsmarkt. „Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist nach wie vor außergewöhnlich hoch“, sagte Schnabel. Umfragen deuteten auf ein anhaltendes Beschäftigungswachstum trotz der Zinserhöhungen auch in den kommenden Monaten hin.

„Anders ausgedrückt: Einer der wichtigsten Kanäle für die Übertragung der Geldpolitik – wenn nicht sogar der wichtigste – funktioniert derzeit nicht wie üblich“, sagte Schnabel. Strukturelle Faktoren wie die Zunahme des Krankenstandes, der höhere Anteil der Dienstleistungen an der Wertschöpfung und der Mangel an Arbeitskräften trügen dazu bei.

Ein angespannter Arbeitsmarkt wiederum erhöhe die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer in einem Umfeld, in dem die Löhne schon in einem historisch hohen Tempo stiegen: „Würden die Löhne stärker steigen als derzeit prognostiziert und gleichzeitig die Produktivität möglicherweise sinken, würden die Unternehmen die höheren Arbeitskosten eher auf die Verbraucherpreise umlegen.“

Das alles spreche für viel Unsicherheit hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Inflation. Untersuchungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zeigten zudem, dass die Fehler bei Inflationsprognosen im Laufe der Zeit stark korrelierten, sagte Schnabel: „Mit anderen Worten: Die Tatsache, dass wir die Inflationspersistenz im letzten Jahr unterschätzt haben, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass wir die Inflation auch heute unterschätzen.“

Insgesamt plädierte Schnabel dafür, lieber zu viel bei den Zinserhöhungen zu machen als zu wenig; das sei im Zweifel leichter zu korrigieren.

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