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#Wie Frankreich mit Atomenergie das Klima schützt

Wie Frankreich mit Atomenergie das Klima schützt

Rund vier Jahre ist es her, da schleuderte Emmanuel Macron dem Leitmotiv des damaligen amerikanischen Präsidenten Donald Trump „make America great again“ eine Replik entgegen, die ein doppeltes Zeichen setzen sollte: „Make the planet great again“. Der frisch gewählte französische Präsident kämpfte um den Erhalt des Pariser Klimaabkommens, das die Vereinigten Staaten gerade aufgekündigt hatten, und plädierte für die multilaterale Zusammenarbeit.

Der dynamische Macron kann sich international oft gut in Szene setzen. Wie aber steht es in Frankreich um die Klimapolitik? Dazu einleitend einige Zahlen: Großbritannien hat Tausende Windkraftanlagen im Meer („off shore“) installiert. Frankreich verfügt trotz seiner langen Küsten bis heute über keine einzige. Nur 9 Prozent des französischen Stroms kamen 2019 aus erneuerbaren Energien, in Deutschland rund 35 Prozent. Am gesamten französischen Energieverbrauch unter Einschluss von Öl und Gas stellen Wind- und Solarenergie nur einen Anteil von 1,8 Prozent dar. Vor zehn Jahren lag der Anteil zwar erst bei einem Viertel des heutigen Niveaus, dennoch kocht Frankreich wegen des langsamen Ausbaus grüner Energien weiterhin auf kleiner Flamme.

Weniger Emissionen dank Nuklearenergie

Das Nachbarland muss sich im Kampf gegen den Klimawandel dennoch nicht verstecken, im Gegenteil. Dank seines hohen Nuklearanteils stoßen die Franzosen im Durchschnitt viel weniger CO2 aus als Deutsche, Amerikaner, Russen, Niederländer oder Japaner. Die Emissionen der Deutschen je Kopf der Bevölkerung überschreiten jene der Franzosen um drei Viertel.

Kein anderes Land der Welt setzt so wie Frankreich auf die Nuklearindustrie – auch nachdem 2020 der älteste Meiler in Fessenheim am Oberrhein nach 43 Jahren Laufzeit abgeschaltet wurde. Mehr als 70 Prozent der französischen Stromerzeugung stammen aus Kernkraftwerken. Nach dem Wunsch von Macron soll der Anteil bis 2035 auf 50 Prozent sinken, wofür er 14 Reaktoren abschalten will.

Aus deutscher Sicht ist dies nur Schneckentempo, doch im französischen Kontext ist der Teilausstieg eine Herausforderung. Die Antiatombewegung ist eine Minderheit. Gewerkschaften fürchten den Kahlschlag der betroffenen Regionen, gleichzeitig nimmt der Widerstand gegen Windräder zu. Zwei Kandidaten der Präsidentenwahlen im kommenden Jahr, Marine Le Pen und der konservative Politiker Xavier Bertrand, sprechen sich für einen Baustopp aus.

Die Verteidiger der Nuklearenergie halten den Teilausstieg ökonomisch wie klimapolitisch für unsinnig. Frankreich ersetze lediglich eine klimafreundliche Energieform durch eine andere. Die französischen Atommeiler seien sicher und könnten noch lange weiterlaufen, um kostengünstigen Strom zu liefern, heißt es. In den Vereinigten Staaten erreichen die Laufzeitverlängerungen inzwischen 80 Jahre.

Gesprengte Budgets

Allerdings unterschätzen diese Rechnungen die stark gestiegenen Kosten der Nuklearindustrie. Die Nachrüstungen sind wegen der zu Recht strengen Sicherheitsanforderungen aufwendig; und beim Neubau stellen sich erst recht viele Fragezeichen. Seit mehr als anderthalb Jahrzehnten bauen die Franzosen im finnischen Olkiluoto an einem Kernkraftwerk des Typs EPR 3, das jegliche Zeitpläne und Kostenbudgets gesprengt hat. Die Errichtung des gleichen Reaktortyps in Flamanville an der normannischen Küste ist fast ebenso heillos überteuert und verspätet. Seit der Bauwelle in den Siebziger- und Achtzigerjahren hat Frankreich viel technische Kompetenz verloren.

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Für den erhofften Export der Nuklearenergie fehlt ein Aushängeschild. Die Briten lassen sich von den Franzosen zwar einen EPR in Hinkley Point bauen, aber auch dort knirscht es an vielen Stellen. Der mehrheitlich staatliche Energiekonzern EDF hat in zehn Jahren mehr als die Hälfte seines Börsenwertes verloren. Derzeit scheinen nur die Chinesen in der Lage, EPR-Reaktoren zu bauen. EDF will jetzt kleinere Kraftwerke entwickeln, um Kunden zu finden.

Klar ist, dass die Franzosen nicht vollständig aus der Nuklearenergie aussteigen werden. Das wäre heute nicht nur ökonomischer Unsinn, sondern auch technisch kaum machbar. Die Regierung beobachtet die Energiepreise wie die Milch auf dem Herd. Der Schrecken der „Gelbwesten“-Bewegung, die auch durch gestiegene Benzinpreise ausgelöst wurde, sitzt ihr noch in den Knochen.

Doch wie soll klimafreundliches Verhalten ohne Preiserhöhungen erzielt werden? Dieser Frage geht die Regierung geflissentlich aus dem Weg. Sie will dem Klimaschutz Verfassungsrang geben, doch gleichzeitig bleibt ihre Politik erstaunlich unkonkret. Lange wird sich das Kriechtempo nicht fortsetzen lassen.

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