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#Wie Israels Regierung einen Besatzungskritiker brandmarkt

Wie Israels Regierung einen Besatzungskritiker brandmarkt

Als am Sonntag in Israel die Verleihung der höchsten zivilen Auszeichnung des Landes aufgezeichnet wurde, fehlte einer der Gewinner. Den Israel-Preis in der Sektion Mathematik und Informatik hat in diesem Jahr Oded Goldreich vom renommierten Weizmann-Institut gewonnen. Doch weigert sich Bildungsminister Joav Galant, ihm den Preis zu übergeben. 

Jochen Stahnke

Jochen Stahnke

Politischer Korrespondent für Israel, die Palästinensergebiete und Jordanien mit Sitz in Tel Aviv.

Zuletzt hatte Goldreich gemeinsam mit rund fünfhundert Akademikern eine Petition an die EU unterschrieben, die Zusammenarbeit mit der Hochschule Ariel in der gleichnamigen Siedlung in den besetzten Gebieten im Westjordanland bleiben zu lassen. Eine entsprechende Differenzierungspolitik im Rahmen des Forschungsprogramms Horizon 2020 ist in der EU bislang gängige Praxis gewesen, wogegen die israelische Regierung anarbeitet. 

Ist Goldreichs Distanzierung von BDS aufrichtig? 

Bildungsminister Galant gab bekannt, bevor Goldreich den Preis bekomme, müsse überprüft werden, ob er die propalästinensische Boykottbewegung BDS unterstütze. Zunächst müsse eine „Untersuchung abgeschlossen werden, ob der Professor die Ablehnung der Boykottbewegung ernst meint und ob die Informationen, die er dem Gericht und dem Staat übermittelt hat, korrekt sind“, sagte der Politiker von der rechten Likud-Partei. Das Oberste Gericht hatte Galant in der vergangenen Woche dreißig Tage zugestanden, seine Entscheidung zu begründen, dem Professor den Israel-Preis nicht zu überreichen. Minister Galant twitterte, man werde die zur Verfügung stehende Zeit nutzen, um zu überprüfen, ob die Distanzierung des Professors von der Boykottbewegung „aufrichtig“ sei. 

Goldreich, ein erklärter Gegner der Siedlungspolitik, sprach dagegen von „politischer Verfolgung“. Galant wolle „aufgrund meiner Ansichten verhindern, dass ich den Preis bekomme, weil ich ein Linker bin – es geht um nichts anderes“, so Goldreich in der Zeitung „Haaretz“. Wenn er den BDS unterstützen würde, dann hätte er den Preis nicht annehmen wollen. 

In einem Protestschreiben riefen die Präsidenten von sieben israelischen Universitäten den Bildungsminister auf, seinen Widerstand aufzugeben, zumal Galant nicht befugt sei, den von einem unabhängigen Gremium verliehenen Preis zu blockieren. „Einer Person den Preis aufgrund ihrer politischen Ansichten vorzuenthalten widerspricht den Prinzipien des Israel-Preises und beschädigt die Rede- und Gedankenfreiheit enorm“, heißt es darin. Allein akademische Leistungen sollten entscheiden. Am Sonntag hielten Wissenschaftler aus Protest eine alternative Preisverleihung auf dem Gelände des Weizmann-Instituts ab, wo der Informatiker David Harel seinen 2004 erhaltenen Israel-Preis auf dem Rasen des Forschungsgeländes symbolisch seinem Kollegen Goldreich übergab. 

Die Unterscheidung zwischen Israel und dem Westjordanland wird verwischt

Die Preisverleihung im Jerusalemer Messezentrum fand hingegen ohne den 64 Jahre alten Professor statt. Einem Radiobericht zufolge ergriff die Regisseurin Michal Bat Adam das Mikrofon und drückte ihr Bedauern aus, dass Goldreich nicht dabei sei. Darauf gab es Applaus. Gleichwohl schüttelten alle Preisträger dem amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie Galant die Hand. Die Aufzeichnung der Verleihung wird zum Unabhängigkeitstag ausgestrahlt.

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Die frühere Vorsitzende der Meretz-Partei Zehava Galon kritisierte, der israelische Staat versuche systematisch, die Unterscheidung zwischen Israel innerhalb der Grünen Linie und den seit 1967 besetzten Gebieten zu verwischen „und jeden, der sich für eine moralische Haltung in dieser Angelegenheit entscheidet, in einen Verbrecher zu verwandeln“. 

Goldreichs Anwalt, Michael Sfard, sagte der F.A.Z., es gehe eigentlich nicht um Professor Goldreich. „Das ganze Fiasko des Israel-Preises zielt auf eine Delegitimierung der israelischen Linken ab und darauf, abweichende kritische Meinungen zur Besatzung Palästinas als Verrat zu brandmarken.“ Dies führe zu einer „McCarthy-ähnlichen Entwicklung, politische Aussagen und Positionen von Kandidaten für die Verleihung eines Preises zu untersuchen, der mit der politischen Haltung des Gewinners nichts zu tun hat“. 

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