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#Wie Leberzellen zu Krebszellen werden

„Wie Leberzellen zu Krebszellen werden

Leberkrebs ist eine der tödlichsten Krebsarten – unter anderem, weil er in vielen Fällen erst spät entdeckt wird. Eine Studie hat nun aufgedeckt, welche Veränderungen im Zellstoffwechsel dazu führen, dass gesunde Leberzellen zu Krebszellen werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Molekül Acetyl-CoA, das an zahlreichen Stoffwechselprozessen beteiligt ist. Bei Leberkrebs ist es herunterreguliert, wie die Forscher feststellten. Dadurch werden Zellen in einen undifferenzierten Zustand zurückversetzt und können sich übermäßig vermehren. Die neuen Erkenntnisse könnten dazu beitragen, zukünftig Stoffwechselmarker zur Früherkennung von Leberkrebs zu identifizieren.

Die Leber ist das größte Stoffwechselorgan unseres Körpers. Sie verarbeitet und speichert Nährstoffe und baut Schadstoffe ab. Verschiedene Risikofaktoren können dazu beitragen, dass Leberzellen entarten und Tumore bilden. Zu den häufigsten Ursachen zählen Virusinfektionen wie Hepatitis C, Stoffwechselstörungen wie Diabetes sowie Fettleibigkeit und hoher Alkoholkonsum. In Deutschland ist Leberkrebs mit rund 10.000 Neuerkrankungen pro Jahr relativ selten, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen. Da der Tumor allerdings oft erst in einem späten Stadium entdeckt wird, ist Leberkrebs eine der häufigsten krebsbedingten Todesursachen.

Verheerende Veränderungen

Ein Team um Sujin Park von der Universität Basel hat nun auf molekularer Ebene untersucht, was passiert, wenn eine zuvor gesunde Leberzelle zu einer Krebszelle wird. „Tumorzellen sind egoistisch. Sie verändern ihren Stoffwechsel so, dass sie möglichst rasch wachsen“, erklärt Parks Kollege Dirk Mossmann. „Gleichzeitig vernachlässigen sie alle ihre Aufgaben als Leberzelle. Deshalb ist bei Krebspatienten die Leberfunktion beeinträchtigt.“ Für ihre Studie untersuchten die Forscher einerseits Proben aus Lebertumoren menschlicher Patienten, zum anderen beobachteten sie die ablaufenden Prozesse an Mäusen mit Lebertumoren.

Dabei stellten sie fest, dass in Lebertumoren ein zentrales Molekül des Zellstoffwechsels herunterreguliert ist: Acetyl-Coenzym A (Acetyl-CoA). Dieses Molekül ist ein Endprodukt vieler Abbauwege und ist in der Lage, zahlreiche andere Moleküle herzustellen oder chemisch zu verändern, indem es ein kleines chemisches Anhängsel, eine sogenannte Acetylgruppe, auf sie überträgt. Dadurch ist es unter anderem an der zellulären Signalübertragung und an der Regulation der Genexpression beteiligt.

Stoffwechsel umprogrammiert

„Wir haben herausgefunden, dass in Leberkrebszellen alle möglichen Stoffwechselwege, bei denen Acetyl-CoA entsteht, heruntergefahren sind“, erklärt Park. „Dies wirkt sich auf viele andere Proteine aus wie etwa Stoffwechselenzyme. Die Funktion der Enzyme verändert sich, da sie nicht mehr durch Acetyl-CoA modifiziert werden. Den Tumorzellen kann das helfen, Zucker besser abzubauen und Energie daraus zu gewinnen.“ Ein weiterer Effekt ist, dass Acetyl-CoA die Differenzierung von Zellen beeinflusst. Durch einen niedrigen Acetyl-CoA-Spiegel werden die Leberzellen umprogrammiert und in ein frühes, unreifes Entwicklungsstadium zurückversetzt. Sie verlieren ihre charakteristische Funktion und beginnen sich schnell zu teilen.

Doch wie schaffen es Tumorzellen, sämtliche Acetyl-CoA-Stoffwechselwege lahmzulegen? „Die Antwort lieferten zwei Proteine, sogenannte Transkriptionsfaktoren“, sagt Mossmann. „Sie steuern das Ablesen eines breiten Spektrums an Genen und stellen so den Stoffwechsel komplett um.“ In Versuchen mit Mäusen wiesen die Forscher nach, dass beiden Transkriptionsfaktoren mit den Namen TEAD2 und E2A tatsächlich eine zentrale Rolle bei der Herabregulierung von Acetyl-CoA und der Entstehung von Leberkrebs spielen. „Hemmten wir die beiden Transkriptionsfaktoren, bildeten die Mäuse keine Lebertumore mehr“, berichtet Park. Auch wenn bereits Tumore vorlagen, sorgte die Ausschaltung von TEAD2 und E2A dafür, dass die Acetyl-CoA-Konzentration wieder stieg und das Tumorwachstum gehemmt wurde.

Biomarker für die Früherkennung?

Anders als bei Mäusen ist es bei Menschen nicht möglich, diese beiden Transkriptionsfaktoren, die auch andere wichtige Aufgaben im Körper erfüllen, einfach auszuschalten. Die Erkenntnisse könnten jedoch möglicherweise dazu beitragen, die Früherkennung von Leberkrebs zu verbessern: „Die umfangreichen Stoffwechselveränderungen in den Tumorzellen ergeben eine typische Signatur, die sich auch bei anderen Krebsarten wie Prostata- und Bauchspeicheldrüsenkrebs finden lässt“, sagt Park. Wann genau sich diese Krebssignatur herausbildet, geht aus der aktuellen Studie nicht hervor. Sollte sie aber tatsächlich schon in einer frühen Phase der Erkrankung auftreten, noch bevor der Patient Symptome entwickelt, könnte sie als Biomarker für Screenings dienen und so ermöglichen, Tumore in einem frühen, behandelbaren Stadium zu entdecken.

Quelle: Sujin Park (Universität Basel) et al., Molecular Cell, doi: 10.1016/j.molcel.2022.10.027

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