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#Wie man den Pop entrümpelt

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„Wie man den Pop entrümpelt“

Es ist für wohl jede Beziehung eine Belastungsprobe: Ein Freund zieht um. Ob man, es ist auch bestimmt das letzte Mal, beim Tragen helfen könnte? Also gut. Man sagt zu, schleppt sich hin – und dann sind die Kisten nicht einmal gepackt. Kehrt man nicht an der Haustür wieder um, liegt das vielleicht daran, dass besagter Freund Jarvis Cocker ist. Oder dass er ähnlich charmant von seinem Krempel erzählt.

Genau darum geht es nämlich in „Good Pop, Bad Pop“, der Autobiographe des Musikers aus Sheffield. Auf den ersten Seiten blickt er in den Dachboden seines Londoner Hauses, auf Jahrzehnte voller Zeug. Die Hoffnung auf eine effiziente Durchsicht nimmt Cocker seinen Lesern sofort: Sein Gemüt ähnele dem einer „Schildkröte“, und die lange, schmale Dachkammer erinnert an „das Innere einer riesigen Toblerone-Packung“. Wie man da wohl zu Ordnung kommt? Indem man jeden Gegenstand rausholt, anschaut, um dann mit nordenglischem Zungenschlag zu urteilen: „Keep or cob?“, in der Übersetzung also „bleibt“ oder „weg“. Und mit Hilfe. Das sind in diesem Fall wir, sein Publikum, das Cocker direkt anspricht. Er nennt uns seine „Zeugen“ und das ist wörtlich gemeint: Wir sollen gut hinschauen, denn zu jedem Objekt gehört ein kurzer Text und immer auch ein Foto, eine Illustration oder auffällige Typographie auf bunten Seiten.

Cocker macht das nicht, um Platz zu schinden. Zu erzählen gäbe es in seiner Künstlerbiographie genug: 1978, da war er fünfzehn, gründete er Pulp. In den Neunzigerjahren wurde die Band neben Blur, Oasis und Suede zur wichtigsten Vertreterin des Britpop, der Song „Common People“ ist ein hochaktuelles Meisterwerk. Die Gruppe löste sich auf, raufte sich zusammen, löste sich auf, formierte sich neu, undsoweiter. Die nächste Reunion ist für 2023 geplant. Auch als Solokünstler macht Cocker Musik, 2017 veröffentlichte er ein Album mit dem Pianisten Chilly Gonzales. Dazu kommen Songs für Wes-Anderson-Filme, Feuilletons, Radioshows. Ein Leben für den Pop. Und wenn man den Untertitel seiner Autobiographie liest, „Dinge meines Lebens“, kann man erwarten, dass Cocker vor allem alte Gitarren, Songtexte und pubertäre Pamphlete über Rock’n’Roll entstaubt – was er auch tut. So weit, so Rockstar-Memoir. Aber er will mehr.

Eines von Jarvis Cockers zahlreichen Kassengestellen.


Eines von Jarvis Cockers zahlreichen Kassengestellen.
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Bild: Jarvis Cocker

Er schreibt hier nicht nur als Musiker, sondern auch als Kulturkritiker, dessen Texte unter anderem im „Guardian“ erscheinen. Nur so ist zu erklären, warum ein zwanzig Jahre alter Kaugummi mitunter so aufmerksam besprochen wird wie Meilensteine der Bandgeschichte: Genau genommen geht es um eine Packung Wrigley’s Peppermint, die Sorte, die Cocker immer bei sich trug, bevor er Vater wurde. Man könnte diesen Gegenstand emotional endlos aufladen, zum Symbol der Jugend und Frische stilisieren. Doch das einzig Besondere an dieser verbeulten Papierhülle ist, dass dieser Kaugummi damals überwiegend in Streifen- statt wie heute in Drageeform verkauft wurde. Nostalgisch, aber ungenießbar, also weg damit. Cocker ist zufrieden, nicht nur wegen des minimalen Fortschritts, sondern auch deshalb: „Wir haben es gefunden und darüber nachgedacht.“ Das klingt nach einer billigen Ausrede, um nicht aufräumen zu müssen, aber es trifft den Kern des Buchs.

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