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#Wie neue Arten entstehen

„Wie neue Arten entstehen

Neue Arten entstehen meist dadurch, dass sich eine bestehende Art in getrennte Populationen aufspaltet, die sich mit der Zeit genetisch auseinanderentwickeln. Der klassischen Auffassung nach ist die treibende Kraft in diesem Prozess, dass sich die Populationen nach einer räumlichen Trennung an jeweils unterschiedliche ökologische Gegebenheiten anpassen. Eine neue Studie widerspricht dem nun. Demnach zeigen Vergleiche tausender Schwesterarten, dass die getrennt entwickelten Arten oft sehr ähnliche biologische Anpassungen aufweisen. Die wichtigste Rolle bei der Entstehung neuer Arten spielt also die räumliche Trennung an sich, nicht etwaige ökologische Unterschiede.

Schon als Charles Darwin im Jahr 1859 sein Werk „Über die Entstehung der Arten“ veröffentlichte, beschrieb er in Grundzügen, wie sich neue Arten aus bestehenden entwickeln. Dabei ging er davon aus, dass die Artbildung vor allem durch unterschiedliche Anpassungen an ökologische Gegebenheiten stattfindet. Ein klassisches Beispiel sind die Finken auf den Galapagos-Inseln, die sich in einer gemeinsamen Umgebung an unterschiedliche ökologische Nischen angepasst haben. Häufiger allerdings entstehen neue Arten in Folge räumlicher Trennung. Seit Darwins Zeiten wird in der Evolutionsforschung kontrovers diskutiert, welcher Effekt dabei die größte Rolle spielt: die geografische Isolation an sich oder ökologische Unterschiede an den verschiedenen Orten.

Geografie oder Ökologie?

„Die Auswirkungen der geografischen Trennung und der ökologischen Divergenz sind bisher weitgehend isoliert untersucht worden, und es ist unklar, ob und wie sie bei der Entstehung neuer Arten zusammenwirken“, erklärt ein Forschungsteam um Sean Anderson von der University of Toronto in Kanada. Um diese Frage zu klären, analysierten die Wissenschaftler 15 große Datensätze, die jeweils bis zu tausend Paare verschiedener Schwesterarten von Wirbeltieren umfassten. Berücksichtigt wurde dabei jeweils, seit wie vielen Millionen Jahren sich die verwandten Arten getrennt voneinander entwickelt haben und welche biologischen Merkmale sie aufweisen.

Bei Säugetieren und Amphibien bezogen Anderson und seine Kollegen unter anderem Klimapräferenzen sowie Körpergröße, -gewicht und -form in die Analyse ein, bei Vögeln zusätzlich Schnabelmerkmale und Gesangsvariationen. Die Grundannahme des Forschungsteams: „Wenn die Artbildung bei räumlicher Trennung im Allgemeinen durch unterschiedliche ökologische Anpassungen bedingt ist, dann sollten sich Schwestertaxa tendenziell in ökologisch relevanten Merkmalen unterscheiden.“ Mit Hilfe statistischer Modelle untersuchten die Biologen also jeweils für Paare von verwandten Vogel-, Säugetier- und Amphibienarten, wie deutlich sich diese in wichtigen ökologischen Merkmalen unterschieden.

Getrennte Entwicklung unter ähnlichen Bedingungen

Das Ergebnis: „In zwölf der 15 von uns analysierten Gruppen von Schwesterpaaren, einschließlich globaler Datensätze von Vögeln und Säugetieren, wurde unterschiedliche Anpassung nicht als vorherrschende Triebkraft bestätigt“, berichten die Forscher. „Die überwiegende Mehrheit der Paare in jedem Datensatz hat sich also eher unter ähnlichem als unter unterschiedlichem selektivem Druck auseinanderentwickelt.“ Neue Arten entstehen demnach häufig bei minimaler ökologischer Divergenz – lediglich dadurch, dass die Populationen lange Zeit räumlich voneinander isoliert sind. Durch zufällige Mutationen entfernen sie sich genetisch so lange voneinander, bis eine gemeinsame Fortpflanzung auch dann nicht mehr möglich ist, wenn sich die Verbreitungsgebiete später wieder überlappen.

„Unter Verwendung neuer Modelle zur Analyse von Merkmalsunterschieden zwischen Schwesterpaaren stellen wir fest, dass adaptive ökologische Divergenz in der Allopatrie bei Wirbeltieren eher die Ausnahme als die Regel zu sein scheint“, schreiben die Autoren. „Eine wichtige Schlussfolgerung aus unserem Ergebnis ist, dass die Artenbildung bei Allopatrie im Allgemeinen nicht voraussetzt, dass die Linien neue Ressourcen nutzen oder sich anderweitig an unterschiedliche ökologische Belastungen anpassen, sondern dass sie stattdessen auf ihrer langen geografischen Trennung beruht.“

Quelle: Sean Anderson (University of Toronto, Kanada) et al., Science, doi: 10.1126/science.abo7719

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