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#Wie sieht der Alltag im Knast aus?

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Wie sieht der Alltag im Knast aus?

Welche Strafe angemessen ist, darüber gehen die Meinungen weit auseinander – und die Strafmaße auch. Das wird gleich am Anfang der neuen Sonderausstellung „Im Gefängnis“ des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden (DHMD) deutlich, wo auf einer Art Wegweiser Sanktionen aus den vergangenen 500 Jahren aufgelistet sind. 1645 wurde eine 34 Jahre alte Frau wegen Ehebruchs in der Schweiz gehenkt, 200 Jahre später starb ein 16 Jahre alter Jugendlicher in Frankreich wegen Vatermords unter dem Fallbeil. Wegen homosexueller Handlungen wurde in der Bundesrepublik 1965 ein Mann zu sieben Wochen Haft verurteilt, während eine 19 Jahre alte Frau zehn Jahre später in der DDR ein Jahr und acht Monate wegen Republikflucht bekam. 2011 erhielt ein 20 Jahre alter Mann in England vier Jahre Haft wegen Aufrufs zum Aufstand in sozialen Netzwerken, während 2013 ein 42 Jahre alter Mann in Irland wegen Abtreibung für 14 Jahre ins Gefängnis musste.

Stefan Locke

Stefan Locke

Korrespondent für Sachsen und Thüringen mit Sitz in Dresden.

„Die Gesellschaft setzt die Strafen“, sagt Kuratorin Isabel Dzierson, die die Schau gemeinsam mit dem Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum Genf und dem Musée des Confluences Lyon entwickelte. Die härteste Strafe sei in den meisten Ländern heute das Gefängnis. Mit der Französischen Revolution habe sich in Europa die Ansicht durchzusetzen begonnen, Straftäter zu erziehen und damit zu resozialisieren statt körperlich zu züchtigen.

Regeln und Hierarchien

Doch mindestens ebenso alt ist die Kritik an der Institution Haftanstalt. „Es ist ja auch paradox“, sagt Dzierson. „Man entzieht Menschen die Freiheit, um sie anschließend wieder auf die Freiheit vorzubereiten.“ Der Frage, ob das Gefängnis, der Knast, das Kittchen, dazu einen Beitrag leisten kann, widmet sich die Ausstellung ausführlich, denn die Statistik ist nicht rosig. „Bei einer Rückfallquote von rund 30 Prozent, die wieder im Gefängnis landen, kann man wohl nicht von einem Erfolgsmodell sprechen.“

Anna Unger, Museumsguide, geht an der Installation „Sich von Zeit zu Zeit vergessen“ von Rodrigue Glombard entlang.


Anna Unger, Museumsguide, geht an der Installation „Sich von Zeit zu Zeit vergessen“ von Rodrigue Glombard entlang.
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Bild: dpa

Wer eine reine Binnenschau des Gefängnisalltags mit Gruselfaktor erwartet, ist hier fehl am Platz. Stattdessen können sich die Besucher mit der Rolle des Strafvollzugs und der Bestrafung an sich auseinandersetzen. Sind die Vereinigten Staaten hier effektiv, wo im Verhältnis zur Bevölkerungszahl achtmal mehr Menschen im Gefängnis sitzen als in Ländern wie Frankreich oder Deutschland? Wie wirken sich Belegungsquote und Größe der Haftanstalten aus? Zur Veranschaulichung haben die Macher drei große Gitterzellen in den Ausstellungsraum gebaut, die jedoch schon durch ihre orange Farbgebung vor grünem Hintergrund klarmachen, dass es hier nicht um eine wirklichkeitsgetreue Nachbildung geht, sondern vielmehr darum, ein Gespür für diese den meisten nur aus Büchern und Filmen bekannte Welt zu entwickeln. In den Zellen werden dann Aspekte des Knast-Alltags beleuchtet. Angefangen von klaren Regeln durch die Institution selbst, aber auch den Hierarchien, die sich unter den Insassen bilden und in der das Recht des Stärkeren gilt.

Umfunktionierte Gabel, fotografiert von Olivier Pasqual


Umfunktionierte Gabel, fotografiert von Olivier Pasqual
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Bild: Sammlung École nationale d’administration pénitentiaire, Frankreich

Einer der Mitgründer der DDR-Oppositionsbewegung Neues Forum in Bautzen hat erzählt, wie ihn im Dezember 1989 die Anstaltsleitung des berühmt-berüchtigten „Gelben Elends“ zur Hilfe rief, um einen Häftlingsaufstand unter Kontrolle zu bekommen. Als er im Gefängnis den mehreren hundert Gefangenen, überwiegend junge Männer, gegenübertrat, sei das ein äußerst beklemmender Moment gewesen. Es habe „eine unglaubliche Energie im Raum“ gestanden, die jeden Moment hätte explodieren können. Der Sprengstoff in jedem Gefängnis, das macht auch die Schau in Dresden klar, entsteht aus ewigen Wiederholungen, Warten, Einsamkeit, aus angestauter Langeweile, fehlender Beschäftigung und unterdrückter Sexualität.

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