#Wie wirksam sind die Sanktionen aus „Londongrad“?
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„Wie wirksam sind die Sanktionen aus „Londongrad“?“
Seit der britische Premierminister Boris Johnson das „erste Sperrfeuer“ britischer Sanktionen bekannt gab, hagelt es Kritik. Es gelte, Russland „hart zu treffen und jetzt zu treffen“, mahnte Iain Duncan Smith, der frühere Tory-Parteivorsitzende. Auch Oppositionspolitikern gehen die Sanktionen nicht weit genug. Labour-Chef Keir Starmer fürchtete, dass Putin aus ihnen „wieder die Botschaft herausliest, dass der Nutzen von Aggressionen deren Kosten übersteigt“. An den Adressaten – fünf Banken und drei Oligarchen – wird nichts ausgesetzt. Fraglich ist nur, inwieweit die Sanktionen wirken. Die drei Oligarchen stehen schon seit Jahren auf der Sanktionsliste der Amerikaner, und in welchem Maße die genannten Banken leiden werden, ist ungeklärt.
Die britische Außenministerin Liz Truss hob am Mittwoch hervor, dass man nur einen kleinen Teil der vorbereiteten Sanktionen in Kraft gesetzt habe. Schließlich wolle man nicht alles Pulver verschossen haben, sollte Putin tiefer in die Ukraine vordringen. Gleichzeitig wurde bekannt, dass die britische Medienaufsichtsbehörde Ofcom die Lizenz des russischen Senders RT prüft. Auch will die Regierung weitere Waffen in die Ukraine liefern. Aber das Thema, das in den Vordergrund gerückt ist, heißt „Londongrad“. Starmer forderte am Mittwoch, die „Ära der Straffreiheit für Oligarchen“ in Großbritannien zu beenden.
Es ist schwierig, die Nähe zum Präsidenten zu ermitteln
Unbestritten ist, dass die Regierung mit dem Finanzstandort London ein Druckmittel in der Hand hält. Er bietet reichen Privatpersonen aus aller Welt, also auch russischen Oligarchen, die Möglichkeit, große Summen sicher und gewinnbringend anzulegen. Fachleute machen allerdings darauf aufmerksam, dass der größte Teil der Investitionen verschleiert ist. In London lebt eine ganze Beratungsbranche davon, Anlegern über verkapselte Firmenkonstruktionen quasianonyme Geldanlagen zu verschaffen. Das macht seriöse Schätzungen darüber, welche Personen wo investiert haben, kompliziert. Noch schwieriger ist es oft, Russen Nähe oder Ferne zu ihrem Präsidenten nachzuweisen.
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Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Tobias Ellwood, sprach am Dienstag von 85.000 Immobilien im Königreich, deren Eigentümer „Verbindungen zum Kreml“ hätten. Dabei dürfte es sich um eine Hochrechnung handeln. Seriöse Untersuchungen vermeiden Zahlen, beschreiben aber das zugrunde liegende Phänomen. In einem Parlamentsbericht über den russischen Einfluss im Königreich war 2020 von einem „idealen Mechanismus“ die Rede, durch den illegales Geld in Großbritannien gewaschen werden könne. Russisches Geld sei außerdem „in Patronage und den Aufbau von Einfluss innerhalb eines breiten Spektrums des britischen Establishments“ investiert worden. PR-Unternehmen, Wohltätigkeitsorganisationen, Parteien, Universitäten und Kultureinrichtungen begünstigten als „willige Nutznießer russischen Geldes“ einen „Prozess der Reputationswäsche“.
Das „Goldene Visum“ abgeschafft
Die Regierung weist darauf hin, dass sie tätig geworden sei. So wurde das „Goldene Visum“ abgeschafft, mit dem sich Investoren (ab zwei Millionen Pfund eingesetzten Kapitals) ein Bleiberecht für sich und die Familie erkaufen konnten. Seit 2008 hatten davon mehr als 2500 Russen Gebrauch gemacht. Schon 2018 führte die konservative Regierung „Unexplained Wealth Orders“ und eine „Account Freezing Order“ ein. Damit können verdächtige Vermögen leichter eingefroren oder konfisziert werden. Johnson kündigte außerdem ein neues Geldwäsche-Gesetz an, das mehr Transparenz bei den Eigentumsverhältnissen von Unternehmen und Immobilien schaffen soll.
Aber Kritiker halten die Maßnahmen für halbherzig. Die Opposition unterstellt der konservativen Regierung sogar eigene Interessen, weil sie Briten russischer Provenienz zu ihren Spendern zähle. Allerdings sind auch bei der Labour Party Spenden aus fragwürdigen Quellen eingegangen, und Mitglieder der früheren Labour-Regierung wurden auch schon mal auf einer Oligarchen-Yacht gesichtet. Fachleute sagen, dass das gesamte System des Finanzstandorts London geändert werden müsste, wollte man verhindern, dass auch Putin-nahe Oligarchen ihr Geld anlegen und waschen können. Dies würde der britischen Wirtschaft beträchtlichen Schaden zufügen.
Der prominente Putin-Kritiker Bill Browder glaubt gleichwohl, dass gezieltes Vorgehen gegen bestimmte Oligarchen den russischen Präsidenten persönlich treffen kann. Putin habe sein Geld aus Vorsicht einem kleinen Kreis von Oligarchen anvertraut, die man in London kenne, sagte er der BBC und verwies auf 35 Namen, die am Dienstag von der Lib-Dem-Abgeordneten Layla Moran im Unterhaus verlesen wurden. Sanktionen gegen einfache Duma-Abgeordnete, wie sie Brüssel und London angekündigt haben, würden dagegen „nichts bringen“.
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