Wissenschaft

#Ein Nationales Suizidpräventionsprogramm – Gesundheits-Check

Ein Auftrag

Der Deutsche Bundestag hatte im Juli 2023 das BMG beauftragt, bis 31.1.2024 „dem Bundestag ein Konzept vorzulegen, wie zeitnah – zum Beispiel mit Mitteln des Nationalen Präventionsplans – bestehende Strukturen und Angebote der Suizidprävention unterstützt werden können“ sowie bis zum 30.3.2024 „dem Bundestag einen Gesetzentwurf und eine Strategie für Suizidprävention vorzulegen, mit dem die Maßnahmen und Akteure koordiniert und eine dauerhafte sowie zeitnahe Umsetzung sichergestellt werden.“

Den ersten Termin ließ Karl Lauterbach verstreichen. Heute hat er das beauftragte Konzept vorgelegt. Es ist bereits als „Nationale Suizidpräventionsstrategie“ deklariert.

Daten

Karl Lauterbach hat sie in eine zu düstere Bilanz der letzten Jahre eingebettet. Er sagte bei der Vorstellung der Strategie:

„Seit gut 20 Jahren nimmt die Zahl der Suizide in Deutschland nicht ab.“

Er bezog sich dabei vermutlich auf ein zweites bei dieser Gelegenheit heute vom BMG veröffentlichte Papier mit dem Titel „Umsetzungsstrategie zur Suizidprävention in Deutschland“, das in geraffter Form Eckdaten dokumentiert und namentlich von Prof. Bschor, dem Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung, mitgezeichnet ist. Dort heißt es, dass die Suizidzahlen in den letzten Jahren um die Zahl 10.000 schwanken. Das ist zwar richtig, aber lässt man die Finanzkrise 2008 und die Coronakrise einmal außen vor, gingen die Zahlen durchaus zurück, zwischen dem Jahr 2000 und dem Jahr 2019 um gut 18 %, bei den Frauen um 25 %, bei den Männern waren es 16 %.

Der Rückgang zeigt, dass man es nicht mit einem unveränderlichen Geschehen zu tun hat, die Stagnation der letzten Jahre zeigt, dass Handlungsbedarf besteht, der Wiederanstieg der Zahlen im Gefolge der Krisen unterstreicht das noch einmal.

Taten

Eine Nationale Suizidpräventionsstrategie in Deutschland ist seit langem überfällig, auch mit Blick auf andere Länder, die Vorlage des Strategiepapiers daher zu begrüßen. Demnach soll „eine zentrale, bundesweite Koordinierungsstelle für Suizidprävention“ aufgebaut werden. Sie soll, so das BMG,

„• betroffene Menschen, deren Angehörige und Fachkräfte über eine bundesweite Webseite zu dem Thema informieren mit vertieften Informationen zu Hilfeangeboten und zu Angeboten der Suizidprävention,
• Maßnahmen zur Entstigmatisierung psychischer Erkrankungen und zur Enttabuisierung der Themen Sterben, Tod und Suizid initiieren, mittelfristig auch über eine Aufklärungskampagne,
• Modellhaft Schulungen für Fachkräfte im Gesundheitswesen und in der Pflege entwickeln, um diese noch stärker für das Thema zu sensibilisieren und im Umgang mit gefährdeten Personen zu schulen und diese verstärkt in die Lage zu versetzen, bei Bedarf effektiv in weitergehende Hilfs- oder Therapieangebote zu vermitteln,
• Gemeinsam mit den Ländern ein Konzept für die Etablierung einer zentralen Krisendienst-Notrufnummer erarbeiten. Diese soll Hilfesuchende unmittelbar an die Hilfsangebote der Länder und Kommunen weitervermitteln,
• ein telefonisches und Online-Beratungsangebot für Angehörige und Fachkräfte einrichten
• sowie das Monitoring von Suizidversuchen und Suiziden ausbauen.

Darüber hinaus wird empfohlen, „methodenbegrenzende“ Maßnahmen, also die Zugangsbeschränkung zu Mitteln und Orten für einen Suizidversuch, deutlich auszubauen und die Einrichtung eines pseudonymisierten Suizidregisters zu prüfen.“

Geld

Das sind im Prinzip vernünftige Maßnahmen. Allerdings scheinen die finanziellen Sparvorgaben des Finanzministeriums auch bei diesem Vorhaben ihren Schatten zu werfen. Kostenintensive Maßnahmen bleiben in der „Nationalen Suizidpräventionsstrategie“ im Vagen. Hieß es beispielsweise im Koalitionsvertrag der Ampel noch unmissverständlich „Die psychiatrische Notfall- und Krisenversorgung bauen wir flächendeckend aus“, findet sich in der „Nationalen Suizidpräventionsstrategie“ dazu nur eine unverbindliche Absichtserklärung: „Ziel ist es, gemeinsam mit den Ländern Lösungsansätze zu finden, um die psychiatrische Notfall- und Krisenversorgung zu verbessern und diese perspektivisch im Rahmen der Weiterentwicklung der Notfallversorgung in Deutschland zu implementieren.“
Es wäre wünschenswert, wenn hier bundesweit ähnliche Strukturen wie in Bayern kämen. In Bayern wurden in den letzten Jahren auf gesetzlicher Grundlage flächendeckend rund um die Uhr erreichbare Krisendienste aufgebaut, die mit mobilen Teams im Bedarfsfall auch vor Ort gehen können. Nur eine einheitliche Telefonnummer reicht nicht.

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