Nachrichten

#Willst du Frieden, sprich vom Krieg

„Willst du Frieden, sprich vom Krieg“

Auf einem Truppenübungsplatz in Deutschland lernen ukrainische Soldaten gerade, wie man deutsche Panzer fährt. Bald werden sie damit gegen russische Soldaten kämpfen. Zugleich verlangen Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht vor dem Brandenburger Tor, die „Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen“. Hunderttausende unterzeichnen ihr „Manifest für Frieden“, und Jürgen Habermas, Deutschlands berühmtester lebender Philosoph, ruft in der „Süddeutschen Zeitung“ nach „rechtzeitigen Verhandlungen“, um zu „verhindern, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert“.

Konrad Schuller

Politischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin.

Dieser Text versucht zu zeigen, dass ihre Wünsche das Gegenteil des Gewünschten bewirken können. Nicht einen kürzeren Krieg, sondern einen längeren. Nicht weniger Tote, sondern mehr. Rufe nach Verhandlungen zur falschen Zeit können tödlich wirken. Und das ist keine Metapher.

Weil das so ist, hat Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, schon in den ersten Kriegstagen den vielleicht wortgewaltigsten Verhandlungsverweigerer der neueren Geschichte zitiert, den britischen Kriegspremierminister Winston Churchill: „We shall never surrender“ – „Wir werden uns nie ergeben“, hatte der gesagt, als alle fürchteten, Hitler könne nach Frankreich auch Großbritannien erobern. Selenskyj wiederholte den Satz in einer Videoansprache Anfang März 2022.

Warnung vor dem falschen Frieden

Churchill hatte mit genau diesen Worten im Frühjahr 1940, als die Wehrmacht die britischen Unterstützungstruppen im fallenden Frankreich bei Calais und Dünkirchen umzingelte, Verhandlungen glatt abgelehnt. Er wies Vermittlungspläne zurück, obwohl der Chef seiner eigenen konservativen Partei, Lord Halifax, dafür warb – und er setzte sich durch, weil die britische Linke ihm zur Seite stand. George Orwell, Englands größter Sozialist, zitierte damals zur Begründung den italienischen Diktator Mussolini: „Zwischen Demokratie und Totalitarismus kann es keinen Kompromiss geben.“ Wenn Hitler jetzt Angebote mache, dann könne das nur „mit der Absicht des Verrats“ geschehen – mit der Absicht, „den Angriff in einem günstigeren Augenblick wiederaufzunehmen“.

Ukrainische Soldaten trainieren am Übungsplatz Munster den Einsatz des Schützenpanzers „Marder“.


Ukrainische Soldaten trainieren am Übungsplatz Munster den Einsatz des Schützenpanzers „Marder“.
:


Bild: dpa

In der Konfliktforschung der Gegenwart ist diese Warnung vor falschem Spiel eines der Hauptargumente gegen Verhandlungen oder gar Waffenruhen zur falschen Zeit: Solche Abkommen können verhängnisvoll sein, wenn eine der Parteien sie nur schließt, um nach einem Misserfolg neue Kraft zu schöpfen und sie bei nächster Gelegenheit zu brechen. Auf die Ukraine bezogen, heißt dass: Wenn Wladimir Putin eine Waffenruhe nur dazu nutzen würde, den Erfolg seiner nächsten Mobilmachung, die Rückkehr Donald Trumps ins Weiße Haus oder den Zerfall der NATO abzuwarten, würde so eine Atempause den Krieg nicht beenden, sondern verlängern. Olaf Scholz weiß das. „Ist Putin überhaupt bereit, . . . über einen gerechten Frieden zu verhandeln?“, fragte er Anfang März im Bundestag. Und er antwortete gleich selbst: „Im Augenblick spricht nichts dafür.“

Tatsächlich hat Putin seit seinem ersten Überfall auf die Ukraine im Jahr 2014 Waffenstillstandsabkommen immer wieder verletzt. Die Minsker Vereinbarungen vom Februar 2015 brach er von der ersten Sekunde an. Eigentlich hatte er Angela Merkel und den Präsidenten Frankreichs sowie der Ukraine, François Hollande und Petro Poroschenko, in die Hand versprochen, dass die Waffen vom 15. Februar 2015 an schweigen sollten. Weil aber seine Truppen an diesem Tag den Eisenbahnknoten Debalzewe noch nicht, wie er offenbar gehofft hatte, überrannt hatten, ließ Putin seine Artillerie einfach drei Tage länger schießen – so lange, bis er Debal­zewe blutig erobert hatte.

Wenn Ihnen der Artikel gefallen hat, vergessen Sie nicht, ihn mit Ihren Freunden zu teilen. Folgen Sie uns auch in Google News, klicken Sie auf den Stern und wählen Sie uns aus Ihren Favoriten aus.

Wenn Sie an Foren interessiert sind, können Sie Forum.BuradaBiliyorum.Com besuchen.

Wenn Sie weitere Nachrichten lesen möchten, können Sie unsere Nachrichten kategorie besuchen.

Quelle

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"
Schließen

Please allow ads on our site

Please consider supporting us by disabling your ad blocker!